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Die dritte Sünde (German Edition)

Die dritte Sünde (German Edition)

Titel: Die dritte Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
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nicht mit mir fortgehen? Kannst du es mir jetzt sagen? Was ist das für eine Geschichte mit deinem Bruder Billie?« Wie er es befürchtet hatte, zog sie sich wieder etwas von ihm zurück. Sie schwieg einen langen Moment. Ängstlich lauschte er auf ihre Stimme, darauf, dass sie weiter mit ihm sprach. Dann sagte sie – und er spürte deutlich die Überwindung, die es sie kostete: »Ich kann dir sagen, womit ich an Billie schuldig geworden bin, warum mein Vater, meine Familie mich verstoßen hat, zu Recht verstoßen hat. Ich werde dir meine Strafe zeigen.«
    Und dann wandte sie sich von ihm ab und löste dort im Stroh die Schnürung ihres Mieders, ließ den Rock über die Hüften gleiten und öffnete ihre Bluse, um auch sie sinken zu lassen. Ihre Schultern, die schöne Linie ihrer Taille wurde sichtbar, die Weiße ihrer samtenen Haut. Aaron wagte kaum zu atmen. Ihr langes rotes Haar bedeckte ihren Rücken. Sie kniete vor ihm im Stroh. Er sah die tiefe Spalte zwischen den festen Hälften ihres Gesäßes. Sein eigener Körper fing im Nu Feuer, brannte lichterloh, doch er bezwang sich. Er hatte es sich geschworen. Und dann sah er plötzlich die Narben, die sich in ihren Rücken gegraben hatten. Entsetzt schob er die Flut ihres Haares zur Seite und sah das erschreckende Ausmaß der Misshandlung, der sie ausgesetzt gewesen sein musste. Die Worte flohen von ihm. Er konnte es nicht fassen. Was hatte man ihr angetan?
    »Wer war das?«, fragte er und konnte den Zorn, der erneut in ihm aufstieg, kaum noch unterdrücken. Schnell zog sie sich ihre Bluse wieder über die Schultern und bedeckte ihre Blöße vor ihm.
    »Bitte, Aaron! Sei nicht wütend auf ihn. Er hatte das Recht dazu. Ich habe Billie im Stich gelassen und war doch verantwortlich für ihn.«
    »Es war dein eigener Vater?«, keuchte Aaron entsetzt. In ihm entstand der spontane Wunsch, zum Hof des Feldpflegers zu laufen, Thomson herauszuzerren und ihn zu schlagen, bis dessen Gesicht eine blutige Masse sein würde. Er deutete mit zitternden Fingern auf ihren Rücken.
    »Was auch immer du versäumt haben magst, Cathy, nichts rechtfertigt das da!« Sie ließ den Kopf hängen. »Doch, Aaron! Ich habe es verdient. Ich bin schuld an Billies Unglück, daran, dass er nun verkrüppelt ist. Ich war ungehorsam und bin fortgelaufen, um einen Blick auf Isobel zu werfen. Ich fand sie so schön in ihrem weißen Kleid. Ich bin so dumm gewesen …« Und dann erzählte ihm Cathy in allen Einzelheiten, was sich damals zugetragen hatte. »Dabei war ich doch verantwortlich für ihn«, schluchzte sie schließlich. »Seit er geboren wurde und meine Mutter dabei starb, war ich verantwortlich für ihn! Ich sollte Sorge tragen für ihn und für die Familie, aber ich habe aus dummem Eigensinn und Ungehorsam meine Familie zerstört.« Sie schlug die Hände vor ihr Gesicht und weinte leise in sich hinein.
    Aaron schüttelte fassungslos den Kopf. Nun verstand er mit einem Mal, warum sie sich so schrecklich davor fürchtete, für sich selbst auch nur das kleinste Recht in Anspruch zu nehmen, warum sie sich geradezu panisch um das Wohl ihres kleinen Bruders sorgte. Unendliches Mitleid ergriff ihn. Zart legte er seine Arme um sie. Sie wehrte sich nicht. »Cathy«, flüsterte er, »lass uns ins Haus gehen. Komm!« Sie ließ es zu, dass er sie dicht an sich zog und sie aus dem Stall über den Hof und zurück zur im Wind schlagenden Tür des Farmhauses führte. Dort angekommen hob er sie auf die Arme. Da schlang sie die ihren dicht um seinen Hals und schmiegte sich vertrauensvoll an ihn. Und dann trug er sie über die Schwelle der Tür hinein in ihr gemeinsames Zuhause.

Whitefell House, Wiltshire, 26. November 1838

Kapitel 54

    Das verbissene, geradezu aggressive Schweigen zwischen den Eheleuten Havisham empfand Timothy Gruber, nachdem es nun schon geraume Zeit andauerte, als außerordentlich unangenehm. Fast bedauerte er es, dass er dem Angebot Mr Havishams gefolgt war, die leitende Verwalterstelle auf Whitefell zu übernehmen, so verlockend das auch gewesen sein mochte. Es bereitete ihm wirklich keine Freude, sein Morgenmahl einmal mehr in der beklemmenden Disharmonie, die er sehr deutlich verspürte, einnehmen zu müssen. Schließlich war er kein gefühlloser Klotz. Begonnen hatte dieses zunehmende Zerwürfnis des Paares, als sich Mrs Havisham an jenem Sonntag geweigert hatte, ihren Gatten zu einem Besuch nach Salisbury zu begleiten. Dies hatte Mr Havisham nur sehr missbilligend gestattet und war,

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