Die dritte Klaue Gottes: SF-Thriller
einer Auswahl an Cremes, Parfüms, Lotionen und zeitgemäßen Euphorika, die noch teurer waren als das, was die Porrinyards in unserer Suite auf der Königlichen Kutsche so tief beeindruckt hatte. Mich jedoch berührte vielmehr das, was ich in dem Spiegel in ihrer Mitte zu sehen bekam; ich wartete, bis ich die Toilette aus reinem Gold gefunden hatte und mir eine gesegnete Erleichterung zuteil geworden war, ehe ich mich auf den Plüschsessel vor dem Waschtisch setzte und mit einer Mischung aus Entsetzen und Verwunderung die Fremde anstarrte, die mich dort angaffte.
Das Gesicht gehörte immer noch mir, auch wenn der Teint etwas milchiger war als sonst; ich bewahrte mir stets eine leichte Bräune bei minimaler UV-Belastung, sogar in Umgebungen, die sich auf künstliche Beleuchtung beschränken mussten. Ich nahm an, dass ich während der Genesung ein wenig Farbe verloren hatte. Aber das Haar war eine Revolution. Die Farbe war näher an einem dunklen Braun als an dem gewohnten Rabenschwarz; und meine sonst aus praktischen Erwägungen so kurz geschnittenen Haare - deren einzige persönliche Note eine einzelne, fehlgeleitete Strähne war, der ich zubilligte, länger zu wachsen - waren nun dicht und seidig und reichten auf beiden Seiten bis zu meinen Schultern. Glänzende Ponysträhnen fielen mir bis auf die Höhe der Augenbrauen in die Stirn. Der unbekannte Kosmetiker hatte außerdem eine Spur Lidstrich aufgelegt; nicht viel, nur gerade genug, um einen eigenen Beitrag zu meiner zunehmenden Beunruhigung zu leisten.
Seit dem Erwachsenwerden hatte ich mein ganzes Leben lang überrascht reagiert, wenn Leute mich als schön bezeichnet hatten. Ich hatte das nie an mir wahrgenommen, doch nun sah ich es selbst. Sie hatten ein Mordsweib aus mir gemacht. Aber das war nicht das Aussehen, das ich selbst für mich gewählt hätte. Es ließ mich sanft wirken, feminin auf eine Weise, die nie zu meinen persönlichen Vorlieben gezählt hatte.
War es womöglich das, was Hans Bettelhine wollte?
Das schien mir irrsinnig zu sein. So er ein Interesse an eher hohlköpfigen Konkubinen hegte, hätte er die Wahl aus unzähligen bereitwilligen Angeboten auf diesem Planeten, sei es mit oder ohne künstliche Anreize.
Und warum sollten die Porrinyards mich in so einer Lage allein lassen?
Ich kehrte in mein Schlafzimmer zurück, wo ich zuerst den Schrank ansteuerte, in dem ich meine Tasche oder einen meiner schwarzen Anzüge zu finden hoffte. Fehlanzeige: Da waren ein paar paillettenbesetzte Dinger, die ich bei einem formellen Essen zu sehen erwartet hätte, gemusterte Blusen und Röcke, die eher für den alltäglichen Gebrauch passend waren, und sogar ein paar Pullover und Hosen, in denen herumzulaufen ich mir vorstellen konnte, aber da war nichts, das meine bevorzugte kalte, eisenharte Autorität zu vermitteln geeignet gewesen wäre. Die Schuhe reichten von Pantoffeln bis hin zu schwindelerregend hohen Schuhchen mit Pfennigabsatz. Ich ließ den Schrank Schrank sein, dachte über eine unmittelbare Flucht durch die Tür nach, die wohl die Eingangstür war, und beschloss, dass sie vermutlich bewacht wurde, ehe ich mich auf die scharlachroten Berge am Horizont konzentrierte und auf den Balkon hinausrannte in der vergeblichen Hoffnung, dort draußen einen sinnvollen Gedanken zu finden, da drinnen keine verfügbar waren.
Der Balkon war groß genug, einen eigenen Garten vorzuweisen, in dem spiralförmig angeordnete, gefleckte Pflanzen blühten, bewacht von einem winzigen Wasserrad, das sich beständig unter dem sachten Einfluss eines kristallenen Stroms drehte, der sich aus einer Wasserrinne in der Wand über dem Balkon ergoss. Es gab genug Platz für einen schmalen, gefliesten Weg, der zu einer Schaukel führte, auf der gleich zwei Personen bequem Platz gefunden hätten. Ein biegsames Tier unbekannter Art mit weißem Fell und großen Augen und einer überaus interessierten Miene beobachtete mich und deutete dann die Akzeptanz meiner Gegenwart mit einem kraftlosen Zusammenbruch auf einem der bestickten Kissen an.
Außerdem war da noch ein aus Stein gemeißelter Tisch, umgeben von einer runden Steinbank. Der Stab des Khaajiir lehnte an einem lachsfarbenen Blumenkübel, aus dem eine ganze Orgie von Farnwedeln hervorspross. Als ich die hüfthohe Mauer am äußeren Ende des Balkons erreicht hatte und hinunterblickte, verzog ich gepeinigt das Gesicht in Anbetracht eines potenziellen Sturzes über drei Stockwerke des Gebäudes und eine zusätzliche enorme
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