Die dritte Klaue Gottes: SF-Thriller
mächtigen Geister, die hier zu Hause waren.
Zu der Zeit, als ich One One One verlassen hatte, hatte ich nachgewiesen, dass dieser Ort lediglich ein Musterbeispiel für ein psychologisches Ablenkungsmanöver darstellte oder für gewiefte Öffentlichkeitsarbeit, falls Ihnen das lieber ist - ganz so wie ein ähnlicher Schauplatz der Macht, den sich die Titelfigur eines alten Romans, Der Zauberer von Oz, zunutze machte, eine Geschichte, von der ich erstmals von Oscin Porrinyard an dem Tag gehört hatte, an dem ich in das KIquellen-Äquivalent eingeladen worden war.
Seit ich One One One mit einem direkten Draht zu den Softwareintelligenzen verlassen hatte, der nunmehr zu einem permanenten Bestandteil meines Kopfes geworden war, hatte ich erkannt, dass ich auch über einen virtuellen Eingang zu diesem Ort verfügte, den ich nutzen konnte, wann immer die Unterredungen zwischen ihnen und mir mehr als nur einen knappen Austausch von Worten erforderten.
Ich hatte mich hier nie wohlgefühlt. Ich weiß, manche Leute lieben den freien Fall und sehen darin sogar eine geeignete Gelegenheit für dynamischen Sex, aber in meinem Fall aktivierte er lediglich meine Höhenangst, die, obwohl sie durch die Belastungen auf One One One erheblich gemildert worden war, stets ein instinktgetriebener Teil meiner Persönlichkeit sein würde. Außerdem ist dies eine Heimstatt der KIquellen, womit dieser Ort auf meiner Liste Wohlgefühl vermittelnder Plätze noch tiefer sank. Und, ja, ich weiß, dass die KIquellen überall sind und dass sie in New London oder auf Xana oder irgendeinem beliebigen toten Asteroiden nicht weniger präsent sind als in dieser von ihnen konstruierten Simulation, aber ich hatte nie erwartet, mit meinem Bauchgefühl einen Preis für Widerspruchsfreiheit zu gewinnen. Ich würde schlicht niemals imstande sein, mich an einem Ort zu entspannen, der von Intelligenzen bewohnt wurde, die schon lange ihrer eigenen Tagesordnung nachgegangen waren, ehe der erste afrikanische Hominide den Unterhaltungswert eines Steins entdeckt hatte, der gerade Bekanntschaft mit dem Kopf eines unangenehmen Nachbarn schloss.
Noch unbehaglicher wurde es, als ich - irgendwann, einige Monate nachdem ich angefangen hatte, diesen Ort regelmäßig aufzusuchen - die Gespräche, die vorwiegend daraus bestanden, dass ich einen gesichtslosen 360-Grad-Himmel anbrüllte, als zu frustrierend empfunden und Augenkontakt eingefordert hatte. Sie hatten sich einverstanden erklärt, auf eine Weise amüsiert, die typisch für eine überlegene Macht war, welche sich den Marotten ihres mehr oder weniger geistlosen Haustierchens beugt, und mir ein Gesicht geliefert, mit dem ich sprechen konnte.
Wie oft wünschte ich, ich wäre allein geblieben.
Das wünschte ich auch jetzt, als ihr Avatar auftauchte, erst als dunkler Fleck in der Ferne, um sich dann, als er näher kam, der Form eines Gesichts zu bedienen, das einen Kompromiss aus einem generischen, geschlechtslosen, rasseübergreifenden menschlichen Wesen und einer ganzen Anzahl anderer, mir bekannter menschenähnlicher Arten darstellte. Die Kreatur hatte die vollkommen schwarzen Augen der Riirgaaner, die hohe Stirn und den buschigen weißen Haarschopf, der so typisch für die Tchi war, die stereotypen Pausbacken der Bursteeni und Ohren, die, wenngleich von menschlicher Form, die scheckigen Beulen von Bocai-Ohren aufwiesen, statt sich in vertraute menschliche Falten zu legen.
Von der Stimme und dem Akzent fange ich besser gar nicht erst an. Sie bildeten eine noch demokratischere Mischung aus jenen und noch etwa zwanzig anderen, mir bekannten Spezies. Die Kombination balancierte an der Grenze zu einem andauernden Ärgernis, ohne dabei je in das Reich der Unverständlichkeit zu entschwinden. Hallo, Andrea.
»Ihr Mistkerle! Ihr hättet mich informieren müssen!«
Der Avatar schürzte die Lippen. Unser Interesse bestand stets in erster Linie in der Beobachtung Ihrer geistigen Vorgänge, und das erfordert bedauerlicherweise einen beträchtlichen Aufwand im Hinblick auf die gewöhnliche menschliche Fähigkeit zur Selbsttäuschung von Ihrer Seite.
Nur zu gern hätte ich die Nase in diesem blasierten Gesicht zertrümmert, aber ich hatte aus langer Erfahrung gelernt, dass die so immateriell war wie alles andere hier auch. Wie weit ich auch ausholen mochte, ich würde doch nicht treffen, und das Bild würde stets einen Zentimeter oder so außerhalb meiner Reichweite verweilen. »War das alles Manipulation? War alles, was
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