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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Und Abetjew schlug regelmäßig auf den Tisch und bekam einen Schluckauf vor Erregung, wenn Lepkin meldete: »Holden ist im Revier!«
    Einmal begegneten sich sogar Abetjew und Berringer. Das war vor zwei Jahren. Holden saß im Moskauer Ljubljanka-Gefängnis, isoliert von allen anderen Häftlingen, Tag und Nacht verhört, aber ohne Erfolg … und Lepkin ließ die gleiche Tortur in Washington über sich ergehen, in einem Haus außerhalb der Stadt, in dem angeblich ein Mr. Plutt wohnte, Grundstücksmakler und Millionär. Nach drei Wochen vergeblicher Bemühungen, Gedächtnislücken bei beiden Gefangenen aufzufüllen, einigten sich Berringer und Abetjew auf einen Austausch ihrer besten Agenten.
    Wie stets geschah dies in aller Stille, auf neutralem Boden, in Italien auf dem Flugplatz. Berringer und Abetjew begrüßten einander sehr steif und formell, fuhren in ein Hotel und aßen sehr wortkarg zu Abend, im Gegensatz zu Lepkin und Holden, die sich umarmten und von da an nicht mehr gesehen wurden. Erst am nächsten Tag tauchten sie gegen Mittag wieder auf, etwas bleich und übernächtigt, und meldeten sich bei ihren Chefs zurück.
    »Sie stinken wieder nach widerlichem Parfüm!« knurrte Abetjew und rümpfte schnüffelnd die Nase. »Die verdammten Weiber, Stepan Mironowitsch.«
    »Sie sollten auch die Römerinnen studieren, Afanasij Alexandrowitsch«, antwortete Lepkin fröhlich. »Ich sage Ihnen, sie stehen in nichts den Weibern von Samarkand nach.«
    »Ich kenne keine Weiber aus Samarkand!« rief Abetjew aufgebracht. »Ich diene dem Vaterland!«
    Berringer machte aus dem römischen Abenteuer keine Affäre. Er empfing Holden beim Mittagessen, kaute genußvoll an einem Steak und nickte ihm nur zu. »Diese Spesen übernehmen wir nicht!« sagte er gemütlich. »Im CIA-Etat ist kein Posten für Puffauslagen vorgesehen.« Dann schob er einen Stuhl vor, zeigte auf den Sitz und bestellte für Holden Cola mit Cognac. Der Fall war ausgestanden.
    Wirklich, man stellt sich den Austausch von Agenten dramatischer vor, aber auch Agenten sind nur Menschen. Holden und Lepkin waren es mit allen Schwächen.
    Daran erinnerte sich jetzt Holden, bevor er noch einmal alles überdachte, was in der letzten Besprechung der Sonderkommission gesagt worden war. Automatisch blieb er bei einer Sache hängen: bei der Freilassung Bossolos.
    Der kleine Italiener war das einzige Nichttheoretische an dem ganzen Fall. Er war zwar harmlos, nur ein winziges Glied in einer noch unbekannten, verdammt langen und dicken Kette, vielleicht sogar das letzte Glied, das man abkneifen konnte, ohne die Kette an sich zu gefährden, aber irgendwie schien Lepkin ein stilles und damit gefährliches Interesse an Bossolo zu haben.
    »Wir kennen uns zu gut, Lepkin!« sagte Holden zufrieden und hob den Hörer wieder ab. »Zum erstenmal wird die Partie 1 : 0 für mich ausgehen.«
    Dann führte er ein Gespräch mit dem CIA-Kollegen im Hauptquartier der US-Armee in Bayern.
    Pietro Bossolo, der kleine Mann mit der Sehnsucht nach kalabrischer Sonne, geriet zwischen Mahlsteine, die ihn zermalmen sollten.

München-Harlaching
    Helga Bergmann wunderte sich nicht, daß Ric Holden draußen vor der Tür stand, als es klingelte und sie öffnete. Statt Blumen – welcher Amerikaner bringt Blumen mit, wenn er nicht bereits von den Europäern verdorben ist? – hielt Ric eine Flasche Whisky hoch und lachte an ihr vorbei mit seinem breiten, jungenhaften Lächeln, von dem er wußte, daß es unwiderstehlich war. Dieses Lächeln legte sein Gesicht in kleine Falten, und es gehört zu den Rätseln der Frauen, daß sie ein fältchenreiches Männergesicht mehr goutieren als eine glatte Haut. Gepaart mit einer gewissen, alles niederwalzenden Brutalität wird so ein Wesen zum Mann, dem man sich ergibt wie einer Meereswelle, der man sich entgegenwirft.
    Holden ging an Helga vorbei in die kleine Atelierwohnung und stellte die Flasche auf den Tisch. Er war für zwei Personen gedeckt, was Holden mit plötzlichem Mißfallen feststellte.
    »Darf ich?« fragte er.
    »Sie sind ja schon drin!« sagte Helga kurz angebunden.
    »Ich habe mir eine Flasche Whisky gekauft –«
    »Das sehe ich.«
    »Lassen Sie mich die Lage erklären, Helga. Also, ich kaufte mir eine Flasche Whisky, ging auf mein Zimmer, starrte die Flasche an und hörte auf einmal, wie die Flasche zu mir sagte: Alter Junge, was ist denn los? Willst du mich allein leertrinken? Welch eine triste Aussicht. Ich schmecke besser in Gesellschaft. Denk

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