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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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blätterte, konnte mithören. »Was willst du?«
    »Ich halte mein Versprechen.«
    »Welches?«
    »Lucretia, die süße, ist zurückgekommen zu dir.«
    Cortone zerbrach den Bleistift, den er in der Hand hielt und starrte hinüber zu Platzer. Er nickte ihm zu, aber Platzer schien plötzlich begriffsstutzig zu sein, oder seine Beine hatten einen Krampf. Er blieb ungerührt sitzen.
    »Wo ist sie?« fragte Cortone rauh. Schweiß sammelte sich auf seiner edlen Stirn. Die weißen Haare wurden klebrig.
    »Vor Tür Nr. 7. Sie wartet. Obwohl sie in einen Pelzmantel gewickelt ist, könnte sie sich auf dem Betonboden erkälten. Ich besaß einmal eine hustende Geliebte. Es war ein phänomenales Erlebnis. Immer, wenn der Husten sie überfiel, schnellte ihr Unterleib vor, eine zur Raserei treibende Eigenart von ihr …«
    »Was hast du Schwein mit Lucretia gemacht?« stöhnte Cortone. »Ted, ich schwöre dir bei meiner Liebe zu meiner Mutter, deren Andenken ich heilig halte wie ein Madonnenbild: Finde ich Lucretia –«
    »Halt!« Dulcans Stimme wurde hart. »Nicht solche Töne, Mauri. Ich verdiene sie nicht. Lucretia ist zurückgekommen, und du kannst dir denken, daß sie nicht so freiwillig gegangen ist, wie sie damals bei mir auftauchte. Ich habe dir ein Geschäft vorgeschlagen, ich benehme mich als kulanter Partner. Du hast Lucretia, ich erhalte eine Beteiligung von 50 Prozent an deinem Münchner Unternehmen. Bleib in deiner Haut, Mauri – ich weiß, wie sehr du an Lucretia hängst.«
    Cortone warf den Hörer zurück. Jack Platzer, noch immer in seinem Sessel hockend, sah ihn mit treuen, aber deutlich bettelnden Hundeaugen an.
    »Tür 7«, sagte Cortone.
    »Das ist eine Falle! Bestimmt ist das eine Falle.«
    »Sieh nach, Jack. Nimm vier Scharfschützen mit.« Er winkte ab, als Platzer noch etwas erwidern wollte. Über seiner Nasenwurzel erschien eine scharfe Falte. Es war sinnlos, weiter zu diskutieren. Cortone war ein gütiger Mensch, ein großzügiger Boß, ein genialer Unternehmer, aber er war auch von der unerbittlichen Härte jener Leute rund um den Ätna, die seit Generationen im Kampf mit dem glühenden Berg stehen und doch immer wieder auf dem zerstörten Boden ihre Häuser bauen und den Vulkan lieben, der sie mit Asche und Lava überschüttet.
    Platzer erhob sich. Er gab nicht viel auf dunkle Ahnungen, aber die Schritte, die er jetzt gehen mußte, waren ihm die schwersten in seinem bisherigen Leben.
    Während Cortone in seinem riesigen Büro ungeduldig wartete und mit einer erstaunlichen Elastizität im Zimmer auf und ab wanderte, die Fäuste gegeneinander schlug und eine Fülle von Versionen durchdachte, wie er Lucretia empfangen und bestrafen sollte, spielte sich im Hinterhof an Tür 7 ein kurzes, hastiges Drama ab.
    Jack Platzer hatte die vier besten Pistolenschützen aus der Garde Cortones ausgesucht. Ihre Aufgabe war sonst die Bewachung der Transporte, mit denen Cortone sich seinen Ruf gefestigt hatte, alles zu liefern, was den Krieg erst schön macht. Wenn die Rebellen im Süd-Sudan Gewehrgranaten brauchten – Cortone lieferte sie. Flehten die Tupamaros in Bolivien nach Minenwerfern – Cortone erhörte ihr Flehen. Und immer begleiteten ein paar sehr wortkarge, aber um so wachsamere Männer die Transporte, lieferten die Ware nur gegen Barzahlung ab und verbreiteten Cortones Ruf, ein guter Partner von geradezu überpenibler Korrektheit zu sein.
    Mit diesen vier Schützen stand Platzer hinter Tür 7 und überlegte. Die Gegend vor der Tür kannte er genau. Eine schmale Straße, hohe Häuser, Lampen an Seilen von Haus zu Haus, keine Reklamebeleuchtungen, eine triste Wohngegend. Der Tür genau gegenüber lag das Haus Nr. 48. Unten ein Schuhgeschäft, darüber sechs Etagen Wohnungen. Erster Stock: Der Lackierer Broddon. Zweiter Stock: Der Mechaniker McLunius. Dritter Stock: Die Witwe Amelia Purson, ihr verstorbener Mann war Schaffner bei der U-Bahn gewesen. Vierter Stock: Der Schneider Wilmes. Fünfter Stock: Zwei Brüder, Tony und Bill Patterson, beide Tänzer in einem billigen Nachtclub und beide schwul. Sechster Stock endlich: Lucius Hombard, Polsterer in der Möbelfabrik Hollord & Sons.
    Die Haustür ohne nennenswerte Nische. Nirgendwo ein Schutz. Die Lampe an dem Seil über der Straße brannte genau über der Tür Nr. 7.
    »Auf!« kommandierte Platzer.
    Die Tür flog auf, schlug gegen die Mauer. Neben ihr, in einem Pelzmantel, einem schönen, teuren Saphirnerz, den ihr Cortone zum Geburtstag geschenkt hatte,

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