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Die dritte Todsuende

Die dritte Todsuende

Titel: Die dritte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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linken Handgelenk befestigte sie eine feingearbeitete Kette, auf der in goldenen Buchstaben stand: Warum nicht?
    Sie kämmte sich rasch ihr kurzes braunes Haar, ehe sie zu einem Schrank im Wohnzimmer ging, in dem sich ganz hinten ihr Trenchcoat und eine große Schultertasche aus Leder befanden. In der Tasche bewahrte sie eine in Seidenpapier gehüllte Nylonperücke und ein Schminkkästchen auf.
    Einige Sekunden verwandte sie darauf, den Inhalt ihrer Alltagstasche in die Ledertasche umzufüllen: Zigaretten, Streichhölzer, Schlüssel, Münzen, die Brieftasche mit etwas mehr als vierzig Dollar darin, die kleine Dose mit Mace und das Schweizer Armeetaschenmesser. Bevor sie die Brieftasche verstaute, nahm sie alle Papiere heraus und legte sie auf das oberste Brett im Wohnzimmerschrank.
    Dann schlüpfte sie in den Trenchcoat und knöpfte ihn bis zum Hals zu. Sie schlang einen lockeren Knoten in den Gürtel, so daß der Mantel lose an ihr herunterhing. Schließlich warf sie die Ledertasche über die Schulter und brach auf, wobei sie alle Lichter in der Wohnung brennen ließ.
    Baden und Anziehen hatten fast eine Stunde gedauert. Während dieser ganzen Zeit hatte sie nicht einmal in den Spiegel geblickt.
    Der Nachtportier saß hinter seinem Schreibtisch und tippte an seine Mütze, als sie vorbeimarschierte. Sie mußte fast fünf Minuten auf ein Taxi warten, das in die Innenstadt fuhr. Sie bat den Fahrer, sie zur Ecke Central Park West und 72nd Street zu bringen.
    »Zum Dakota?« fragte er.
    »Die Ecke, ja«, sagte sie schroff. »Das ist nah genug.«
    »Wie Sie wollen, Lady«, sagte der Fahrer und fuhr fortan schweigend, wofür sie ihm dankbar war.
    Als er sie an der gewünschten Stelle absetzte, gab sie ihm ein großzügiges Trinkgeld. Sie blieb an der windigen Ecke stehen, zündete sich langsam eine Zigarette an und rührte sich nicht von der Stelle, bis das Taxi weiterfuhr und sie seine Rücklichter in westlicher Richtung die 72nd Street hinunter verschwinden sah.
    Dann wandte auch sie sich nach Westen. Menschen begegneten ihr, aber sie hob nicht ein einziges Mal den Blick. Sie lehnte sich gegen den Wind und umklammerte den Riemen ihrer Schultertasche mit beiden Fäusten. Es hatte inzwischen leicht zu schneien begonnen. Aber sie fror nicht. Sie glühte.
    Das Filmore war ein Wohnhotel. Im Erdgeschoß, direkt an der Straße, befand sich ein Restaurant, das ziemlich düster war, aber in der hellerleuchteten Bar nebenan hielten sich mehrere Kunden auf, von denen die meisten in den Fernsehapparat starrten, der mit Ketten an der Decke befestigt war.
    Zoe Kohler war schon einmal hier gewesen. Es entsprach genau dem, was sie brauchte. Der Ort war für ihr Vorhaben ideal.
    Sie setzte sich in ihrem Trenchcoat an die Bar und legte die Tasche in ihren Schoß. Sie bestellte ein Glas Weißwein und trank es schnell. Sehr ruhig. Sie achtete darauf, keinen der Männer anzublicken. Der Barkeeper war nicht derselbe wie bei ihrem letzten Besuch.
    »Wo ist die Damentoilette, bitte?« erkundigte sie sich, genau wie beim letzten Mal.
    »Da hinten, beim Hoteleingang«, sagte er und deutete in die Richtung, aus der sie gekommen war. »Sie gehen die Treppe hinauf und durch das Foyer. Die Toiletten liegen rechter Hand.«
    »Danke«, sagte sie, bezahlte den Wein und ließ ein Trinkgeld liegen. Nicht zu hoch und nicht zu niedrig. Er würde sich nicht an sie erinnern.
    Der Waschraum war weiß gekachelt, die Waschbecken wiesen Flecken und Sprünge auf. Der Geruch nach Desinfektionsmitteln brannte in der Nase. Vor einem der Becken stand eine Frau mittleren Alters und betrachtete sich in einem schlierigen Spiegel, wobei sie den Kopf einmal nach rechts und dann nach links drehte. Als Zoe eintrat, wandte sie sich um.
    »Hallo, Schätzchen«, sagte sie mit einem strahlenden Lächeln.
    Zoe nickte, ging die Reihe der fünf Toilettenkabinen ab und spähte dabei unter die Türen. Sie schienen alle frei zu sein. Sie betrat die letzte Kabine, schloß die Tür und verriegelte sie. Geduldig wartete sie zwei oder drei Minuten lang, bis sie die Außentür auf- und zugehen hörte.
    Dann trat sie vorsichtig hinaus. Die Toilette schien jetzt leer zu sein, aber um ganz sicher zu gehen, öffnete sie die Türen aller anderen Kabinen und blickte hinein. Dann trat sie an eins der Waschbecken und begann rasch mit der Arbeit. Jetzt endlich blickte sie ihr Spiegelbild an.
    Sie holte die Perücke aus ihrer Schultertasche, schüttelte sie aus und setzte sie auf. Das Nylon war

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