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Die dritte Todsuende

Die dritte Todsuende

Titel: Die dritte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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das erste leere Taxi und ließ sich nach Hause fahren, die Einkaufstasche von Bloomingdale's auf dem Schoß.
    Später fand er seinen Gleichmut wieder. Mit etwas säuerlichem Amüsement mußte er sich eingestehen, daß die kurze Begegnung mit der jungen Nutte typisch dafür gewesen war, wie die Stadt hochfliegende Träume und romantische Spinnereien mit einem Eimer voll kalter Realität mitten ins Gesicht beenden konnte.
    Er aß ein Sandwich, bestehend aus kaltem Corned beef und deutschem Kartoffelsalat auf Roggenbrot. Anschließend trank er eine Dose Bier. Nachdem seine Standfestigkeit wieder hergestellt war, trug er das von Handry zusammengetragene Material ins Arbeitszimmer und begann zu arbeiten.
    Beim Dinner fragte er Monica, wie sie den Abend zu verbringen gedächte. »Gehst du aus?« fragte er beiläufig.
    Sie lächelte und legte ihre Hand auf die seine. »Ich habe dich vernachlässigt, nicht wahr?«
    »Nein, nein, du hast mich nicht vernachlässigt«, protestierte er, obwohl er es so empfand.
    »Na, heute abend bleibe ich jedenfalls zu Hause.«
    »Gut«, sagte er. »Ich möchte mit dir reden. Lang und ausführlich.«
    »Oho«, sagte Monica, »das klingt ja sehr ernst. Bin ich entlassen?«
    »Nichts dergleichen«, sagte er lachend. »Ich möchte nur etwas mit dir besprechen. Deine Meinung einholen.«
    »Wenn ich meine Meinung sage, kann sie deine ändern?«
    »Nein.«
    Das Wohnzimmer der Delaneys war ein großer Raum mit einer hohen Decke, beherrscht von einem eher nüchternen Kamin und langen Bücherregalen. Allein das lebhafte Mobiliar bewahrte das Zimmer davor, düster zu wirken.
    Es war eine ausgewählte Sammlung von Einzelstücken, die eher angehäuft denn ausgesucht wirkten. Chippendale kuschelte sich an Shaker, Viktorianisches arrangierte sich mit Art Deco. Ein alter Perserteppich, dem die Zeit Glanz und Festigkeit genommen hatte, bedeckte den Boden des freundlichen Raumes.
    Alles hatte die Patina des ständig Gebrauchten und liebevoll Gepflegten. Die Farben der Vorhänge und Polster waren warm, ohne zu leuchten. Behaglichkeit als Stilprinzip; der Raum war gereift, weil man in ihm gelebt hatte. Nichts diente nur dem Vorzeigen, die Abnutzung trat überall zutage.
    An den Wänden hing eine Sammlung von Gemälden, Zeichnungen, Cartoons, Postern, Stichen und Karten, die so verschieden waren wie die Möbel. Keine zwei Rahmen waren sich gleich, nichts dominierte, alles entzückte. Und es schien immer noch Raum für Neues zu geben.
    An diesem Abend nahm Monica, nachdem der Tisch abgedeckt und das Geschirr gespült war, in ihrem Sessel Platz, setzte ihre Brille auf und griff nach den Stricknadeln, um an einer afghanischen Decke weiterzuarbeiten, mit der sie sich schon seit mehreren Wochen beschäftigte. Delaney holte seine Dossiers und die Unterlagen, die Handry ihm besorgt hatte, aus dem Büro und stapelte sie neben seinem Sessel.
    »Was ist das?« fragte Monica.
    »Das, worüber ich mit dir reden will. Ich möchte gern eine Theorie an dir ausprobieren.«
    »Den Hotel-Ripper betreffend?«
    »Ja. Es macht dir doch nichts aus, oder?«
    »Nein, es macht mir nichts aus. Aber mir scheint, daß du diesem Fall für einen Cop, der nicht mehr im aktiven Dienst steht, ein ziemliches aktives Interesse entgegenbringst.«
    »Ich versuche nur, Abner Boone zu helfen«, protestierte er. »Von diesem Fall hängt viel für ihn ab.«
    »So, so«, sagte sie und warf ihm einen kurzen Blick über den Rand ihrer Brille zu. »Nun, ja… laß hören. Glaubst du immer noch, daß es sich um eine Frau handelt?«
    »Ja, das tue ich.«
    »Eine Prostituierte?«
    »Nein. Eine Geistesgestörte, die aus verrückten Gründen tötet, die vielleicht nicht einmal für sie einen Sinn ergeben. Aber sie wird immer wieder dazu getrieben.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Monica fest.
    »Warum nicht?«
    »Eine Frau könnte solche Dinge nicht tun.«
    Er hatte mit einer subjektiven Antwort gerechnet und sich geschworen, nicht die Geduld zu verlieren. Er hatte sich auch schon eine Erwiderung zurechtgelegt: »Willst du behaupten, eine Frau wäre zu blutiger Gewalt nicht fähig?«
    »So ist es. Früher vielleicht. Ein Mord aus Leidenschaft. Aus Rache, Eifersucht oder Haß. Aber nicht eine Reihe sinnloser Morde an völlig Fremden. Ohne Grund.«
    »Vor ein paar Wochen haben wir über Kindesmißhandlung gesprochen. Du warst mit mir der Meinung, daß in mindestens der Hälfte der Fälle die Mutter der Aggressor ist. Die ihr Kind an den Herd zerrt und seine Hand

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