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Die dritte Todsuende

Die dritte Todsuende

Titel: Die dritte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Story«, bekräftigte er. »Wo und wann kann ich die Ergebnisse haben?«
    Nach einer kurzen Pause fragte Handry: »Wie wär's mit der Grand Central Station? Um zwölf Uhr dreißig? Beim Informationsstand am Haupteingang.«
    »Wie wär's mit einem verlassenen Pier am Hudson um Mitternacht?« fragte Delaney zurück.
    Der Reporter lachte. »Ich will mich nicht unbemerkt mit Ihnen treffen, ich muß einen Zug kriegen, und im Moment sitze ich hier fest. Grand Central wäre wirklich am besten.«
    »So sei's denn«, sagte Delaney. »Um halb eins.«
    Er war wie üblich zu früh dran und spazierte auf dem Bahnhofsgelände herum. Er vertrieb sich die Zeit damit, Polizisten in Zivil aus der Menschenmenge herauszupicken und ihre Gegenspieler, die Diebe verschiedenster Couleur, bei der Arbeit zu beobachten.
    Dann bemerkte Delaney Thomas Handry. Der Reporter trug eine schwer wirkende Einkaufstasche von Bloomingdale's.
    »Ihr Gepäck gefällt mir«, sagte Delaney, als Handry ihn erreicht hatte.
    »Gehört alles Ihnen«, antwortete der Reporter und reichte ihm die Tasche. »Rund fünf Pfund Fotokopien. Interessantes Zeug.«
    »So?«
    Handry warf einen Blick auf die große Uhr in der Kuppel.
    »Ich muß los«, sagte er. »Ob Sie's glauben oder nicht, ich interviewe eine angebliche Seherin in Mount Vermont. Sie behauptet, im Traum den Hotel-Ripper gesehen zu haben. Es handelt sich um einen baumlangen Neger mit nur einem Auge, einem Mandschu-Bärtchen und britischem Akzent.«
    »Klingt nach einer echten Spur«, meinte der Chief süffisant.
    Der Reporter zuckte mit den Schultern. »Wir bringen einen Sammelartikel über jedes Medium und alle Hellseher, die zu wissen glauben, wie der Hotel-Ripper aussieht.«
    »Und nicht zwei davon haben dasselbe gesehen«, sagte der Chief.
    »So ist es. Tja, ich muß zu meinem Zug.« Er zögerte, drehte sich noch einmal um, deutete auf die Tasche. »Lassen Sie mich wissen, was Sie mit all dem anfangen.«
    »Mach ich«, sagte Delaney mit einem Nicken. »Und vielen Dank noch mal.«
    Er blickte Handry nach, bis er verschwunden war; dann hob er die Einkaufstasche auf und verließ den Bahnhof. Er haßte es, etwas zu tragen, besonders Einkaufstaschen. Wahrscheinlich war das ein Überbleibsel seiner Tage als Straßencop: die Furcht, überrumpelt zu werden, die Hände nicht frei zu haben.
    Er konzentrierte sich ganz auf den herrlichen Tag. Und auf die Stadt. Es war seine Stadt. Hier war er geboren, hier hatte er sein ganzes Leben verbracht. Er war nie abgereist, ohne ein Gefühl des Verlusts zu spüren; nie zurückgekehrt ohne das Gefühl, nach Hause zu kommen. New York war ebenso seine Heimat, wie seine vier Wände es waren.
    Sie verschlang den einzelnen, demütigte den Hochmütigen, ließ Träume aufsteigen, eine Sekunde, bevor sie sie zum Platzen brachte. New York war der große Gleichmacher. Geburt, Leben oder Tod bedeuteten nicht mehr als ein ausgebessertes Loch im Asphalt oder ein Gedicht. Es war einfach da, und zum Teufel mit allem anderen.
    Edward X. Delaney liebte gerade das an seiner Stadt.
    Und die Frauen! Männer waren angezogen, Frauen kleideten sich. Da waren sie, wirbelnd und funkelnd, mit vom Wind geröteten Wangen, Haaren, die wie Feuer hinter ihnen flatterten. Er bedachte jede mit einem Lächeln, vom Baby im Kinderwagen bis zum alten Mütterchen. Er konnte sich eine Welt ohne sie einfach nicht vorstellen und dankte Gott für das Glück, erst Barbara und dann Monica gefunden zu haben.
    Mit leichtem Schritt trottete er auf seine Straße zu, strahlender Teilnehmer an der Parade der allgegenwärtigen Weiblichkeit. Sein Gesicht war ein einziges onkelhaftes Grinsen, während er sie alle sah und liebte, in ihren prächtigen Farben, mit ihrem Schwung, ihrer Lebensfreude.
    Seht euch nur die an, die da jetzt auf ihn zugeht! Eine Prinzessin, kaum älter als seine Stieftochter Sylvia. Eine große, umwerfende Schönheit mit flachsfarbenem Haar bis zum Hinterteil. Ein Gesicht, noch unverbraucht von der Zeit, und ein Körper so geschmeidig und hart wie eine Stahlrute.
    Sie marschierte direkt auf ihn zu und verstellte ihm den Weg. Mit einem süßen, schmelzenden Lächeln blickte sie zu ihm auf. »Na, wie wär's mit 'nem Fick, Alter?« fragte sie.
    Das war zuviel für ihn; es verschlug ihm die Sprache. Er überquerte die Straße und ging auf der anderen Seite der Park Avenue weiter, polternd jetzt, seine schweren großen Füße in schweren, knöchelhohen Schuhen stampften auf dem Trottoir. Müde kletterte er in

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