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Die Druidengöttin

Die Druidengöttin

Titel: Die Druidengöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Grasso
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und nickte. Herzog Robert war genauso, wie sie sich ihren Vater immer erträumt hatte. Ein Vater wie er, so hatte sie gedacht, war alles, was zu ihrem Glück fehlte. Und nun war ihre ganze Welt auf den Kopf gestellt, ihr Glück hing von ihrem Ehemann ab. Wenn nur Richard frei käme ... Wenn sie nur zu seiner Welt gehörte ... Wenn er sie nur liebte.
    Die Fahrt flußabwärts dauerte länger als gewöhnlich, da mit dem Frühling auch der Handel wieder erwacht war und die große Wasserstraße namens Themse schrecklich überfüllt war. Doch dieser dichte Verkehr schien die Bootsleute nicht weiter zu stören, sie riefen einander Grußworte zu, ob sie sich nun kannten oder einander fremd waren. Die herzogliche Barke fuhr unter der Brücke von London hindurch und an den Docks vorbei, von denen herüber es nach Gewürzen, Korn und Holz roch.
    Bald erblickte Keely die Türme und die grauen Mauern des Towers von London. Sorgenvoll nagte sie an ihrer Unterlippe und fragte sich, wie sie wohl ihren Mann vorfinden würde. Wie Richard sie wohl nach all diesen Monaten begrüßte? Ob er sie vermißt hatte? Ob er an sie gedacht hatte?
    Ihre Barke legte am St.-Thomas-Turm an, der auch als Verräterturm bekannt war. Er war 1290 von Eduard I. errichtet worden, und sein Portal war inzwischen das gefürchtetste Englands geworden. Solch berühmt-berüchtigte Verbrecher wie Anne Boleyn und ihre Tochter, Königin Elisabeth, hatten es durchschritten. Einige waren in die Welt zurückgekehrt, andere waren nicht mehr gesehen worden.
    Keely blickte hoch zum St.-Thomas-Turm, doch sie sah nur ein schreckliches Ungetüm, das ihren Mann verschluckt hatte. »Gequälte Seelen sind durch dieses Tor gegangen«, sagte sie, als ihr Vater ihr aus dem Boot half.
    »Aye«, stimmte Herzog Robert ihr zu und führte sie zum Offiziersquartier. »Denk nicht daran, es könnte dem Baby schaden.«
    »Haben sie Richard ...?«
    »Es bringt nichts, sich über die Sorgen vergangener Zeiten den Kopf zu zerbrechen«, unterbrach der Herzog sie. »Dein Mann erfreut sich bester Gesundheit. Er langweilt sich etwas in der Gefangenschaft, und es beginnt ihn zu stören, daß er soviel Gold verliert.«
    »Du meinst, die Schnitzer beim Privatvermögen der Königin?«
    »Nein, mein Kind«, schmunzelte Herzog Robert. »Von einem so hochstehenden Gefangenen wie deinem Mann wird erwartet, daß er in Glücksspielen an seine Wärter verliert. Eine Art Bestechung. Er verliert beim Karten- und Würfelspiel, und der Wachmann trägt Sorge, daß es ihm an nichts fehlt. Nun, das ist eine der ältesten Traditionen Englands.«
    Keely blieb stehen und sah ihn verdutzt an. »Du willst sagen, ich habe mich wegen eines Mannes schlaflos im Bett gewälzt, der drei Monate lang Karten spielte?«
    »Man kann schließlich nicht ständig Bücher lesen«, entgegnete ihr Vater.
    Herzog Robert führte Keely durch das Offiziersquartier zu dem grasbewachsenen Innenhof auf der anderen Seite der Anlage. Keely erkannte die Kapelle St. Peter ad Vincula wieder, wo sie einst mit Richard der Messe beigewohnt hatte.
    Die Stimmung auf dieser Towerwiese war merkwürdig gedrückt. Eine unheimliche Stille lag in der Luft.
    Als sie auf den Beauchamp-Turm zugingen, der auf der anderen Seite der Wiese und des Richtplatzes emporragte, warf Keely einen Blick zurück über die Schulter auf das Offiziersquartier. Doch sie konnte nirgends den Geist von Königin Anne entdecken.
    Am Eingang zum Beauchamp-Turm erwartete sie der Kaplan. »Seid Ihr bereit, Euer Gnaden?« fragte der Priester, ein unmißverständliches Funkeln in den Augen.
    »Aye, aber ich fürchte, mir fehlt heute das Quentchen Glück«, antwortete Herzog Robert und schüttelte ihm die Hand.
    Der Kaplan nickte Keely zu und führte sie die Treppe hinauf in den ersten Stock. Keely ging hinter ihm, ihr Vater folgte ihr.
    Keely fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, die ganz trocken waren von all der Aufregung. Drei Monate lang hatte sie auf diesen Augenblick gewartet, doch nun war ihr ganz bang ums Herz, und ihr Schritt wurde langsamer. Was war, wenn ihr Mann sich nicht freute, sie zu sehen? Wie sollte sie diesen Schmerz ertragen?
    Und dann hatte Keely das Ende der Treppe erreicht. Beinahe widerstrebend betrat sie das Zimmer.
    Da stand Richard. Als er sie sah, lächelte er und breitete die Arme aus. Erleichtert jauchzte Keely auf und warf sich ihm in die Arme. Die Tränen strömten ihr übers Gesicht.
    Richard drückte sie fest an sich und küßte sie auf den Scheitel.

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