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Die dritte Todsuende

Die dritte Todsuende

Titel: Die dritte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Vielleicht wie alte Freunde, die sich per Zufall begegnen?«
    »Nee. Das war ein Aufriß, ganz klar und eindeutig.«
    »Würden Sie sagen, daß sie betrunken waren, als sie um Mitternacht aufbrachen?«
    »Überhaupt nicht. Ich könnte es noch mal auf der Rechnung nachprüfen, aber ich würde sagen, er hatte drei, vier Bier, und sie hatte drei, vier Wein. Aber betrunken waren die nicht.«
    »Und auch nicht irgendwie unangenehm?«
    »Nicht mal das. Alles war ganz entspannt und freundlich.«
    »Können Sie sich an die Augenfarbe der Frau erinnern?«
    »Hab' nicht drauf geachtet.«
    »Raten Sie.«
    »Braun.«
    »Glauben Sie, daß es sich um Hotelgäste gehandelt hat?«
    »Wer weiß? Sie kommen und gehen. Hier verkehren auch 'ne Menge Leute, die nur eben auf einen Drink heraufkommen. Direkt von der Straße, verstehen Sie?«
    »Hatte die Frau Parfüm aufgetragen?«
    »Kann mich jedenfalls nicht daran erinnern.«
    »Erinnern Sie sich sonst noch an irgend etwas, die Frau betreffend? Etwas, wonach wir nicht gefragt haben?«
    »Nein, wirklich nicht. Sie war nichts Besonderes, verstehen Sie? Bloß 'ne ganz normale Frau.«
    »Aha. Danke, Tony. Das wär's für meine Person. Sergeant?«
    »Danke für Ihre Unterstützung, Tony«, sagte Boone. »Detective Johnson nimmt Sie mit aufs Revier. Dort müssen Sie Ihre Aussage wiederholen und unterschreiben. Machen Sie sich keine Sorgen wegen Ihrer Schicht hier; wir reden mit Ihrem Boß.«
    »Sicher, mir macht das nichts aus. Glauben Sie, daß diese Frau ihn umgelegt hat?«
    »Könnte sein.«
    »Ist sie der Hotel-Ripper?«
    »Johnson«, sagte Boone mit einer Handbewegung, und der farbige Detective führte Anthony Pizzi davon.
    »Guter Zeuge«, sagte Delaney. »Ich habe mich von diesen schläfrigen Augen täuschen lassen. Ihm ist nicht viel entgangen. Nimm ihn dir morgen oder übermorgen noch mal vor, Sergeant. Er wird über alles nachdenken, und vielleicht fallen ihm noch ein paar Sachen ein.«
    »Ich nehme an, jetzt gibst du mir die Schuld, nicht wahr, Edward?« fragte Ivar Thorsen.
    »Dir die Schuld geben? Wofür?«
    »Sie hat genau das getan, was du vorausgesagt hast — normale Kleidung angezogen und Perücke und Armband weggelassen. Nachdem sie die Berichte in den Zeitungen gelesen hat.«
    Delaney zuckte mit den Schultern. »Vergiß es. Selbst wenn sie sich wie eine Nutte angezogen hätte, wäre sie hier hereinmarschiert, um LaBranche aufzuschlitzen, und danach unbehelligt wieder davongewandert. Vielleicht war es so am besten; jetzt haben wir eine genauere Beschreibung ihres tatsächlichen Aussehens. Sergeant, denk daran, Pizzi mit Bentley zum Polizeizeichner zu schicken. Vielleicht können sie die Skizze noch vervollkommnen.«
    »Wird heute noch erledigt«, versprach Boone. »Sonst noch was, Chief?«
    »Nein, ich glaube nicht.«
    »Hast du irgendwas, Edward?« fragte Thorsen.
    »Ich wundere mich nur. Bis jetzt war sie immer so gottverdammt clever. Achtete darauf, ihr Opfer an großen, übervölkerten Orten kennenzulernen, damit niemand sich an sie erinnerte. Entfernte überall ihre Fingerabdrücke. Und jetzt trifft sie den Burschen aus heiterem Himmel in einem kleinen Hotel, läßt sich von ihm auf eine Weise ansprechen, die niemand entgehen kann, und bleibt auch noch so lange, bis sie die letzten Gäste sind. Der Kellner mußte sich doch geradezu an sie erinnern. Dann nimmt sie ihr Weinglas mit in sein Zimmer und läßt es dort stehen, mit Fingerabdrücken übersät. Völlig idiotisch! Ich verstehe es einfach nicht. Es paßt so gar nicht zu ihr.«
    »Vielleicht«, sagte Ivar Thorsen langsam, »will sie gefaßt werden.«
    Delaney betrachtete ihn nachdenklich. »Glaubst du? Möglicherweise stimmt das, aber trotzdem ist es eine ziemlich schwache Erklärung. Vielleicht ist der Grund viel einfacher. Vielleicht ist sie einfach müde.«
    »Müde?«
    »Erschöpft. Ausgepumpt. Kannst du dir vorstellen, unter was für einem Streß sie stehen muß? Dauernd diese Fremden ansprechen. Dann mit einem Taschenmesser auf sie losgehen. Sie umbringen und alles Beweismaterial zerstören, das den Verdacht auf sie lenken könnte. Mein Gott, all das Monat für Monat durchzuhalten, muß mörderisch sein.«
    »Glauben Sie, sie bricht zusammen?« fragte Boone.
    »Wäre doch verständlich, oder? Vor allem, wenn sie in den Zeitungen liest, wie wir uns Schritt für Schritt heranpirschen. Ich glaube, daß sie die Spannung nicht mehr lange aushalten wird. Sie denkt nicht mehr logisch. Sie fängt an, vergeßlich zu

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