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Die dritte Klaue Gottes: SF-Thriller

Titel: Die dritte Klaue Gottes: SF-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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ich ihm. »Ich habe nur nichts dazu zu sagen.«
    »Was ist mir entgangen?«
    »Ich, die Ihnen gerade gesagt hat, dass ich nichts zu sagen habe. Ich muss dieses Gespräch jetzt beenden. Verbindung abbrechen.«
    Sein Bild erlosch mitten in seinem Protest.
    Ich beugte mich vor, barg mein Gesicht in den Händen und versuchte, nicht an all die Jahre zu denken, die ich in ständiger Furcht vor einem plötzlichen Klopfen an der Tür verbracht hatte, davor, in aller Öffentlichkeit von einem extraterrestrischen Kopfgeldjäger überwältigt zu werden, vor einer abschlägigen Entscheidung seitens irgendeines konföderierten Auslieferungsgerichts. Ich versuchte, nicht an all die Jahre zu denken, die ich mit einer Schlinge um den Hals hatte erleben müssen, oder daran, dass alles eine Lüge gewesen war, daran, dass die KIquellen mich jeglicher Chance beraubt hatten, mir einzubilden, irgendetwas davon wäre von Bedeutung.
    Eine Kristallstatuette stand neben meinem Platz auf dem Tisch. Ich weiß nicht, was sie darstellen sollte. Sie sah aus wie ein vertikaler Strang einer verknoteten Schnur, aus zartem Glas und von einer Purpurschattierung, die jede Lichtquelle in der Suite reflektierte. Sie war auf ihre Art wirklich schön und typisch für Gegenstände dieser Machart, deren Zweck es war, Kunst in einen Raum zu bringen, ohne einen Kontext oder eine Bedeutung mitzuliefern. Ich stellte fest, dass ich sie verabscheute. Mein Zorn kochte über. Ich packte sie und schleuderte sie mit aller Kraft an die gegenüberliegende Wand. Ich weiß nicht, aus welchem Material sie tatsächlich bestand, aber sie zersplitterte nicht, sie löste sich auf. Die einzelnen Bruchstücke verwandelten sich in strahlend helle, flammende Kometen, die verschwanden, ehe sie auf irgendetwas anderes treffen konnten.
    Typisch. Nicht einmal das konnte mir irgendeine gottverdammte Befriedigung verschaffen.
    Ich wollte nichts mehr als mich im Badezimmer verbarrikadieren und schreien, bis meine Stimmung bloßer Erschöpfung weichen musste, aber ich hatte keine Wahl. Also stand ich mit heftig klopfendem Herzen und allem, was sonst noch dazugehört, auf und stürmte zur Tür hinaus, wohl wissend, dass ich viel zu wütend war, um mich gerade jetzt unter Leute zu begeben, doch angetrieben von der Hoffnung, ich bekäme die Gelegenheit, jemanden mit Worten zu zerfleischen, ehe der Tod sich einmischte und ich wieder Counselor Andrea Cort sein musste.
    Explosives Gelächter, Folge einer mir unbekannten geistreichen Bemerkung, begrüßte mich vom anderen Ende des Tisches aus, als ich, keineswegs in Stimmung, die Freude zu teilen, zur Tür herausstürzte. Widerwillig stellte ich Augenkontakt zu Oscin her, erwischte ihn mitten im Gelächter. Er war zu gut, sich etwas anmerken zu lassen, als er meinen Gesichtsausdruck wahrnahm, aber er erkannte, dass etwas nicht in Ordnung war.
    Ich wandte mich ab und ging zur Bar, wo diese dumme Fotze Colette es nicht lassen konnte, sich in verwünschenswert strahlendem Enthusiasmus zu ergehen. Immer noch rotierten wellenförmig Lichtstreifen in ihrem scharlachroten Haar, wechselten bei jeder Umrundung die Farbe in einem Muster, von dem ich nun erst erkannte, dass es der sanften Hintergrundmusik folgte, die hinter ihr erklang. »Ist Ihr Gespräch gut verlaufen, Ma'am?«
    »Ich bin nicht Ihre Ma'am. Ich brauche noch so einen blauen Drink, wie Sie ihn mir schon vorhin gemacht haben.«
    Sie lächelte strahlend weiß und mir mitten ins Gesicht. »Dieses Getränk ist als Aperitif gedacht, Counselor. Möchten Sie eine Empfehlung ...«
    »Nein, ich will keine Empfehlung. Ich will, was ich schon einmal hatte.«
    Der Gast hat immer recht, auch wenn seine Stimme pures Gift verströmt. Ihre Gewogenheit schwankte um keinen Zentimeter, als Colette unter die Bar griff, das blaue Zeug zum Vorschein brachte und mir ein weiteres Glas randvoll füllte. Ich nahm es ihr ab und leerte es in einem Zug, fühlte, wie es sich mit der Aufdringlichkeit einer Leibesvisitation in meinen Innereien ausbreitete. Von dem vorherigen Glas hatte ich nur ein- oder zweimal genippt. Noch so ein Drink, und ich würde nicht mehr wissen, ob mein Innenleben feststofflich, flüssig oder gasförmig war. Vielleicht konnte ich genug davon trinken, um die Wirkung der Klaue Gottes zu erzielen; für einen neuen Cocktail wäre das jedenfalls ein großartiger Name.
    »Kann ich noch etwas für Sie tun?«, fragte sie.
    Ich unterdrückte einen Rülpser. »Nein.«
    »Dann bedanke ich mich«, sagte sie.

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