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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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inspirieren. Bei Verhandlungen und Einsatzbesprechungen stand er meist an dem großen Fenster, blickte in die Ferne und sprühte dann von Ideen. Kaum jemand hätte dann den Harold Josoa Berringer wiedererkannt, der am Abend bieder und still die Steuerbehörde verließ und Freunden Ratschläge erteilte.
    Eine vollkommene Tarnung, sagten seine Freunde im Amt. Er ist das geborene Chamäleon.
    An dem heutigen Tag saß Berringer allein hinter seinem fast immer leeren Schreibtisch (er haßte es, hinter Aktenbergen zu sitzen, was bewies, daß er ganz und gar nicht ein Beamtentyp war), las in einer dünnen Mappe mit ein paar Briefbögen eine Zusammenstellung von Fernschreiben und winkte dem Mann zu, der – wie vorgeschrieben – eintrat, ohne anzuklopfen.
    Es ist leicht, Ric Holden zu beschreiben.
    In den USA gibt es eine bestimmte Sorte Männer, die man überall sieht – im Kino, im Fernsehen, in den Illustrierten, in den Comic-Strips, auf Plakaten, in Werbeanzeigen. Groß, sportgestählt, mit fast viereckigem Kinn, breiten Schultern und schmalen Hüften, wachen Augen, blitzenden Zähnen und einem Lächeln, das Löcher in Panzerplatten schweißt und Frauen einfach zersägt. Das Haar war mittelkurz geschnitten, was etwas anderes ist als mittellang. Mittelkurz ist eine Übergangsstufe zum Crewcut, wie ihn viele GIs bevorzugen. Man erkennt den gut geformten Schädel, aber man sieht auch, daß auf ihm mittelblonde Haare wuchern, die, ließe man sie wachsen, schnell zu einem Urwald würden.
    Solche Männer haben alle Chancen im Leben – sie fallen ihnen zu, als schüttelten sie zeit ihres Lebens nur Bäume mit reifem Obst. Auch Richard Holden hatte sich um sein alltägliches Wohlbefinden nie Sorgen gemacht. Anders war das mit seinem Beruf. Nach dem Abschluß der High-School und einem Studium der Staatswissenschaften war er zunächst Offizier geworden. Natürlich bei der Marine-Infanterie, den berühmten Ledernacken, dieser Spezialtruppe, der man nachsagt, sie habe die brutalste Ausbildung, und wer diese Ausbildung überstanden habe, den interessiere weder der Satan noch der Herrgott. Für Ric Holden und alle die Jungs, die vom Marinecorps kamen, war die Erinnerung an ihre Dienstzeit gespalten: auf der einen Seite eine Kameradschaft, die die Hölle sprengte, auf der anderen Seite ein geradezu unmenschlicher Drill, eine Schule der Härte, die das Rückgrat entfernte und es durch eine Edelstahlstange ersetzte.
    Am Ende seiner Dienstzeit stand Holden vor dem Problem, was er werden sollte. Eines kam von Anfang an nicht in Frage: Offizier beim Marinecorps bleiben. Auch wenn er jetzt befehlen konnte, statt durch Schlamm und Dschungel zu kriechen, so war doch der Dienst eine immerwährende Einschränkung seiner Persönlichkeit. Freiheit aber galt Holden als das höchste Gut des Menschen.
    Als er mit seinen Überlegungen bei der Frage angekommen war, ob er zum FBI oder als Werbemanager in die Wirtschaft gehen sollte – Holden verfügte über Phantasie, einen beweglichen Geist und Zeichentalent –, lief ihm Harold J. Berringer über den Weg.
    Man frage nicht, ob das Zufall oder arrangiert war. Holden lernte Berringer auf einer Party kennen, als er einen Onkel in Washington besuchte. Während die Gäste tanzten, stand Berringer mit zwei Gingläsern an der Wand, winkte Holden zu und sagte, als er ihm das Glas hinreichte:
    »Ric, ich höre, Sie suchen einen Job?«
    »Allerdings.« Holden trank den Gin, Berringer griff hinter sich, wo auf einem Bord eine ganze Flasche stand, goß nach und grinste freundlich.
    »Ich hätte etwas für Sie.«
    »Industrie?«
    »Man kann's so nennen, wenn man großzügig ist. Auf jeden Fall setzen wir mehr Dollar um als manche berühmte Fabrik.«
    »Das hört sich gut an, Mr. Berringer.« Holden trank den zweiten Gin. »Was ist es für'n Job? Werbung? Ich glaube, ich steuere diese Branche an. Sie hat Zukunft.«
    »Es gibt eine andere, die immer Zukunft hatte, hat und haben wird. Die ein Wachstum aufzuweisen hat wie kein zweites Unternehmen. Krisenfest, mit Dollars gesegnet: Bei Krisen steht es um so fester da.«
    »Waffenhandel? Kein Job für mich!« sagte Holden hart.
    Berringer lächelte schief. »Wir liefern Waffen, aber wir nehmen sie auch ab. Wir sind überhaupt der vielseitigste Betrieb auf dieser Erde. Es gibt keine Branche, in die wir nicht investieren. Wie ich Sie einschätze, Ric, würden Sie sich bei uns wohl fühlen. Besuchen Sie mich mal. Aber vorerst Ihre Hand.«
    »Wozu?«
    »Versprechen Sie,

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