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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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für Dreijährige, nicht wahr, Holden? Wo gäbe es einen Amerikaner, der mit Plutonium sein eigenes Land vernichtet? Nicht einmal ein Verrückter wäre so verrückt!«
    »Aber ein Deutscher ist verrückt genug, Deutschland zu vernichten! Wollen Sie das sagen?«
    »Darin haben wir Übung. Unsere Geschichtsbücher sind voll davon. Bei mir ist es aber anders –«
    »Ach, interessant.« Holden betete innerlich, daß dieses Gespräch noch recht lange dauern möge. Was er hier auf Band nahm, war in seiner einmaligen Wahnidee nicht mehr zu übertreffen. »Alle Zerstörer haben einen Rechtfertigungsgrund. Bei jedem ist es anders, aber die Wirkung ist die gleiche: Chaos!«
    »München hat die tragische Rolle des unschuldigen Mitopfers übernommen. Ein Gremium und die Aktivität des Oberbürgermeisters Dr. Vogel haben da Schicksal gespielt. Mit der Wahl Münchens zur Olympiastadt wählte man auch ihren Untergang. Mir kommt es darauf an, nicht willkürlich zu vernichten, sondern mit einem Schlag alle Regierungshäupter, Minister, Militärs, kurz: die in allen Staaten gefährlichsten Männer – die Regierenden – zu treffen. Wo bekommt man sie sicherer zusammen als bei der Eröffnung der Olympischen Spiele? Vor acht Jahren in Tokio hatte ich nicht die Macht in der Hand, die ich heute besitze. Erstens war Tokio zu weit weg für mich – ich hätte dort monatelang wohnen müssen –, und zweitens will und kann ich Japan nicht mehr wiedersehen. Es ist mir unmöglich, über eine Erde zu gehen, die Suzuki aufgesaugt hat, über die vielleicht Suzukis Körper, zu Staub verglüht, vom Wind verteilt wurde. Überall, wo ich hintrete, könnte ich auf sie treten … wer hält das aus?! Nein, ich mußte auf einen näheren Ort warten als Sammelstelle der Großen! Welch ein Jubel in mir, als das IOC München wählte. Glauben Sie mir, ich habe vor Freude und Ergriffenheit geweint. München! Die Großen der Welt vor meiner Tür! Endlich konnte ein neues Hiroshima die treffen, die immer und immer wieder die anderen in die Hölle jagen und selbst vom Himmel sprechen! Am 26. August ist Götterdämmerung.«
    »Und Sie selbst? Wo werden Sie sein, wenn die 12 Kilogramm Plutonium explodieren?«
    »Im Stadion! Wo sonst? Halten Sie mich für einen Feigling? Ich werde die Zündimpulse geben, die Hände falten, an Suzuki denken und selbst ein Atom werden.«
    Holden atmete ein paarmal tief durch. Er sah die Sinnlosigkeit dessen ein, mit diesem Mann über Sinn oder Unsinn seiner Tat zu verhandeln. Auch hier hatte Beutels recht behalten: Das ›Hirn‹ steht jenseits allen Fassungsvermögens.
    »Warum erzählen Sie mir das alles?« fragte Holden ziemlich lahm.
    »Um Ihnen zu zeigen, daß es besser ist, wenn Sie abreisen. Weder der CIA noch der KGB hält mich auf. Ich werde auch mit Lepkin darüber sprechen.«
    »Und wenn ich nein sage? Was dann?«
    »Dann zwingen Sie mich, Ihr Gegner zu werden. Dann betrachte ich mich als von Ihnen persönlich angegriffen und werde zurückschlagen. Mit einer Waffe, gegen die Sie machtlos sind.«
    »Die gibt es nicht!« sagte Holden. »Ich habe ebensowenig Angst wie Sie.«
    »Sie werden Angst haben, Holden. Sie werden vor mir in die Knie gehen!«
    »Lächerlich, Mann. Legen Sie den Hörer auf. Es wird langweilig.«
    »Helga Bergmann …«
    Durch Holden zuckte ein brennender Strahl. »Lassen Sie Helga in Ruhe!« brüllte er. »Wenn Sie Helga in Ihren Wahnsinn einbeziehen –«
    »Sehen Sie, Sie werden klein. Ganz klein. Sie kriechen auf dem Bauch. Natürlich werde ich Helga einbeziehen! Geben Sie es zu, Holden – dies ist die einzige Waffe, die Sie tödlich trifft.«
    »Sie Schwein!« brüllte Holden. »Sie irrer Hund! Ich schwöre Ihnen …«
    Aber sein Partner hörte es nicht mehr. Er hatte aufgelegt. Holden hieb auf das Telefon, in einer sinnlosen Wut, die ihn durchströmte wie Feuer und für Minuten völlig außer Kontrolle brachte. Dann beruhigte er sich, stopfte das Tonband in seine Tasche und rannte aus dem Hotel.
    Mit einem Taxi fuhr er zu Beutels. Zum erstenmal in seinem Leben empfand er Angst, Richtige, gemeine, bisher verachtete Angst. Angst, die auf den Darm drückt. Angst, die den Kehlkopf würgte. Angst! Angst! Angst!

Zimmer 109
    »Das ist nicht zu fassen!« sagte Beutels. Er hatte das Tonband abgehört. Nun drehte sich die Spule mit dem freien Bandende auf dem Abspielteller, und Beutels war so fasziniert von dem, was er gehört hatte, daß er erst nach einer ganzen Weile den Haltknopf drückte. Auch griff er

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