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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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herraste, hatte das Gefühl, ihre Füße berührten gar nicht mehr den Boden.
    Sie war natürlich schneller als er, erreichte die untere Diele, bevor er noch die Treppe nehmen konnte und schoß – anders konnte man es nicht nennen – durch die Hotelhalle hinaus auf die Straße. Das alles machte keinerlei Aufsehen, die meisten Gäste ruhten nach dem Mittagessen oder lagen am Strand, nur ein schläfriger Portier hinter der Rezeptionstheke starrte ihr nach und wunderte sich nicht. Wer seit 30 Jahren Hoteldienst macht, hat sich abgewöhnt, Launen der Gäste überzubewerten. Außerdem war es heiß, mindestens 30 Grad im Schatten. Das macht müde, vor allem, wenn man allein hinter einer Theke sitzt.
    Cortone stoppte seinen Lauf und blieb oben an der Treppe stehen. Dann ging er zurück in sein Zimmer und rief Dulcan in der Pension Lettenmayer an. Cortone hatte Glück … Dulcan kam gerade aus der Dusche, er hatte kalt gebraust und das Sonnenöl abgewaschen. Housman im Zimmer nebenan stand noch unter dem kalten Strahl.
    »Ted«, sagte Cortone. »Lucretia spielt verrückt. Sie ist auf und davon und will reden.«
    »Wann?«
    »Vor einer Minute.«
    »Es war ein Fehler von dir, Mauri. In unserem Alter sollte man schöne Frauen wie Grapefruit genießen … auslöffeln und die Schale wegwerfen! Ich werde Berties Langeweile aufheitern.«
    »Um Gottes willen, Ted – wir sind in Deutschland!«
    »Auch hier sterben Menschen! Bertie wird es diskret machen.«
    »Ted!« Cortone brüllte los, aber Dulcan hörte es nicht mehr. Er hatte den Telefonhörer hingelegt, ließ Cortones Stimme schnarrend in den Raum fliegen und ging hinüber zu Housman. Bertie Housman würde die Sache schon ins reine bringen. Diskret, versteht sich.
    Holdens Plan erfüllte sich Punkt für Punkt. Man sollte alle Kriminalisten Psychologie studieren lassen.

Uferpromenade
    Ric Holden saß am See auf einer Bank, abseits des Badestrandes und des Rundkurses von geharkten Wegen, auf denen die Kurgäste spazieren gingen und die Befriedigung genossen, sich zu erholen. Helga hatte ihm mitgeteilt, daß Lucretia sie und Cortone beim Mittagessen im Waldrestaurant ›Seeschwalbe‹ überrascht hatte und beim Vorbeigehen an ihrem Tisch undamenhaft und unfein in Helgas Teller gespuckt hatte. Cortone hatte nur Helga zuliebe keinen Krach geschlagen, sondern war mit hochrotem Kopf und erstarrt wie Lots Weib sitzen geblieben. Nachher hatte er sich entschuldigt und erklärt, die feurige junge Dame habe er mit nach Europa genommen, um sie Spezialisten vorzuführen. Sie leide manchmal unter plötzlich ausbrechenden Wahnvorstellungen und benehme sich dann absonderlich. So wie jetzt.
    »Vorzüglich, Darling!« hatte Holden gesagt. »Dann wird es heute noch zum Bruch kommen.«
    Daß diese Ansicht stimmte, erkannte Holden, als er Lucretia auf sich zulaufen sah. Ihr Haar wehte wie eine weißblonde Fahne hinter ihr her, sie ruderte mit den Armen, als sei sie eine der Läuferinnen auf den Olympiabahnen, und als sie Holden auf der Bank bemerkte, warf sie die Hände hoch in die Luft und rief etwas, was Holden nicht verstand.
    Er sprang auf, wartete, bis sie auf ein paar Meter vor ihm war, breitete dann die Arme aus und sagte mit seinem unwiderstehlichen Charme:
    »Komm her, mein Schmetterling!«
    Er sah sofort, daß sie mißhandelt worden war. Ihr Gesicht war geschwollen, auf der sonst so samtigen Haut zeichneten sich deutlich Cortones Finger als Striemen ab.
    »Himmel noch mal!« sagte er mit glaubwürdigem Entsetzen. »Bist du hingefallen? Dein Gesicht –«
    »Liebst du mich?« Lucretia hing an seinem Hals. Ihre Augen sprühten Flammen, und es war faszinierend zu sehen, wie trotzdem dicke Tränen durch dieses Feuer tropften. »Ich muß wissen, ob du mich liebst … Hörst du, ich muß es wissen …«
    »Du bist eine herrliche Frau«, sagte Holden. Er log dabei nicht, Lucretia war wirklich eine ungewöhnliche Schönheit, aber er legte sich mit dieser Feststellung auch nicht in seiner Liebe fest. Lucretia deutete es anders … sie schmiegte sich an ihn, atmete tief durch und wischte mit diesem langen Seufzer Cortone für immer aus ihrer Seele.
    »Sie … sie wollen das Olympiastadion in die Luft sprengen!« sagte sie. »Alle Menschen und vielleicht ganz München dazu.«
    »Wer?« Holden sagte es leichthin, als glaube er so einen Blödsinn nicht. Er brauchte Gewißheit, daß Cortone wirklich den Impulsgeber bei sich führte.
    »Cortone, Dulcan, Housman, Dr. Hassler …«
    »Wer sind diese

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