Die Druidengöttin
Frau sollte sich mittlerweile im Schutze von Devereux House befinden, sagte er sich. Dort war sie in Sicherheit, wie lange ihn die Königin hier auch festhalten mochte.
Er hörte Schritte. Richard drehte sich um und sah drei Männer, welche die Wendeltreppe herunterkamen, die zum zweiten Stock führte.
»Euer Bett ist bereit, Mylord«, erklärte der erste Wärter. »Mit Felldecke und allem Nötigen.«
»Das Feuer im Kamin brennt«, fügte der zweite hinzu. »Ich habe genug Brennholz zum Nachheizen bereitgelegt, aber ich werde morgen noch mehr bringen.«
»Vielen Dank.« Richard gab beiden Männern eine Münze, als sie gingen. Er blickte zum Wachmann des Towers. »Und Ihr, Kingston, müßt Euch Eure Münzen verdienen«, lächelte Richard.
»Ich bin schon ganz begierig darauf«, antwortete Kingston und rieb sich die Hände in Vorfreude.
Die Tür ging auf, und der königliche Kaplan trat ein. Der Geistliche trug ein silbernes Tablett mit einem gebratenen Huhn, Brot, Käse und schottischem Whisky herein und stellte es auf den Tisch. »Eure Mutter ist eine Heilige, Basildon. Sie lieh uns ihren Lieblingskoch, um Euch in Eurer Gefangenschaft bestmöglich versorgen zu können.«
Richard setzte sich mit dem Wachmann und dem Kaplan an den Tisch. Er nahm sich ein Stück vom Huhn und fragte: »Sind wir soweit?«
Die zwei Männer nickten begierig.
Richard füllte drei Krüge mit Whisky, legte einen Stapel Karten und zwei Würfel auf den Tisch und meinte: »Gentlemen, das Spiel kann beginnen.«
Siebzehntes Kapitel
Eines Tages, wenn der blaue Mond am Himmel steht. Für immer, wenn Liebende über das Feuer springen.
Diese Weissagung flüsterte die Große Muttergöttin Keely zu. Sie würde ihren Mann sehen, wenn der blaue Mond hoch am Himmel stand, und für immer, wenn die jungen Liebespaare über das Beltanefeuer sprangen. Nach Keelys Berechnung würde der blaue Vollmond am letzten Tag im März dieses Jahres zu sehen sein, und das Beltanefeuer loderte natürlich wie jedes Jahr am ersten Maitag.
Am letzten Märztag, dachte Keely, und Hoffnung keimte in ihrem gramerfüllten Herzen. Für immer am ersten Tag im Mai.
Diese drei Monate vergingen beklagenswert langsam.
Der Januar brachte eisige Kälte. Die Bäume waren mit funkelnden Eiszapfen überzogen. In den Ulmen hatten sich die schimpfenden Stare versammelt, denen es an Futter gebrach. Jeden Nachmittag verbrachte Keely im Park ihres Mannes. Sie fühlte nach Zeichen des Lebens, das in dieser Eiseskälte den Winterschlaf hielt, verfolgte, wie die Knospen ihrer geliebten Eichen schwellten wie ihr Leib. An den Abenden flocht Keely aus den Eichenrinden Beltanekörbe, während der Wolfsmond sich füllte und wieder schwand.
Die Tage wurden allmählich wieder länger, der Schnee schmolz dahin, der Februar war ins Land gezogen. Lichtmeß kam und ging vorbei, so wie der volle Sturmmond. In den Samen unter der Erde begann sich das Leben zu regen.
Der März war gekommen, der Monat der Wiedergeburt, der Hoffnung und des blauen Mondes. Er brachte strahlende Sonnentage. In der ersten Woche stand der volle Saatmond am Himmel. In der dritten Woche kamen die Rotkehlchen aus dem Süden zurück und suchten in den noch braunen Wiesen Nahrung, während ein liebeskranker Star seiner Herzensdame mit einem Ständchen den Hof machte. Die ersten wagemutigen Krokusse brachen sich Bahn und öffneten ihre Kelche der stärker werdenden Sonne.
Der letzte Märztag brach vielversprechend an. Da die Tage ihrer Morgenübelkeit vorüber waren, stand Keely auf, als die ersten orangen Flammen nach dem Himmel griffen. In jeder Pore, jeder Faser ihres Körpers spürte sie die Erregung, die Vorfreude auf ihren Geliebten.
Ihr Druideninstinkt sagte Keely, daß die Göttin weise gesprochen hatte. Heute war der Tag, an dem sie ihren Mann wiedersah: eines Tages, wenn der blaue Mond am Himmel steht.
Keely zog die Stiefel an und hüllte sich in ihren pelzgefütterten Mantel. Sie nahm ihren Beutel mit den heiligen Steinen und der goldenen Sichel und verließ ihr Zimmer.
Der Haushalt des Grafen wachte gerade auf. Keely erreichte unbemerkt den Garten, wo sie die willkommenen Frühlingsboten empfingen. Doch sie fühlte die aufmerksamen Augen wohlwollender Spione auf sich ruhen – Odo und Hew.
Sie lächelte insgeheim. Odo, Hew und Henry beobachteten sie stets, sobald sie den Schutz ihres Hauses verließ. Zu dieser frühen Stunde schlief Henry wahrscheinlich noch neben seiner augenblicklichen Flamme. Somit blieben
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