Die dritte Todsuende
berichtete er. »Halb auf dem Bett und halb auf dem Boden. Keine Spuren eines Kampfes. Sieht aus wie bei den ersten Malen, als sie sie von hinten erledigt hat. Das Blut scheint ausschließlich von ihm zu stammen. Wir kratzen die Abflußrohre aus, aber ich habe nicht viel Hoffnung.«
Lou Gorki schob ihn mit der Schulter aus dem Weg. Er trug ein Weinglas mit zwei im Kelch gespreizten Fingern. Der Boden war mit rund einem Zentimeter bernsteinfarbener Flüssigkeit bedeckt. Weißes Pulver war über die Außenseite gestäubt.
»Weißwein«, sagte Gorki. »Ich habe einen Finger hineingetaucht. Chablis. Scheint erst gestern gekeltert worden zu sein. Aber der Witz ist, daß da drin auch eine leere Flasche Bier und ein Bierglas stehen. Niemand trinkt gleichzeitig Bier und Wein. Ich schätze, das Weinglas war ihr's. In jedem Fall haben wir mustergültige Abdrücke auf beiden.«
»Arbeiten Sie sorgfältig«, sagte Boone.
»Darauf können Sie Gift nehmen«, sagte Gorki. »Wir nehmen alles mit ins Hauptquartier. Jetzt haben wir endlich was in der Hand, falls wir jemals einen Tatverdächtigen finden.«
»Sergeant«, sagte Detective Johnson hinter ihnen, »sieht so aus, als hätten wir diesmal Glück. Ich habe einen Kellner oben, der sie vielleicht gesehen hat.«
Sie folgten ihm zu einer Treppe am Ende des Flurs. Über der Tür zur Treppe hing ein rotes Schild mit dem Wort ›Ausgang‹.
»Der Name des Burschen ist Tony Pizzi«, sagte Johnson, während sie die Betonstufen hinaufkletterten. »Heute ist er in der Tagschicht, aber gestern hat er von sechs Uhr abends bis um zwei gearbeitet. Er ist Getränkekellner in der Freiluft-Cocktail-Lounge auf dem Dach. Nachdem Swimmingpool und Cocktail-Lounge um Mitternacht geschlossen wurden, ging er hinunter, um unten in der Bar auszuhelfen. Er glaubt, LaBranche und die Frau hier oben bedient zu haben. Weißwein und Flaschenbier.«
Anthony Pizzi war ein schläfrig wirkender Mann, nicht allzu groß, eher stämmig als fett. Er trug eine weiße Schürze, die unter seinen Achseln verschnürt war und die Konturen seines vorgewölbten Bauches nachzeichnete. Er hatte ein fleischiges, verschlossenes Gesicht, das von einem schmalen schwarzen Schnurrbart in zwei Hälften geteilt wurde. Seine Zähne waren die reinsten Mandeln. Er sprach heiser und mit New Yorker Akzent. Delaney vermutete, daß er aus Brooklyn stammte, vielleicht noch Bushwick.
»Tony«, sagte Detective Johnson, »würden Sie für diese Männer bitte alles noch einmal wiederholen? Wann Sie Ihren Dienst antraten, was Sie gemacht und gesehen haben und so weiter.«
»Ich war wie immer um sechs Uhr da«, begann Pizzi, »und …«
»Gestern?« unterbrach Boone ihn scharf.
»Ja. Gestern. Montag. Also, ich komme wie immer um sechs zum Dienst, und im Pool waren ein paar Leute, aber nicht viele, dafür ging's an der Bar hoch her. Die Cocktail-Typen, verstehen Sie, die haben uns auf Trab gehalten. Martinis und Manhattans. Wir haben hier oben nur einen Kellner, der bin ich, und einen Barkeeper. Am Nachmittag können Sie auch Sandwiches kaufen, aber nach sechs Uhr ist damit Schluß. Die Leute sollen nach unten in den Speisesaal gehen, verstehen Sie? So um neun, zehn wird's dann hier immer leerer. Danach füllt es sich wieder, weil die Leute noch 'ne Runde schwimmen wollen.«
»Wann schließen Sie?« fragte Sergeant Boone.
»Punkt zwölf. Wer dann noch weitertrinken will, muß in die Bar im Foyer gehen. Es sei denn, er will in seinem Zimmer noch einen Schluck nehmen, das ist auch in Ordnung. Jedenfalls, gestern so gegen zehn, elf war im Pool nicht allzuviel los, aber die Tische waren alle besetzt … Ich meine, nicht daß ich mich deswegen überschlagen müßte, wenn alle Tische besetzt sind, das nicht. Soviel Platz haben wir hier oben ja nicht, wie Sie sehen können. Hauptsächlich Paare und Vierergruppen. Zwei Burschen, die allein saßen, und eine Dame. Die Männer hatten doppelte Bourbon on the rocks und Bier, die Dame Weißwein. Der Bourbon-Bursche, so ein Typ um die fünfzig, kippte das Zeug weg, als ginge die Sonne nicht mehr auf. Der mit dem Bier nuckelte nur an seinen Flaschen rum. Die Weißwein-Dame trank so vor sich hin, nicht zu schnell, nicht zu langsam.«
»Sie lassen hier oben Frauen ohne Begleitung zu?«
»Warum nicht? Wenn sie sich wie Damen benehmen, können sie hier soviel trinken, wie sie wollen, verstehen Sie? Wen kümmert's?«
»Beschreiben Sie uns den jungen Burschen, Tony. Den, der allein saß und Bier
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