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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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dort rege Handel getrieben. Zwar waren erste Erfolge im Kampf gegen die Anarchie erzielt worden. Doch Überschreitungen und Übergriffe waren noch immer an der Tagesordnung. Und nicht nur das machte Cornelius zu schaffen. Auch seine eigene finanzielle Situation drohte langsam in eine Schieflage zu geraten. Nachdem er sich einen groben Einblick in Egidius’ Hinterlassenschaft verschafft hatte, stand für ihn fest, dass dieser so gut wie bankrott gewesen war, wobei die Verbindlichkeiten, die er bei den Geldverleihern angehäuft hatte, noch nicht einmal mitberücksichtigt waren. Nun war es an ihm, Mechthild weiterhin standesgemäß zu versorgen, wenngleich er ihr unmissverständlich zu verstehen gegeben hatte, dass er sich außerstande sah, ihren gehobenen Lebensstil weiterfinanzieren zu können. Die Reaktion seiner Schwägerin hatte ihn überrascht. Ohne zu klagen oder Einspruch zu erheben, hatte sie seine Mitteilung zur Kenntnis genommen und lediglich gefragt, ob es möglich sei, dass sie in ihrem Haus blieb oder ob ein Umzug in ein kleineres Heim vonnöten wäre. Cornelius wollte sich noch nicht festlegen, sagte ihr jedoch zu, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um den Verkauf ihres Hauses zu vermeiden. Die Witwe hatte es mit einem freundlichen Kopfnicken hingenommen und sich sogleich wieder ihrer Stickerei zugewandt. Cornelius blieb diese Frau ein Rätsel.
    Ein weiteres Problem bestand für ihn darin, dass Albrecht und er das Anwesen ihres Freundes Wylands verwalteten und mit den nötigen Mitteln versorgten, ohne bislang Nachricht von ihm erhalten zu haben oder zu wissen, ob er überhaupt noch am Leben war. Der Herbst hatte bereits Einzug gehalten, und die ersten Wintertage würden auch nicht mehr lange auf sich warten lassen. Die vierte Jahreszeit war ohnehin schon immer die schwierigste für die Kaufleute gewesen, da die großen Schiffe, die über die weiten Meere fuhren und in fernen Ländern Waren an Bord nahmen, dann wieder in ihre sicheren Heimathäfen zurückkehrten, um dort zu ankern und den schweren Herbst- und Winterstürmen zu entgehen. In diesem Jahr nun hatte Cornelius es durch die schrecklichen Ereignisse und Zustände in der Stadt versäumt, seine Lager ausreichend mit Waren zu füllen, um seine Geschäfte auch während der kalten Jahreszeit betreiben zu können. Er war ein gestandener Mann, der Widerstände stets als Herausforderung empfunden hatte. Doch in seiner jetzigen Situation wuchsen ihm die Schwierigkeiten über den Kopf.
    Sein einziger Fels in der Brandung war sein Freund Albrecht, der einen Teil seiner finanziellen Lasten gemeinsam mit ihm trug und sich vorbildlich dafür einsetzte, dass Wyland während seiner Abwesenheit nicht von seinem eigenen Gesinde übervorteilt wurde. Auch im Rat, der inzwischen auf knapp zwanzig Herren geschrumpft war, stand er ihm bei.
    Die Pest hatte nunmehr ihre gierigen Klauen in fast jede Kölner Familie geschlagen, ganz gleich ob arm oder reich, Patrizier, Knecht, rechtschaffener Bürger oder Lumpenpack. Falsche Prediger liefen durch die Stadt und boten den Menschen an, gegen gute Münze mit ihnen zu beten und den Herrn für ihr gottloses Tun um Vergebung anzuflehen, damit er ihre Lieben vor dem großen Sterben bewahrte.
    Cornelius war der festen Überzeugung, dass die Schnelligkeit, mit der der Schwarze Tod sich ausbreitete, tatsächlich eine Strafe Gottes war, wollte dies jedoch unter keinen Umständen öffentlich äußern. Seit dem Pogrom war ein Unglück nach dem anderen über Köln hereingebrochen, und nur eine feste Hand und eine kompromisslose Ordnung konnten seiner Meinung nach dafür sorgen, dem zügellosen Treiben Einhalt zu gebieten. Der Handel musste zu seiner alten Größe zurückgeführt werden. Nur so und nicht anders konnte Köln vor dem Untergang bewahrt werden, der nach Cornelius’ Überlegungen nicht mehr so weit entfernt war, wie die Gutgläubigen unter den Ratsherren wähnten.
    Er saß über seinen Unterlagen, als es an die Tür seines Kontors klopfte und sein Diener eintrat.
    »Herr! Hier ist ein Bote mit dringender Nachricht für Euch! Er wurde von den Bütteln im Rathaus geschickt.«
    »Lass ihn eintreten.«
    Der Diener machte einen Schritt zur Seite, und ein junger Bursche, der sicher erst seit kurzem im Dienst stand, trat schüchtern ein und zog seine Mütze vom Kopf.
    »Habt Dank, dass Ihr mich empfangt, Herr.« Nervös knetete er seine Mütze in den Händen.
    »Welche Nachricht bringst du?«
    »Nicht weit vor der Stadt hat man

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