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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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nahezugehen. Vielleicht erhoffte sie sich aber auch nur, im Falle eines weiteren Überfalls besser geschützt zu sein, wenn sie sich mit allen, also auch mit ihr, Margrite, gut stellte. Margrite wusste es nicht. Doch war es ihr im Moment auch nicht wichtig. Sie fühlte sich zu geschwächt und kraftlos, um jede Geste ihres Gegenübers mit dem ihr eigenen Argwohn auszudeuten. Also griff sie mit einem Nicken in den Beutel und zog einen Apfel hervor.
    »Hab Dank, Binhildis.«
    Die Jüngere nickte und hob kurz die Mundwinkel.
    »Keinem von uns geht’s besonders nach dieser Sache.«
    Gemeinsam setzten sie sich am Wegesrand ins Gras. Wolfker und Otto rückten nicht, wie gewöhnlich, von der Gruppe ab, sondern nahmen ihre Plätze gegenüber den Frauen ein. Anderlin setzte sich an Margrites Seite.
    »Er wusste genau, was er tat«, erklärte er nach einer Weile.
    »Wie?« Margrite wandte sich ihm zu.
    »Der Mann. Cecilies Mörder. Er wusste genau, was er tat. Es war nicht das erste Mal, das schwöre ich euch. Bedenkt nur einmal, wie wenig Zeit er von dem Moment an hatte, an dem ich mich schlafen legte, bis Margrite die Leiche von Cecilie fand. Als Wolfker und Otto gingen, waren nur noch wir drei im Wirtshaus. Und ich hatte den Eindruck, dass der Widerling inzwischen wieder ziemlich klar im Kopf war. Cecilie schien recht angetan von ihm zu sein. Er erzählte uns von seiner Tochter, die er suchte. Die mit den langen, weißblonden Haaren.«
    »Habt ihr ihm etwa gesagt, dass wir das Mädchen gar nicht gesehen haben auf unserem Weg?« Angst lag in Margrites Stimme.
    Anderlin machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ach, wo denkst du hin? Wir sind natürlich bei deiner Geschichte geblieben, dass wir dem Mädchen begegnet sind. Es kam mir auch so vor, als bestätige ihn das in seiner Vermutung, wohin sie gegangen sein könnte.«
    »Und?«
    »Er erzählte Cecilie und mir eine haarsträubende Geschichte, wonach sie nur weggerannt sei, weil sie ihrem Liebsten folgen wollte, der sich aus dem Staub gemacht hat. Sie würde nicht mal genau wissen, wohin konkret sie gehen sollte, und er wolle sie nur suchen und heimholen, damit ihr unterwegs nichts geschehe.«
    Margrite spuckte ins Gras. »Sobald er die Kleine gefunden hat, ganz gleich ob sie nun wirklich seine Tochter ist oder nicht, wird sie auch schon mausetot sein.« Sie stockte kurz. »Wenn sie Glück hat«, fügte sie mit rauher Stimme hinzu.
    »Können wir das Mädchen nicht irgendwie warnen?« Binhildis sah in die Runde. »Ich meine, schließlich wissen wir, was er mit Cecilie gemacht hat.«
    »Wie sollten wir das? Wir wissen weder, wer sie ist, noch, wohin sie gegangen ist.«
    »Er sagte doch, wenn wir aus Würzburg kommen, müssten wir ihr begegnet sein, wenn sie wie wir die alte Königsstraße genommen hat. Demnach muss sie in Richtung Süden gegangen sein.«
    »Zumindest glaubt er das.«
    Für eine Weile sagte niemand etwas. Alle hingen ihren Gedanken nach.
    »Wenn das Mädchen schlau ist«, nahm Anderlin das Gespräch wieder auf, »hat sie ihm eine falsche Fährte gelegt.«
    »Genau das glaube ich auch«, erklärte Margrite. »Ich weiß nicht, weshalb, aber irgendwie wird sie es schon geschafft haben, ihn in die Irre zu führen. Vielleicht aber auch nicht. In jedem Fall können wir sie gut übersehen haben, wenn sie sich abseits der Wege durch die Felder geschlagen hat, ganz gleich wie auffällig sie auch aussieht. Doch wenn nicht …«
    »Wenn nicht? Was denkst du?«
    »Wenn sie ihn wirklich getäuscht haben sollte und nicht Richtung Süden gegangen ist, könnten wir auf unserem weiteren Weg in den Gasthäusern nach ihr fragen. Und auch die Leute, die uns begegnen. Wir können zwar nichts mehr für Cecilie tun, doch vielleicht können wir das Mädchen noch retten. Was denkt ihr?« Margrite wirkte, als gebe ihr dieser Gedanke neuen Mut.
    »Du hast recht!«, entschied Anderlin. »Wir fragen nach dem Mädchen. Und nach dem Kerl auch. Wir reisen viel durchs Land. Irgendwann, eines schönen Tages, werde ich den Mörder wiedersehen, das weiß ich. Ich werde hinter seinem Rücken auftauchen und ihn fühlen lassen, was Cecilie durchmachte, bevor Gott sie von ihren Qualen erlöste.«
    Margrite lief ein Schauer über den Rücken, als sie die Kälte in Anderlins Stimme hörte. Ein Blick in seine Augen genügte außerdem, um zu wissen, dass er nicht nur leere Worte gemacht hatte.

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    7 . Kapitel
    O hne jede Mühe schaffte Anna nicht nur eine, sondern sogar zwei Kutten an einem Tag.

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