Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
Vom Netzwerk:
nennen.«
    Der Händler lachte laut auf, riss sich aber schnell wieder zusammen. »Es ist sowieso zu spät. Der Henker wird seine Aussage längst gemacht haben.«
    »Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Ich muss es einfach versuchen«, sagte Helme darauf mehr zu sich selbst als zu Egidius und sprang dann in Richtung Rathaus davon.
    Egidius war unschlüssig, ob er ihm folgen sollte. Einerseits wollte er mitbekommen, was der Freund zu seiner Rettung unternahm, andererseits wollte er so weit wie möglich fort sein, wenn die Büttel, sobald sein Name gefallen war, losstürmten, um ihn dem Rat vorzuführen.

    Nach und nach lösten sich auch die letzten noch im Rathaus verbliebenen Grüppchen auf. Die Ereignisse der letzten Tage hatten die Ratsherren über Gebühr in Anspruch genommen, zumal ein jeder von ihnen noch seinen eigentlichen Geschäften nachzugehen hatte. Zwar konnte es kaum einer von ihnen erwarten, den Namen des Verräters zu erfahren oder gar dabei zu sein, wenn dieser unter dramatischen Umständen der Tat überführt wurde. Und auch die Frage, ob es bei dem Überfall auf den Schlüsselmeister tatsächlich um den Kerkerschlüssel gegangen war, um die Eingesperrten daran zu hindern auszusagen, oder ob womöglich noch einmal etwas ganz anderes dahintersteckte, erregte die Gemüter unvermindert heftig. Doch konnte sich die Klärung beider Fälle noch wer weiß wie lange hinziehen. Und so machten sich die Ratsherren schließlich doch auf den Weg nach Hause.
    Wyland ging vorsichtig über den Korridor bis zum Geländer, sah in den Eingangsbereich hinunter und kehrte dann wieder zu den anderen zurück.
    »Sie sind weg«, berichtete er.
    »In Ordnung.«
    Albrecht gab dem Henker einen Wink. Zu viert gingen sie auf die Treppe zu.
    Die Aufregung, die Wyland schon seit Stunden wie auf glühenden Kohlen sitzen ließ, legte sich allmählich. Nicht mehr lange, und sie hätten es geschafft. Hoffentlich ging alles gut. Ihm lag das Lügen nun einmal nicht, und je länger ihre Finte dauerte, desto unwohler fühlte er sich dabei. Er warf einen verstohlenen Blick zu Albrecht, der schweigend neben ihm herging. Zwei Treppenstufen hinter ihnen war Cornelius dagegen in eine belanglose Unterhaltung mit dem Henker verwickelt, zumindest hörte es sich nicht so an, als ginge es dabei um etwas Wichtiges.
    »Ratsherr Wyland!«
    Die helle Frauenstimme klang freundlich und war ihm bekannt, auch wenn er niemals vermutet hätte, sie in diesem Gebäude zu hören. Und so begrüßte Wyland die Tochter seines Geschäftspartners auch durchaus verwundert.
    »Esther? Was macht Ihr denn hier?«, rief er die Treppe hinab.
    Die junge Frau war vor dem Saal stehen geblieben, in dem vor kurzem noch die Sitzung abgehalten worden war.
    »Kann ich Euch kurz sprechen?«, bat sie.
    »Ist etwas geschehen?«
    Sie trat noch einen Schritt vor, und dann ging alles blitzschnell. Wie aus dem Nichts stürmte plötzlich eine vermummte Gestalt zum Eingangsportal herein und auf die Treppe zu. Sie packte die junge Frau, die ihr im Weg stand, und stieß sie mit Wucht gegen eine der Säulen der Halle, wo sie benommen zu Boden ging.
    Die Männer auf den Stufen brauchten einen Moment, um überhaupt zu begreifen, was vor sich ging. Dann, ehe auch nur einer von ihnen reagieren konnte, zog der Mann, der einen breiten Hut auf dem Kopf trug und ein Tuch um sein Gesicht geschlungen hatte, auch schon ein Gerät unter seinem Umhang hervor, das wie eine viel zu klein geratene Armbrust aussah, zielte mit einer Hand und streckte den Henker mit einem einzigen Schuss nieder. Dieser brach mit einem Pfeil im Kopf lautlos auf der Treppe zusammen. Albrecht fing den leblosen Körper gerade noch in seinen Armen auf, damit dieser sich nicht überschlagen und die Stufen hinabrollen konnte. Wyland und Cornelius tauschten einen hastigen Blick, dann sprang Cornelius in großen Sätzen die Treppenstufen hinab und nahm die Verfolgung des Gesichtslosen auf, der schnell wie der Wind sofort wieder kehrtgemacht hatte und ebenso rasch verschwand, wie er zuvor aus dem Nichts aufgetaucht war.
    Wyland lief zu der am Boden liegenden Esther und half ihr dabei sich aufzurichten.
    »Was ist geschehen?«, fragte sie noch immer ganz benommen.
    Der Angesprochene gab keine Antwort, sondern sah die Treppe zu Albrecht hinauf, der ihm mit einem Kopfschütteln bedeutete, dass für den Henker jede Hilfe zu spät kam. Kurz darauf kam Cornelius im Laufschritt in die Halle zurückgeeilt.
    »Er ist wie vom Erdboden

Weitere Kostenlose Bücher