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Die dritte Todsuende

Die dritte Todsuende

Titel: Die dritte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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aus Manhattan halten. Aber dann sagte sie: »Doch, ich habe davon gehört. Ich komme nämlich aus Winona.«
    Er wandte sich ihr mit der freudigen Überraschung eines kleinen Jungen zu. »Winona!« rief er. »Nachbarn!«
    Sie drängten sich etwas näher aneinander: Forscher, umzingelt von Wilden.
    »Hören Sie«, sagte er, »sind Sie in Gesellschaft hier?«
    »O nein. Nein.«
    »Könnten wir nicht irgendwohin gehen und zusammen etwas trinken? Wo es ruhiger ist? Sie sind der erste Mensch, dem ich in New York begegnet bin, der auch nur von Trempealeau gehört hat. Ich würde mich wirklich gern mit Ihnen unterhalten.«
    »Gut«, sagte sie.
    Niemand kümmerte sich um ihren Aufbruch.
    Im Foyer hielt er sie mit einer leichten Berührung am Arm auf und zog die Hand dann beinahe krampfartig zurück. »Also«, sagte er. »Ich habe mich gerade gefragt..könnten wir nicht gemeinsam zu Abend essen? Ich kenne ein kleines italienisches Restaurant, nicht weit von hier. Wenn wir schon ein Glas Wein trinken gehen, könnten wir doch genausogut…«
    Seine leise Stimme erstarb. Sie starrte ihn einen Moment lang an.
    Er war kein David Sowieso in einem Samtanzug, der nach Pot roch. Er war Ernest Mittle, ein leicht verstaubter junger Mann, der sich immer etwas fremdartig in der großen Stadt ausnehmen würde.
    Da stand er, gebeugt, angespannt, so bedacht darauf zu gefallen wie ein Spaniel. Der billige Tweedmantel saß an den Schultern zu knapp, der Hals wurde von einem buntkarierten Wollschal verborgen. Er trug keinen Hut, dafür aber ein Paar klobiger, mit Schafwolle gefütterter Handschuhe.
    Verblichene Augenbrauen, blonde Wimpern, milchig blaue Augen. Sein Haar war blond, der Schnitt ein mit Schere und Rasierapparat begangenes Verbrechen. Aber dennoch… Sein Lächeln war warm und hoffnungsvoll. Seine kleinen Zähne waren gleichmäßig weiß. Er war so groß wie sie, und wenn er sich geradegehalten hätte, wäre er sogar größer gewesen. Aber er schien sich in sich selbst zu verkriechen wie in ein Versteck.
    Er wirkte harmlos, kein typischer New Yorker Draufgänger, aber sie wußte so gut wie alle anderen über die Gefahren Bescheid, die eine einsame Frau in dieser Stadt erwarteten. Uberfälle. Einbrüche. Vergewaltigungen. Gewalt und Tod. Man konnte es jeden Tag in den Zeitungen lesen. Und im Fernsehen in Farbe miterleben.
    »Nun… in Ordnung«, sagte sie schließlich. »Ich danke Ihnen. Aber ich muß früh nach Hause. Spätestens um neun. Ich..ich erwarte einen Anruf.«
    »Gut«, sagte er glücklich. »Gehen wir. Es ist nicht weit; wir sind zu Fuß in ein paar Minuten da.«
    Sie kannte das Restaurant. Sie war schon zweimal dort gewesen, allein. Jedesmal hatte man sie an denselben kleinen Tisch in der Nähe der Toilettentür gesetzt. Das Essen war gut, der Service jedoch miserabel gewesen, obwohl sie gute Trinkgelder gegeben hatte.
    Dieses Mal, in Begleitung eines Mannes, wurde sie von einem lächelnden Oberkellner an einen bequemen Ecktisch geführt. Ein anderer Kellner eilte herbei, um ihr beim Ablegen des Mantels zu helfen. Eine Tischkerze unter einem rubinroten Glassturz wurde angezündet. Dann gab es Weißwein und die Speisekarte.
    Sie bestellten Spaghetti und Salat. Beide tranken sie zwei weitere Gläser Wein zum Essen.
    Zoe genoß es. Ernest Mittle hatte gute Manieren und war bestrebt, ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen. »Etwas Brot? Butter? Noch einen Schluck Wein? Dessert? Nein? Aber doch wenigstens einen Espresso und einen Brandy? Na also, wunderbar.«
    Sie hatte das ungute Gefühl, daß er sich das alles gar nicht leisten konnte, aber er schien sich aufrichtig zu freuen, mit ihr zusammenzusein. Als der Brandy gebracht wurde, murmelte sie etwas von ihrem Beitrag zur Rechnung, aber er wischte diese Andeutung mit großer Geste vom Tisch und versicherte ihr, daß es ihm ein Vergnügen sei. Es klang aufrichtig.
    Während des Dinners hatten sie sich anfangs über ihre Kindheit in Winona und Trempealeau unterhalten: Heuwagenfahrten im Sommer, Rodeln im Winter, Schlittschuhlaufen auf dem vereisten Fluß, die Jagd und der Geschmack von gebratenem Eichhörnchen, schwarz gebrannter Apfelschnaps und Tage, die so kalt waren, daß die Schulen geschlossen wurden und sich niemand aus dem Haus traute.
    Dann unterhielten sie sich über die Studienzeit (er hatte die Universität von Wisconsin in Madison besucht). Er war einmal in Minneapolis gewesen, beide hatten Chicago gesehen. Er war einmal zum Mardi Gras nach New Orleans gefahren,

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