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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verfügbaren Polizeiwagen wurden in den Einsatz geworfen. Die Landespolizei rief alle Patrouillenfahrzeuge zurück. Die Straßen wurden abgesperrt, rund um den Starnberger See legte sich ein Ring schwer bewaffneter Polizisten. Nach einer halben Stunde war die Abriegelung vollkommen. Selbst harmlose Radfahrer und durch die Wälder wandernde Liebespaare wurden kontrolliert. Dabei stellte sich heraus, daß auch an heißen Tagen mehr Pärchen in den Büschen und im Gras liegen, als man gemeinhin annimmt. Für einen Statistiker wäre das Liebesbedürfnis der Deutschen hochinteressant gewesen.
    Und trotzdem war es zu spät. Für Cortone und Dulcan genügte der kleine Vorsprung, um auch in einem für sie fremden Land unterzutauchen. Eine Streife fand den Leihwagen auf einem Seitenweg an der Straße nach Weilheim. Beutels, der seine Befehlszentrale äußerst diskret im Direktionszimmer des Hotels ›Alpenrose‹ aufgeschlagen hatte, hieb auf den Tisch und suchte nach einer Brissago. Oberkommissar Abels, der gerade aus München eingetroffen war, um genaueres über die Lage der ersten Bombe, die man nun kannte, zu erfahren, dankte Gott, daß er vom Bundeskriminalamt kam und nicht Beutels unterstellt war.
    »Das Gebiet ausdehnen!« brüllte Beutels ins Telefon. »Alles einbeziehen im Umkreis von 100 Kilometern! Höchste Alarmbereitschaft für alle Dienststellen, selbst die Einmannlöcher in den Dörfern! Ich habe eine Generalvollmacht des Bayerischen Innenministers und des Bundesinnenministers! Es ist zum Mäusemelken! Ich erwarte, daß ein einziges Mal das Sandmännchen nicht Gast in den Dienststellen ist! Verstanden?!«
    »Sie haben sich getrennt«, sagte Holden und goß sich Whisky ein. »Und zwar in verschiedene Richtungen. Brüderchen Lepkin?«
    »Ich weiß, Genosse.« Lepkin zog seinen modern gemusterten Schlips höher. Auch in der Mittagshitze verlor er nicht die kühle englische Eleganz. »Ich werde Cortone suchen.«
    »Und ich Dulcan.«
    »Wo?« fragte Beutels entgeistert. »Ich habe 2.000 Beamte im Einsatz, und Sie sagen so einfach daher: Wir suchen ihn! Entweder sind Sie Hellseher, oder ich bin blöd! Wofür wollen wir uns entscheiden?«
    »Für diese dicke Frau mit der Donnerstimme.«
    »Die ›Dicke Emma‹?! Himmel noch mal, die habe ich vergessen! Das Gummiband zwischen Dr. Hassler und Cortone.« Er griff zum Telefon. Zehn Minuten später saßen zwei Beamte in Zivil in Emma Pischkes Küche, hatten eine Schürze umgebunden und schälten Kartoffeln. Bossolo, etwas fahler als sonst – wenn Italiener erbleichen, muß man schon genau hinsehen, um das festzustellen –, putzte Gemüse. Die ›Dicke Emma‹ lief herum und verkündete mit Baßstimme ihr maßloses Erstaunen.
    »Det de Polente bei mir Kartoffeln schält, det jehört unter Jarantie in meene Memoiren! Nee so wat! Aba dünn, meine Herren! Dünn! Der Zentner kostet 19 Mark! Och an de Kartoffeln kann ick mir verschwenden!« Sie wienerte den Herd, schrieb dann mit der Hand ihre berühmte ›Speisekarte‹: »Heute habe ich Wirsing mit Mettwurst und Linsensuppe mit Bockwurst. Sonst wie immer«, und kümmerte sich dann um die Gäste, die ahnungslos in der Wirtschaft saßen, Bier tranken, mit Bildern bezahlten oder eine Gitarre als Pfand für einen Eintopf zurückließen.
    »Und wenn der Kerl kommt?« fragte sie. »Keene Knallerei, Jungs. Laßt mir mit 'n sprechen. Ick seh ihn mir an, tippe ihn gegens Kinn, und dann könnt ihr 'n uffsammeln. Klar?«
    »Alles klar, Emma«, sagte Kriminalhauptwachtmeister Schwartze und griff in den Kartoffeleimer. »Aber vertu' dich nicht, der Kerl ist gefährlich.«
    Cortone tauchte nicht auf. Auch Dulcan blieb verschwunden. Als es dämmerte, saß Beutels im Direktionszimmer des Hotels ›Alpenrose‹, trank Tee mit Cognac – trotz der heißen Schwüle –, starrte einem hungrigen Panther gleich in die Gegend und wunderte sich, daß niemand wagte, ihn anzusprechen. Auf dem Olympiagelände wurde unter dem Vorwand, daß man es überprüfen müsse, das Fundament des großen Stützmastes abgesperrt. Bauexperten, der Chef der Olympiabaugesellschaft, vier Architekten, der Polizeipräsident, der Präsident des Nationalen Olympischen Komitees und zwei Feuerwerker, die sich fragten, was sie hier sollten, denn sie konnten sich weder sieben Meter tief in den Beton fressen, noch hatten sie eine Ahnung, wie man einen elektronischen Atombombenzünder entschärft – sie alle umstanden den riesigen Zeltmast. Keiner leugnete es: Man war

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