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Die dritte Todsuende

Die dritte Todsuende

Titel: Die dritte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Gespräch der Männer nebenan und den geschäftigen Geräuschen des Hotels um sie herum. Sie fragte sich, ob sie vielleicht wirklich unsichtbar war. Sie fragte sich, ob es sie überhaupt gab.
    Zoe Kohler war nicht klein und nicht groß, nicht blond und nicht brünett, nicht dünn und nicht dick. Bei ihrem letzten Streit hatte Kenneth, bevor er aus dem Haus gestürmt war, wütend und frustriert gebrüllt: »Du bist undefinierbar! Du bist einfach nicht dal«
    Ihr glanzloses Haar war zu einem kurzen Bubikopf geschnitten. Seit dem College hatte sie nie eine andere Frisur gehabt. Ihr Haar saß so genau wie eine gute Perücke. Ihr Gesicht war dreieckig und verjüngte sich nach unten zu einem spitzen Kinn. Die Augen hatten dasselbe Braun wie ihre Haare und waren ohne Feuer und Tiefe, die Wimpern waren von etwas hellerem Braun und klebten aneinander. Die Lippen waren zu voll; geschicktes Make-up hätte sie weicher machen können — aber wozu? Bei der Arbeit und in der Öffentlichkeit wirkten Zoes Züge unbeweglich, ausdruckslos. Sie lächelte selten. Manche Leute hielten sie für ernst, förmlich, langweilig. Sie irrten sich alle. Niemand kannte sie wirklich.
    Sie war fast siebenunddreißig, und obwohl sie nur unregelmäßig Gymnastik machte, war ihr Körper jung, waren die Muskeln noch kräftig. Ihr Bauch war einigermaßen flach, das Gesäß straff. Das Fleisch der Schenkel hatte noch nicht nachgegeben, und die Linie ihrer Taille war schön geschwungen.
    Dr. Stark versicherte ihr stets, daß sie, abgesehen von den gelegentlichen, unbedenklichen Gleichgewichtsstörungen und den Menstruationskrämpfen, bei bester Gesundheit sei. Doch sie wußte es besser. Niemand liebte sie, und sie war unfähig, jemandes Achtung zu erlangen. War das etwas keine Krankheit?
    Sie hätte dumm oder völlig leer sein können, denn an der Rolle, die sie spielte, war nichts Starkes, Lebensvolles oder Entschiedenes. Die spießigen Kleider. Die bequemen Schuhe. Der matte Blick, das schnelle, zitternde Lächeln. Aber eben das war die Posse. Alles war ein einziger Schwindel. Jetzt endlich, nach so vielen Jahren, hielt sie die Welt zum Narren. Sie drückte dem Leben ihren Stempel auf.
    Barney McMillan verließ das Büro und winkte ihr im Vorbeigehen zu. »Tschüß«, sagte er.
    Sie plante ihre Arbeit für den Tag: den Dienstplan der Sicherheitsabteilung für die nächste Woche aufstellen, Briefe schreiben an abgereiste Gäste, die etwas vergessen hatten, und mit der Buchhaltung die Belege für kleinere Ausgaben durchgehen.
    Es war, wie sie sich eingestand, kaum genug, um sie acht Stunden lang zu beschäftigen. Aber sie hatte es gelernt, sich die Zeit einzuteilen, ständig beschäftigt zu scheinen und so wenig Aufsehen wie möglich zu erregen, damit keiner der leitenden Angestellten auf die Idee kam, sich näher mit ihr zu beschäftigen und ihren Wert für das Granger in Frage zu stellen.
    Sie hatte kein schlechtes Gewissen dabei, schließlich nahm sie weniger als zweihundert Dollar die Woche mit nach Hause. Nur die Unterhaltszahlungen und die zwei jährlichen 3 000-Dollar-Schecks von ihrer Mutter und ihrem Vater ermöglichten ihr ein angenehmes Leben.
    Sie gab das Geld nicht mit vollen Händen aus, aber sie unterdrückte auch nicht ihre Bedürfnisse. Wer die hinten im Schrank versteckten Kleider oder die Wäsche in der untersten Schublade ihrer Kommode gesehen hätte, müßte zugeben: Was sie wirklich wollte und brauchte, verweigerte sie sich auch nicht.
    Everett Pinckney schaute herein. Weil es in ihrem winzigen Büro keinen zweiten Stuhl gab, schob er einen dünnen Schenkel auf die Ecke ihres Schreibtisches und blickte auf sie hinunter.
    Er war ein großer, knochiger Mann, der langsam kahl wurde. Seine Kopfhaut über der matt schimmernden Schädeldecke, die aus einem Hufeisen grauer Haare emporwuchs, war mit Sommersprossen übersät, von denen einige auch auf die Nase und die Wangenknochen gerutscht waren. Seine Augen schienen ständig feucht zu sein, genau wie seine Lippen. Er besaß die größten Ohren, die Zoe Kohler je gesehen hatte, die reinsten Fleischlappen. Seine Stimme war heiser und rauh. Er trug Anzüge mit Weste und Fliege. Seine rissigen Schuhe waren stets auf Hochglanz poliert. Falls er wirklich seine besten Jahre hinter sich hatte, so zeigte er jedenfalls keine Bitterkeit oder irgendwelche Anflüge von Selbstmitleid.
    Zoe hatte nicht lange gebraucht, um herauszufinden, daß sie von einem Alkoholiker eingestellt worden war. Man merkte es

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