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Die dritte Todsuende

Die dritte Todsuende

Titel: Die dritte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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tun.«
    Er ging in das Arbeitszimmer, ließ sich schwer hinter den Schreibtisch sinken. Er legte die Hand auf das Telefon, zögerte aber, den Hörer abzunehmen. Er dachte nach.
    Er konnte nicht verstehen, warum man ihn nicht informiert hatte. Der Nachrichtensprecher hatte gesagt, die Leiche sei gegen Mitternacht gefunden worden.
    Delaney hätte erwartet, daß Sergeant Boone ihn anrief, sobald er sicher gewesen war, daß es sich um einen Ripper-Mord handelte.
    Vielleicht hatte Boone von Lieutenant Slavin den dienstlichen Befehl bekommen, die Sache nicht weiter mit Delaney zu diskutieren. Oder vielleicht hatte man genug Beweismaterial vorgefunden, um den Fall ohne die Hilfe eines alten, pensionierten Bullen abzuschließen.
    Er versuchte, Boone zu Hause, im Revier Manhattan Nord und im Cameron Arms zu erreichen, blieb aber überall erfolglos. Er hinterließ an allen drei Orten Botschaften für den Sergeant und bat ihn, so schnell wie möglich zurückzurufen.
    Dann begann er ein neues Dossier anzufertigen: »Leonard T. Bergdorfer, 8. Mai um Mitternacht, aus Atlanta, Georgia. Viertes Opfer. Aufgefunden im Cameron Arms.« Dann ging er wieder in die Küche, um sich die 10-Uhr-Nachrichten anzuhören. Monica ließ einen Eimer mit Wasser vollaufen und legte sich saubere Lumpen, Fensterfrei und einen Stapel Papiertücher zurecht.
    »Du brauchst die Fenster nicht zu putzen«, sagte er mit einem Lächeln. »Das war doch nur ein dummer Witz. Wir lassen jemand kommen, der das macht. Außerdem sieht es nach Regen aus.«
    »Nein, nein«, sagte sie. »Ich habe die Wette verloren. Außerdem möchte ich mich mit körperlicher Arbeit ablenken. Das ist vielleicht eine ganz gute Therapie.«
    »Na, ja… dann mach wenigstens nur die Innenseiten«, sagte er. »Und hör auf, wenn du müde wirst.«
    Die Nachrichten enthielten einige neue Fakten. Das Opfer hielt sich zu einer Tagung im Cameron Arms in New York auf. Die Leiche war von Freunden gefunden worden, die auf einen Drink bei ihm hereinschauen wollten und die Tür unverschlossen vorgefunden hatten.
    Dann folgten empörte Statements vom stellvertretenden Bürgermeister, vom Präsidenten des Hotel- und Gaststättenverbandes und einigen Reiseagenturen. Alle forderten eine schnelle Aufklärung der Morde, bevor das Geschäft mit dem Tourismus zusammenbrach.
    Edward X. Delaney wartete den ganzen Vormittag in seinem Büro, aber Sergeant Abner Boone rief nicht zurück. Der Chief schloß daraus, daß man seiner Hilfe nicht länger bedurfte.
    Er zog seinen Regenmantel an, setzte den Hut auf und holte einen Regenschirm aus dem Schrank in der Diele. Dann verließ er das Haus. Es war kein starker Regen, mehr ein kräftiger, feuchter Nebel, der aus einem stählernen Himmel triefte. Und es war unangenehm warm. Auf den Bürgersteigen bildeten sich Pfützen, und aus den Gullis quoll der Dreck. Der Tag paßte vollkommen zu Delaneys Stimmung.
    Sein Stolz war verletzt, daran gab es nichts zu rütteln. Er hatte mit Boone zusammengearbeitet und durch ihn auch mit Deputy Commissioner Ivar Thorsen. Er hatte Vorschläge unterbreitet. Er hatte sie vor dem siebten, achten und neunten Mai gewarnt.
    Das einzige, was er nicht weitergegeben hatte, war seine Theorie, daß es sich bei dem Hotel-Ripper um eine Frau handelte. Keine Prostituierte, sondern eine Psychopathin, die sich als eine Nutte ausgab. Und er hatte Boone eben deshalb nichts davon erzählt, weil es eine Theorie war, die noch mit zusätzlichen Beweisen untermauert werden mußte, ehe sie standhielt.
    Er war der Meinung, daß der Zeitpunkt von Leonard T. Bergdorfers Tod mehr daraus machte als nur eine Hypothese. Aber wenn sie seine Hilfe nicht wollten, dann zur Hölle mit ihnen. Genau, sagte er sich, sie haben ihre Chance gehabt.
    Er marschierte Block um Block hinunter und spürte, wie die Nässe ihm in Füße und Schultern kroch. Sein Regenschirm war durchgeweicht, seine ungeschützten Hände tropften, und er fühlte sich so erhitzt, als wäre die Stadt eine riesige Sauna geworden und irgend jemand gösse "Wasser über glühende Felsen.
    Er ging in eine irische Bar an der First Avenue. Er trank zwei Whiskey pur, was ihn noch mehr in Schweiß ausbrechen ließ, aber wenigstens seinen Ärger dämpfte. Als er sich auf den Rückweg begab, hatte er einen großen Teil seiner Gelassenheit wiedergefunden und war überzeugt, daß der Hotel Ripper-Fall für ihn gelaufen war.
    Er hängte gerade seinen tropfnassen Regenmantel in den Schrank in der Diele, als Monica aus

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