Die Duftnäherin
nachdem der ganze Markt auf einmal wie leergefegt war, während Anderlin zufrieden das Holzkästchen begutachtete, in das er und Binhildis das eingenommene Geld gelegt hatten.
»Ihr seid ein Teufelskerl«, sagte er anerkennend zu Hanno. »Durch Euer Geschrei habt Ihr uns mehr Geld eingebracht, als wir auf einem Dutzend Märkte hätten verdienen können.«
Hanno grinste breit. »Das war ja der Sinn der Sache.«
Margrite stand auf, ging zu Anderlin hinüber und griff nach der Geldkatze, die Hanno ihr während seines kleinen Auftritts zugeworfen hatte.
»Die hier gehört dir!« Sie warf sie zu ihm hinüber. Hanno zog die Münzen hervor, die er für die Seife bekommen hatte, die er der letzten Kundin verkauft hatte, und streckte Margrite diese zusammen mit der Seife entgegen.
»Und dies beides dir!«
Margrite nahm die Münzen. »Die Seife behalt. Die hast du dir redlich verdient.«
Er lachte und steckte das Seifenstück und den Geldbeutel wieder ein. »Na dann. Vielleicht sieht man sich mal wieder auf irgendeinem Markt.« Er hob zum Abschied die Hand.
»Warte!« Margrite sah Anderlin kurz an, als müsse sie eine Entscheidung treffen. Doch ohne dass sie ein Wort miteinander gewechselt hatten, schien er zu wissen, worauf sie hinauswollte, und nickte.
»Was hältst du davon, mit uns zu kommen?« Margrite ging um den Verkaufsstand herum und blieb vor Hanno stehen. »Siehst nicht aus, als würde jemand zu Hause auf dich warten. Du könntest dich uns anschließen und auf anderen Märkten das Gleiche tun, was du heute gemacht hast. Am Ende des Tages bekommst du dafür dein Geld, immer abhängig davon, wie viel wir verkaufen konnten. Was meinst du?«
Hanno wirkte verblüfft. Er wusste nicht, ob wegen des überraschenden Vorschlags oder weil er sich fragte, was es wohl für ein Gefühl wäre, nach all den Jahren wieder zu anderen Menschen zu gehören. Einen kurzen Moment beschlich ihn die Angst, dass Margrite es nicht ernst meinen könnte und ihn, sobald er einwilligte, auslachen würde. Doch er schob den Gedanken schnell beiseite.
»In welche Richtung geht ihr?«
»Wir wollen nach Bremen und auf dem Weg dorthin weiter Handel treiben«, erklärte Margrite. »Aber erst einmal muss ich neue Seife herstellen«, fügte sie hinzu.
»Du machst die Seife selbst? Das kannst du?«
Die Verwunderung in Hannos Stimme ließ ein Gefühl des Stolzes in ihr aufkommen.
»Natürlich. Deshalb kann ich sie ja auch so günstig verkaufen.«
»Günstig?« Seine Stimme überschlug sich fast. »Von dem, was du für ein halbes Stück Seife bekommst, kann eine Familie sich einen ganzen Monat lang Essen kaufen.«
»Und dennoch ist meine Seife günstiger als die anderer Händler, glaub mir. Wenn wir erst einmal auf die großen Märkte in Köln und Augsburg kommen, wirst du es schon sehen.«
»Was ist nun?«, schaltete sich Anderlin ein. »Willst du mit uns kommen?«
»Ja, das würde mir gefallen«, hörte Hanno sich selbst sagen, ohne weiter darüber nachgedacht zu haben.
»Dann sind wir uns einig«, stellte Anderlin zufrieden fest und begann seine Waren einzusammeln.
»Was tust du da?«, fragte Margrite. »Wir haben noch nicht einen Ballen Tuch verkauft, und auch die Schnüre liegen unangetastet.« Sie ging zu Anderlin hinter den Stand.
»Mein Täubchen.« Anderlin trat zu ihr, nahm sie trotz ihrer halbherzigen Gegenwehr in den Arm und drückte sie herzlich an sich.
»Wir haben heute so viel verdient, dass wir es uns getrost sparen können, noch für wenige Pfennige auf Käufer zu warten, die, wie du siehst, außerdem schon alle nach Hause gegangen sind. Die anderen Händler packen auch schon zusammen.«
Ärgerlich wischte sich Margrite mit dem Ärmel über die Wange, als Anderlin ihr einen dicken Kuss aufdrückte, sagte aber nichts.
Er lachte gutmütig auf. »Heute, mein Täubchen, lassen wir es uns gutgehen, und du bekommst das beste Essen, das dieses Dorf zu bieten hat. Schließlich weißt du, wie man Wunderseife herstellt.« Er tätschelte ihr den Rücken.
Hanno sah, wie es in Margrite arbeitete, und glaubte fast schon, dass sie Anderlin gleich gewaltig zusammenstauchen würde. Doch dann senkten sich ihre Schultern, und sie legte ihren Kopf an die Brust ihres Begleiters. »Recht hast du. Heute lassen wir es uns gutgehen.« Sie berührte mit der Hand sein Wams, und die Zärtlichkeit, die die beiden miteinander verband, ließ Hanno lächeln.
»Ich glaube, bei euch wird’s mir gut gefallen«, stellte er zufrieden
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