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Die dritte Todsuende

Die dritte Todsuende

Titel: Die dritte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Das ist, als wäre man exkommuniziert worden.«
    »Quatsch.«
    »Einige finden eine Bar in der Nachbarschaft, die ihr Büro, ihr Bereitschaftsraum oder Revier wird. Sie sind den ganzen Tag über besoffen und langweilen ihre neugefundenen Freunde mit Lügen darüber, was für großartige Cops sie mal waren.«
    »Ich nicht.«
    »Oder sie beschließen, Bücher zu lesen, Museen zu besuchen, sich Shows anzuschauen — all die Dinge, für die sie vorher nie die Zeit hatten. Fischen und Jagen. Gärtnern. Hockey-Spiele. Und so weiter. Aber damit verzögern sie bloß das Unausweichliche. Wie viele Bücher kann man lesen? Wie viele gute Theaterstücke oder Filme gibt es? Wie viele Hockey-Spiele? Unweigerlich kommt der Tag, an dem sie aufwachen und erkennen, daß sie nichts zu tun haben, keinen Ort, wo sie hingehen könnten. Sie können genausogut im Bett bleiben. Und einige von ihnen tun das auch.«
    »Ich nicht.«
    »Oder sie werden Säufer oder Hypochonder. Oder hängen sich an den Rockzipfel ihrer Frau. Oder fangen an, ihren Frauen zu grollen, weil sie nicht jede freie Minute mit ihnen verbringen.«
    Delaney sagte nichts.
    Thorsen blickte ihn scharf an. »Erzähl mir nicht, es wäre dir nicht auch schon einmal so ergangen, Edward. Du hast mich nie im Leben belogen; fang jetzt nicht damit an. Warum, glaubst du, hast du Boone so bereitwillig geholfen? Warum warst du so scharf auf seine Berichte über den Hotel-Ripper? Warum hast du diese Dossiers angelegt, die ich auf deinem Schreibtisch gesehen habe? Oh, ja, ich habe herumgeschnüffelt, und ich denke nicht daran, mich deswegen zu entschuldigen. Vielleicht befindest du dich noch nicht im akuten Stadium, aber gib zu, daß es schon losgeht.«
    »Was geht los?«
    »Das Gefühl, daß du nicht mehr erwünscht bist, nicht mehr gebraucht wirst. Kein Sinn mehr in deinem Leben. Keine Ziele, nichts mehr, was du anstrebst. Aber am schlimmsten ist die Langeweile. Sie zehrt den Geist aus, läßt das Gehirn zu Brei werden. Du bist ein kluger Mann, Edward, das würde ich nie leugnen. Aber du bist nicht klug genug, um mit einem Leben ohne Inhalt fertig zu werden.«
    Delaney stand mühsam auf. Er schenkte sich und Thorsen nach. Dann ließ er sich wieder auf den Drehstuhl hinter dem Schreibtisch sinken. Nachdenklich betrachtete er den Deputy Commissioner.
    »Du bist ein Scheißer, weißt du das?« sagte er. »Du willst was von mir. Du weißt, daß du mich überreden mußt. Also greifst du in die Kiste Loyalität-gegenüber-dem-Department. Als das nicht hinhaut, entscheidest du dich, ohne einen Atemzug zu verschwenden, für die Schublade ›Es-liegt-in-deinem-eigenen-Interesse‹. Jetzt muß ich also tun, was du willst, wenn ich nicht tot umfallen, faul werden, meiner Frau zur Last fallen oder ein Gehirn wie Erbsensuppe bekommen will.«
    »Richtig.« rief der Admiral aus und klatschte sich aufs Knie. »Genauso ist es. Es liegt in deinem eigenen Interesse, Mann. Das ist immer das stärkste Motiv.«
    »Gib zu, daß du mich zu manipulieren versuchst?«
    »Natürlich. Aber es liegt in deinem Interesse, merkst du das nicht?«
    Delaney seufzte. »Gut, daß du nie in die Politik gegangen bist. Irgendwann hätte dir die Welt gehört. Was genau willst du von mir, Ivar?«
    Der elegant gekleidete Deputy Commissioner stellte seinen Drink ab und lehnte sich vor, die Hände gefaltet.
    »Slavin muß verschwinden«, sagte er. »Der Mann ist eine Katastrophe. Der Presse die Geschichte mit der schwarzen Perücke mitzuteilen, war ein Riesenfehler. Wir stocken die Hotel-Ripper-Truppe auf. Für den Anfang weitere hundert Detectives und Beamte in Zivil, und im Bedarfsfall stellen wir noch mehr dafür ab. Wir betreuen Slavin mit der administrativen Seite, das kann er ganz gut.«
    »Und wer wird die Truppe leiten?«
    Thorsen lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. Er justierte die messerscharfen Bügelfalten seiner Hosenbeine. Er griff nach seinem Drink und nahm einen Schluck. Er starrte Delaney über den Rand des Glases an.
    »Ich habe den ganzen Morgen mit einer Konferenz zugebracht«, sagte er. »Sie begann um drei Uhr morgens und dauerte bis um elf, an einem Stück. Ich habe in meinem ganzen Leben nicht soviel schwarzen Kaffee getrunken. Wir waren uns alle darin einig, daß Slavin von dem Fall abgezogen werden mußte. Und dann haben wir darüber diskutiert, wer an seiner Stelle das Kommando übernehmen sollte. Es mußte jemand ziemlich weit oben sein, um den Politikern, den Geschäftsleitern und

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