Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
ihn mit Haut und Haaren auffraß? War er das erste Opfer? Der Traum von einer Weltsensation … aber der Brocken war zu groß, er konnte ihn nicht halten und wurde unter ihm zermalmt … Wieso kam Beutels nicht auf diesen naheliegenden Gedanken?
    »Ein wenig verworren alles, finden Sie nicht?« sagte Holden und trank das Glas leer. »Ich habe den Eindruck, Ihr Bruder jagte einer Information nach, die keine Information sein dürfte. Damit beginnt die ganze Sache tragisch zu werden.«
    »Sie … Sie meinen, er ist tot?« sagte Helga leise. Holden erwartete, daß sie jetzt weinen würde, aber er täuschte sich wieder in ihr. Sie wurde nur starrer, ihr Gesicht reifer und damit um vieles schöner. Sie faszinierte ihn plötzlich, und er sagte sich, daß er kaum ein Mädchen getroffen hatte, daß eine solche Ausstrahlung besaß. Ein Vulkan in einer Eislandschaft.
    »Mit tragisch meinte ich nicht todbringend«, berichtigte er sich. »Es gibt Menschen, die geraten durch Zufall oder wissentlich hinter eine Tür, die eigentlich verschlossen sein sollte. Meistens ist es ein Gruselkabinett, vor allem, wenn es ein politisches Hinterzimmer ist.«
    »Hans hat sich nie um Politik gekümmert.«
    »Aber um die Olympiade.«
    »Es scheint so. Keiner weiß etwas.« Helga zeigte auf das Glas. »Noch einen Schluck.«
    Holden goß ein, und diesmal trank sie einen großen Schluck von dem Bourbon. Dann sagte sie:
    »Hans ironisierte die Politiker, ja, das tat er. Er entzauberte sie, die Primadonnen der Podien. Was sie sagten, war ihm gleichgültig … nur wie sie es sagten, interessierte ihn. Aber die Olympiade ist doch keine Politik – sie ist Sport.«
    »Das hat man im alten Griechenland so gehalten. In unserer Zeit ist alles politisch, selbst das Biertrinken. Auch hier flammen nationale und wirtschaftspolitische Interessen auf. Wer hier im August ins Stadion einmarschiert, trägt unsichtbar die Devise auf der Brust: Siegen fürs Vaterland! Dabeisein ist alles, ist ein Werbespruch romantischer Manager. Helga –«
    Sie blickte auf, und Holden zuckte zusammen, als sie antwortete: »Ja, Ric?«
    »– ich finde Ihren Bruder!« Er blieb vor ihr stehen und zog sie dann an den Armen vom Stuhl hoch. Sie standen ganz nahe beieinander, ihr Atem wehte zusammen und ihre Blicke stießen zusammen. »Gehen wir irgendwo etwas essen?«
    »Ja.«
    »Haben Sie Vertrauen zu mir?«
    »Vielleicht …«
    »Sie sollten es haben, Helga. Wir müssen beide durch eine verdammt heiße Hölle gehen.«
    Am Nachmittag suchte Holden mit einigen Fragen in petto Beutels in seinem Zimmer auf. Der ›Alte‹, wie er hieß, arbeitete verbissen an einem Grundrißplan des Olympiastadions. Experten hatten die Punkte eingezeichnet, wo sich zwei Bomben am besten eingießen ließen. Eigentlich war das überall.
    »Ich suche einen Hans Bergmann«, sagte Holden direkt.
    »Ich auch!« antwortete Beutels trocken.
    »Seine Schwester war bei mir.«
    »Ein nettes Mädel, nicht wahr? Holden, man hat mir nicht zuviel gesagt: Sie ziehen die Weiber an wie Honig die Fliegen.« Dann wurde er ernst und legte den Rotstift hin. »Machen Sie ihr keine Hoffnung, Holden. Wie kein zweiter kennen Sie das Metier. Bergmann bleibt bis zum 27. August verschollen.«
    Ric Holden verstand.

Ungarischer Grill
    Man soll nicht glauben, Gangster hätten keine Kultur. Al Capone und Lucky Luciano waren Feinschmecker, die Gebrüder Genna liebten Maßanzüge und zweifarbige Schuhe, und Dillinger ließ sich die Nägel maniküren. Maurizio Cortone und Ted Dulcan hatten zweierlei gemeinsam, und das schon von Beginn ihrer Freundschaft in dem elenden Dorf Randazzo am Ätna an: Sie liebten schöne Frauen und abwechslungsreiches, scharf gewürztes Essen. Man muß zugeben: Zwei angenehme Hobbys, die – wenn man sie nicht übertreibt – auch nicht belastend wirken. Gutes Essen kann man verdauen, schöne Frauen verabschieden … zu beidem gehört eine gewisse Ausdauer, aber daran hatte es weder Cortone noch Dulcan je gefehlt.
    An diesem Abend – es war der Abend, an dem Ric Holden über die Leitung der amerikanischen Botschaft in Mehlem bei Bonn einen Bericht an seinen unauffälligen Chef Harold Josoa Berringer gab – trafen sich, wie verabredet, Cortone und Dulcan im Ungarischen Grill des Hilton-Hotels. Beide trugen ihre besten Smokings, waren allein, hatten ihre Schulterhalfter nicht umgeschnallt, wohl aber in der Rocktasche einen kleinen Revolver, spielzeughaft, aber mit großer Durchschlagskraft. Man soll niemandem

Weitere Kostenlose Bücher