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Die dritte Klaue Gottes: SF-Thriller

Titel: Die dritte Klaue Gottes: SF-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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Manipulation in meiner ganzen Karriere. Die Bettelhines mussten es merken. Dennoch funktionierte es. Die Bettelhines wiesen Brown und Wethers an, zurückzubleiben, und kamen allein, ohne Eskorte, die Treppe herauf. Jeder Schritt muss sich für sie angefühlt haben wie die letzte Etappe einer Reise, ohne dass ein Ziel in Sicht gewesen wäre.
    Als die Geschwister die Suite betreten hatten, wählten sie ihre Plätze in einer Weise, in der die unbehagliche Rivalität der beiden Parteien klar zum Ausdruck kam. Philip und Jason saßen einander gegenüber - Philip skeptisch und Jason mit einer Maske der Trauer, die entweder schlicht falsch sein konnte oder eine Reflektion seines Bedauerns darüber, dass die Lage zwischen ihnen so angespannt war. Auf sich allein gestellt, wählte Jelaine einen Platz außerhalb des Kreises, gleich an der Wand, eine Geste, die keineswegs besagte, dass sie sich aus der bevorstehenden Konfrontation der Brüder heraushalten wollte, sondern ihr eine strategische Kontrolle über das Schlachtfeld ermöglichte. Ich sah Tränen in ihren Augenwinkeln, konnte aber nicht erkennen, ob sie Ausdruck der Hoffnung oder der Trauer waren oder schlicht dem Stress und der Erschöpfung zu verdanken waren. Nichts an ihr deutete darauf hin, dass sie selbst das Gefühl hatte, sie hätte die Kontrolle über die Situation verloren, nicht einmal, als sie fragte: »Ist alles in Ordnung, Counselor? So erbittert wie jetzt habe ich Sie noch nie gesehen, und das besagt einiges.«
    Skye mochte mich nicht ansehen.
    »Sie sind sehr aufmerksam, Jelaine«, sagte ich. »Ich bin erbitterter als zuvor. Sie haben mir gesagt, Sie wollen Freundschaft schließen, aber einige der Dinge, die ich in den letzten paar Stunden über Ihre stinkende, verachtenswerte Familie herausgefunden habe, haben dazu geführt, dass ich eine noch größere Abscheu empfinde als zu der Zeit, in der Sie für mich nur ein Abstraktum waren.«
    Das wissende Lächeln auf ihren Lippen verschwand nicht, so wenig wie die stille Zuversicht in Jasons Zügen. Sie bildeten nach wie vor eine geschlossene Front - eine Haltung, die schon lange keinen Eindruck mehr auf mich machen konnte.
    Philip, der mir in einer unserer jüngsten Unterhaltungen zumindest andeutungsweise so etwas wie einen widerwilligen Respekt entgegengebracht hatte, brodelte erneut vor Zorn. »Passen Sie auf, was Sie tun, Counselor. Bisher haben wir Ihnen einen Freibrief erteilt, aber der gilt nicht unbegrenzt.«
    Ich stürzte mich so plötzlich auf ihn, dass er zurückzuckte. Erst, als gerade noch einige Zentimeter unsere Gesichter voneinander trennten, hielt ich inne. »Das sollten Sie tun. Wäre es nach mir gegangen, hätte man Sie alle am Straßenrand aufgestellt und nacheinander mit einer endlosen Parade all der Leute konfrontiert, denen Sie Leid zugefügt haben. Jede Stunde hätten Sie eine fünfzehnminütige Pause bekommen, in der sie sich die Spucke aus dem Gesicht hätten wischen dürfen, aber nur, damit die nächsten Hundert Leute in der Schlange sich an einem unbesudelten Ziel erfreuen können. Sehen Sie den Ausdruck in meinen Augen, Philip? Das ist das, was ich über Ihren gottverdammt irrelevanten Freibrief denke.«
    So sehr ihn mein Zorn überrumpelt hatte, so schnell erholte er sich wieder. »Und selbst, Counselor? Wie lang wäre Ihre Parade? Und haben Sie in all den Stunden, die wir Ihnen gegeben haben, verdammt noch mal irgendetwas zustande gebracht, oder rennen Sie immer noch im Kreis herum?«
    Ich erwiderte seinen herausfordernden Blick einige Sekunden lang und gab nur nach, weil ich eine unerträgliche Müdigkeit empfand. Das war keine einfache, körperliche Ermüdung und auch kein Stoffwechselproblem, wie es mich ungefähr einen Tag nach einer langen Interschlafreise üblicherweise befällt, sondern eine tiefe, die Seele peinigende Müdigkeit - die Art, die sich einstellt, wenn man dem menschlichen Talent zur Korruption gar zu lange ausgesetzt ist. »Ich habe mehr zustandegebracht, als Sie denken, Sir. Wenn wir hier fertig sind, werde ich sogar alle zusammenrufen und Ihnen sagen, wer den Khaajiir umgebracht hat.«
    Die Ankündigung erzielte die erwartete Wirkung. Jason und Jelaine gaben sich weiterhin teilnahmslos freundlich. Philip erschrak, sah seine Geschwister an und drehte sich dann wieder zu mir um. »Warum erzählen Sie es uns nicht gleich jetzt?«
    Ich rieb mir den Nasenrücken. »Weil ich das, wenn es nur darum ginge, mit dem Finger auf den Mörder zu zeigen, schon längst

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