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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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wenn die kleine Hure tatsächlich zurückgekehrt wäre, hätte das widerspenstige Ding sich nie einfach zum Sterben hingelegt, sondern die Nachbarn um Hilfe gebeten. Vielleicht war sie ja sogar wieder in Lünen und bei Gerhild, dieser Schlange, untergekrochen. In diesem Fall hätte das kleine Miststück nicht einmal die Wildkadaver entfernt, so dass seine Behausung nun nicht mehr zu gebrauchen war. Wütend ballte er seine Hände zu Fäusten. Wenn er dieses Dreckstück nur endlich zwischen die Finger bekäme.
    Da fiel sein Blick auf einen Gegenstand, der in der Mitte des Tisches lag: einen Ring auf einem Stück Pergament. Er nahm das Schmuckstück und besah es von allen Seiten. Wo zum Teufel hatte er diesen Siegelring nur schon einmal gesehen? Als es ihm einfiel, verengten sich seine Augen, und sein Mund verzog sich zu einem spöttischen Grinsen. Die geschriebene Nachricht konnte er nicht entziffern. Doch er wusste, wer ihm den Brief seines alten Kumpans vorlesen würde. Rasch verließ er die Kate und machte sich auf den Weg zur Kirche. Doch Pater Anselm war nirgendwo zu sehen, das Eingangsportal verschlossen. Zerknirscht sah Helme zur Schänke hinüber. Sie war der einzige Ort, an dem der Gottesmann zu dieser Zeit wahrscheinlich anzutreffen war. Wenn er also nicht noch länger warten, sondern wissen wollte, was auf dem Pergament stand, blieb ihm nichts anderes übrig, als Gerhilds Gezeter in Kauf zu nehmen. Er knirschte mit den Zähnen und stapfte zum Gasthaus. Kaum dass er die Tür geöffnet hatte, verstummten alle Gespräche.
    »Ja, ganz recht. Ich bin zurück.« Er trat ein.
    Aller Blicke waren auf ihn gerichtet. Eine Begrüßung kam jedoch keinem über die Lippen.
    Wie er vermutet hatte, saß der Pater auf einer der Bänke und genehmigte sich einen Humpen Bier. Helme ging zu ihm hinüber und setzte sich auf die Bank ihm gegenüber. Die Gäste, die dort bereits Platz genommen hatten, rückten enger zusammen.
    »Pater Anselm, auf ein Wort.«
    Helme blickte die Umsitzenden drohend an. Ohne dass er nur ein Wort verlieren musste, standen sie auf und suchten sich einen anderen Platz.
    »Helme, wir dachten nicht, dass wir dich hier noch einmal sehen würden. Hast du deine Tochter gefunden?« Der Geistliche bemühte sich um eine ruhige Stimme, was ihm aber mehr schlecht als recht gelang.
    Gerhild spitzte die Ohren. Zu gern hätte sie etwas über den Verbleib des Mädchens erfahren, das ihr über die Jahre hinweg so sehr ans Herz gewachsen war.
    Helme schüttelte den Kopf und reichte dem Priester das Pergament. »Was steht hier drauf?«, fragte er leise und sah sich dabei im Gasthaus um. Ihm war bewusst, dass die Umsitzenden versuchen würden, ihre Unterredung zu belauschen, obgleich einige so taten, als kümmerte sie das Geschehen nicht weiter.
    »Und euch alle hier geht das rein gar nichts an!«, polterte Helme los. »Ich will nur die Nachricht hier von Pater Anselm vorgelesen bekommen, dann bin ich vielleicht schneller wieder fort, als ihr eure Krüge leeren könnt.«
    »Gebe Gott, dass es so ist!«, meinte Gerhild und funkelte ihn dabei herausfordernd an.
    Helme hätte ihr am liebsten mitten ins Gesicht geschlagen. Diesem Weibsstück würde er eines schönen Tages auch noch den Garaus machen. Eine kurze, heftige Welle der Erregung lief durch seinen Körper.
    »Deine Fratze ist in der Zwischenzeit auch nicht schöner geworden!«, konterte er. »Könnte gut darauf verzichten, sie jeden Tag sehen zu müssen.«
    Die Wirtin schien nicht im mindesten beeindruckt. »Wer hätte gedacht, dass wir zwei einmal der gleichen Meinung sind, Helme?« Sie verzog spöttisch den Mund.
    Lange würde er sich nicht mehr beherrschen können. Also wandte er sich wieder Pater Anselm zu und tippte mit dem Zeigefinger auf das Pergament.
    »Es ist eine Nachricht von deinem alten Freund«, flüsterte der Geistliche verschwörerisch.
    »Das weiß ich bereits.« Helme zog den Ring hervor. »Er hat mir auch das hier mitgeschickt.«
    »Es war ein Kurier hier, ein junger Novize, vor vielen Wochen. Gleich nachdem du fort warst.«
    »Dann hat er mir also diese Botschaft hinterlassen?«
    Pater Anselm nickte.
    »Was steht darin?« Er hatte die Stimme noch einmal gesenkt.
    Der Geistliche beugte sich so weit über den Tisch, dass sein Mund an Helmes Ohr war. »Anna ist bei ihm im Kloster. Du sollst dorthin kommen.«
    Er ließ sich wieder auf die Bank zurückfallen und sah sein Gegenüber an. Ein Moment verging, ohne dass Helme auch nur die geringste Regung

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