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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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Brust und lehnte sich im Stuhl zurück.
    Egidius riss die Augen auf. Was zum Teufel …? Der Henker hatte noch mit dem Prediger sprechen können? Er spürte, wie sich sein Puls beschleunigte.
    »Nun gut«, ließ sich Bürgermeister Overstolz von Efferen vernehmen. »Dann berichte uns, was die Befragung ergeben hat.«
    Der Henker räusperte sich. Egidius wurde am ganzen Körper eiskalt. Seine Fingerspitzen begannen zu kribbeln, und er musste mehrfach schwer schlucken. Gleichzeitig schienen ihm seine Lungen ein gleichmäßiges Atmen verwehren zu wollen.
    Der Henker zögerte. Langsam und alles durchdringend ließ er seinen Blick über die Anwesenden schweifen. Egidius meinte, dass er auf ihm etwas länger geruht hatte als auf den anderen Ratsherren. Und in diesem Moment wusste er es: Es war vorbei. Das Pack hatte geredet. Helmes Plan war entweder fehlgeschlagen, oder er hatte ihn dreist belogen. Sobald sein Name fiele, würde es nur noch einen Wimpernschlag dauern, bis der Ratsherr auf ihn zeigen und ihn sogleich abführen lassen würde. Was für eine öffentliche Demütigung. Egidius wurde übel.
    Der Henker räusperte sich. »Ihr edlen Herren«, begann er gestelzt und versuchte damit offenbar seine einfache Herkunft zu überspielen. »Ich habe die Aufrührer befragt, einen nach dem anderen.«
    Der Kerl versteht es Spannung aufzubauen, stellte Albrecht mit einem verstohlenen Lächeln um die Mundwinkel herum fest.
    Der Vorsitzende wurde unruhig. »Und das Ergebnis?«
    »Sie wurden zu ihrer Tat angestachelt und dafür bezahlt.«
    Nun war es heraus, und sofort brach ein wildes Durcheinanderreden los. Weiber auf dem Wochenmarkt hätten sich nicht besser darauf verstanden.
    Egidius sah zum Ausgang. Wenn er jetzt auf und davon springen würde, könnte er womöglich die verblüfften Büttel überrumpeln und ins Freie gelangen. Er lachte kurz auf, worauf sich sofort die irritierten Blicke der anderen Rätler auf ihn hefteten. Nein, hier würde er nicht unbemerkt herauskommen. Um ein unverbindliches Lächeln bemüht, bückte er sich, als sei ihm etwas hinabgefallen. Die Aufmerksamkeit der Umsitzenden richtete sich erneut auf den Henker.
    »Von wem wurden sie zu ihrer Tat angestachelt?«, wollte der Vorsitzende des Rates nun wissen.
    Der Henker trat von einem Fuß auf den anderen. Wyland stellte unruhig fest, dass der Kerl allmählich die Nerven zu verlieren schien, und warf Albrecht einen hastigen Blick zu.
    »Sprecht ganz offen, Henker!«, forderte Albrecht diesen daraufhin auf. »Wer hat sie zu ihrer Tat angestiftet?«
    Der Angesprochene schien wieder an Sicherheit zu gewinnen. »Ein hochgestelltes Mitglied dieses Rates«, verlautbarte er dann.
    Unter den Anwesenden brach ein Tumult aus. Worte der Empörung fielen.
    »Dann nennt uns seinen Namen«, forderte Cornelius, der sich nun von seinem Stuhl erhoben und seinen Blick fest auf den ungeliebten Bruder gerichtet hatte.
    »Nein«, stellte sich Wyland ihm entgegen. »Das ist ehrenrührig. Der Verräter soll Gelegenheit bekommen, sich selbst dem Rat zu stellen. Wird er hier öffentlich eines Vergehens beschuldigt, kommt dies einer Vorverurteilung gleich. Das dürfen wir nicht zulassen.«
    Der Henker sah den Ratsvorsitzenden an, als erwarte er dessen Weisung, ob er den Namen nun laut äußern solle oder nicht.
    Das Stimmengewirr schwoll wieder an. Argwöhnisch beäugten die Ratsherren einander und spekulierten über die Identität des Anstifters in den eigenen Reihen.
    In diesem Moment klopfte es laut an die Tür. Einer der beiden Büttel, die den Eingang rechts und links flankierten, ging daraufhin nach draußen. Als er wieder in den Saal zurückkam, eilte er zu Cornelius und meinte: »Ratsherr Nürnberger, Euer Diener wünscht Euch dringend eine Nachricht zu überbringen.«
    In diesem Moment betrat Baldewin, ohne dazu aufgefordert worden zu sein, auch schon den Raum, eilte zu Cornelius hinüber und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Dieser riss entsetzt die Augen auf und schlug sich eine Hand vor den Mund. Der Diener verbeugte sich vor den Anwesenden und verließ danach den Raum.
    »Was ist dir, Ratsherr Cornelius?«
    Schwer ließ sich der Angesprochene auf seinen Stuhl niedersinken, verharrte dort einen Augenblick völlig regungslos und erhob sich dann schließlich wieder, wobei er die Hände auf den Tisch vor sich stützte.
    »Meine Herren. Ich habe euch eine Nachricht zu überbringen, die euch ebenso bestürzen wird, wie sie mich bestürzt hat.« Er machte eine bedächtige

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