Die Duftnäherin
dem Zimmer.
»Bisher ist alles so gelaufen, wie wir es gehofft haben«, sagte Albrecht leise, als sie die Tür hinter sich geschlossen hatten. Er ging einige Schritte in Richtung Treppe, linste über das Geländer nach unten und kam dann auf leisen Sohlen zu den anderen zurück. »Es sind immer noch einige Ratsherren dort unten, die sich besprechen. Wir können uns aber so lange hier aufhalten, bis jemand heraufkommt.«
»Was ist, wenn wir entdeckt werden?«, fragte Wyland besorgt.
Albrecht legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. »Wir sind drei gestandene Ratsmänner. Wer würde es wagen, uns dumme Fragen zu stellen?«
Wyland war nur im Ansatz beruhigt. Nervös spähte er Richtung Treppe, als erwarte er, dort jeden Moment einige Büttel emporstiefeln zu sehen, die das abgekartete Spiel sofort durchschauten.
»Ganz ruhig«, forderte Albrecht. »Es ist nichts weiter geschehen. Der Henker hat noch keine schriftliche Aussage gemacht, er hat keinen Namen genannt und lediglich ein wenig geschwindelt, als er sagte, die Gefangenen bereits verhört zu haben.« Er wandte sich an den Vollstrecker. »Und dass du das nicht getan hast, kann dir niemand beweisen. Also, ruhig Blut.«
Der Henker nickte. »Und abgesehen davon«, ergänzte Cornelius, »zieht keiner von uns einen persönlichen Nutzen aus der kleinen Vorstellung. Es geht nur darum, den wahren Täter dazu zu bringen, einen Fehler zu machen. Das ist alles.«
Wylands Haltung entspannte sich. Dass der Henker zu diesem Zeitpunkt der Einzige war, dem man wegen seiner Falschaussage an den Kragen hätte gehen können, schien diesem nicht bewusst zu sein. Mit gleichgültiger Miene stand er neben den Ratsherren und wartete auf weitere Anweisungen.
Egidius stützte die Hände auf die Knie und holte keuchend Luft. Nach Beendigung der Sitzung war er aus dem Rathaus gestürmt. Kurz hatte er sich in alle Richtungen umgesehen und überlegt, wohin er laufen sollte. Sobald der Henker dem Schreiber seine Aussage in die Feder diktiert hätte, würde allen bekannt werden, dass er und kein anderer für die Geschehnisse am Dom verantwortlich war. Schnell würden die Oberen ihre Schlüsse ziehen. Dass er Schulden bei den Juden hatte, war nicht ungewöhnlich. Wenn jedoch der Geldverleiher, dieser gottverdammte Benjamin, über die Höhe derselben befragt werden würde, wären Egidius’ Gründe, die Kölner Bürger zu einer Verschwörung gegen die Juden aufzuwiegeln, offenbar. Er fuhr sich mit den Händen über den Kopf und raufte sich die Haare.
»Was tust du da?«
Helmes Stimme hatte einen amüsierten Ton.
Helme! Dieser verdammte Hurensohn, der ihm das alles eingebrockt hatte.
»Du!« Egidius packte den Größeren am Wams und zerrte an ihm.
»Bist du wahnsinnig geworden?« Helme schlug ihm auf die Hände. »Was soll das?«
Egidius’ Augen funkelten wild. »Du bist an allem schuld. Du allein!«
Helme legte einen Finger auf seine Lippen. »Scht! Nicht so laut. Wovon redest du überhaupt?«
»Wovon ich rede?« Die Stimme des Händlers überschlug sich. Er streckte den Zeigefinger aus und drückte ihn gegen Helmes Brust. »Ich rede davon, dass ich mich raushalten sollte. Du sagtest, du würdest alles richten.« Er senkte die Stimme. »Und jetzt werden sie mich drankriegen. Aber das eine sag ich dir, wenn ich stürze, reiß ich dich mit in den Abgrund.«
»Verdammt noch mal! Jetzt sag schon, was geschehen ist!«
Der Ratsmann sah aus, als würde er jeden Moment zusammenbrechen. »Sie wissen alles! Alles, hörst du? Sie wissen, wer das Pack angestiftet hat.«
»Woher?«
»Weil der verfluchte Kerkermeister es befragt hat, bevor du ihm den Garaus gemacht hast, daher!«
Helme verzog unwillig den Mund. »Bist du dir sicher?«
»Und ob ich mir sicher bin.« Egidius schnaubte. »Und der Henker sitzt gerade bei einem der Schreiber und plaudert aus, was er erfahren hat. Wir sind geliefert, mein Lieber. Du und ich vereint am Galgen.«
Bei Egidius’ letztem Wort zuckte Helme fast unmerklich zusammen. Er konnte sich nicht erklären, warum. Nie hatte er Furcht vor dem Sterben gehabt. Doch die Vorstellung, am Galgen zu enden, löste auf einmal eine lähmende Angst in ihm aus.
»Das müssen wir verhindern!«, rief Helme.
»Oh, welch wunderbarer Gedanke.« Egidius lachte hysterisch. »Und sicher weißt du auch schon, wie wir das anstellen werden.«
»Der Henker ist der einzige Zeuge, richtig?«
»Richtig, der einzige.«
»Dann müssen wir ihn daran hindern, deinen Namen zu
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