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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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wohliges Kribbeln lief über seinen gesamten Körper.
    »Das ist ein Wunder«, brachte er laut hervor. Wieder drückte er sich die Hände vors Gesicht und atmete tief ein. »Es ist herrlich, berauschend!« Seine Stimme war so laut, dass einige Leute stehen blieben und ihn verwundert ansahen.
    »Es ist unglaublich!«, rief er. »Habt Ihr jemals etwas so Herrliches gerochen?« Er streckte den Menschen seine Hände entgegen. Die Seife verströmte ihren Duft wie ein gerade aufgeblühter Rosenbusch in alle Richtungen. Neugierig kamen die Bürger näher, schnupperten sich weiter voran, bis der Stand von Margrite von einer wahren Menschentraube umringt war. Hanno rief und erzählte weiterhin von einem Wunder, das es zu bestaunen gelte, und selbst die umstehenden Händler drängten herbei, um mitzubekommen, was es mit dem Auflauf an Margrites Stand auf sich hatte.
    »Woher kommt dieser Duft?«, drang die Stimme eines Mannes an Margrites Ohr.
    »Es ist die Seife!« Hanno zog den Schemel zu sich heran, der neben dem Warentisch stand und den Margrite von Zeit zu Zeit zum Ausruhen benutzte. Mit einem Satz sprang Hanno hinauf und streckte seine Hände nach oben.
    »Es ist die Seife!« Er wedelte mit den Händen um sich. Überraschte, teilweise zweifelnde Blicke trafen ihn. Da kam ihm ein Gedanke. Flink sprang er wieder von dem Schemel herab. Ohne Margrite zu fragen, griff er nach ihrem Messer, nahm sich ein Stück Seife und ging damit zu der Wasserschale hinüber. Vorsichtig schabte er mit der Klinge über die Seife und ließ kleine Flöckchen in das Nass fallen. Dann, nachdem er Messer und Seifenstück wieder auf den Tisch gelegt hatte, fuhr er mit der Hand in die Lauge und rührte darin herum.
    »Das müsst Ihr riechen. So duften nur Fürsten, Könige und Bischöfe. Wer so duftet, ist reich, gewandt und kann alles haben.«
    Wie ein Großfürst schritt er durch die Reihen der Menschen, die ihm ehrfürchtig Platz machten. Er trat auf einen Bürger zu.
    »Ihr erlaubt?« Hanno zog seine Hand aus dem Krug, griff nach der des völlig verblüfften Mannes, tauchte sie in das Wasser und zog sie sogleich wieder heraus. »Sagt mir, Bürger«, forderte Hanno mit lauter Stimme, »sagt mir, wer so riecht: Bürger oder Könige?«
    Der Mann führte seine Hand an die Nase und nahm einen tiefen Atemzug. Gespannt warteten die Menschen um ihn herum auf sein Urteil.
    »Könige!«, brüllte er aus voller Kehle. »Nur Könige duften so!«
    Die Menschen jubelten auf. Hanno seinerseits ließ einen kurzen Moment verstreichen, bevor er wieder auf den Schemel sprang und dort einen Augenblick zu überlegen schien.
    »Händlerin!«, rief er dann Margrite zu. »Ich bitte Euch! Lasst mich etwas von dieser Seife erwerben, bevor mir die anderen hier zuvorkommen.« Er zog den Geldbeutel heraus, den er am Vortag der Bürgerin gestohlen hatte.
    »Dies ist alles, was ich habe!« Er warf das Säckchen zu Margrite hinüber, die es geschickt auffing. »Gebt mir dafür so viel Seife, wie ich bekommen kann.«
    »Für so viel Geld bekommt Ihr ein halbes Stück!«, rief Margrite ihm zu. »Die reicht Euch die nächsten zehn Jahre.«
    »Habt Dank!« Hanno sprang von dem Schemel herab und eilte ihr entgegen, um sein halbes Stück Seife in Empfang zu nehmen.
    In diesem Moment brach die Hölle los.
    »Wie viel bekomme ich hierfür?«, rief ein Mann, der eine prall gefüllte Geldkatze in die Luft streckte.
    »Ich habe reine Silberlinge!«, hörte Margrite jemanden rufen, darum bemüht, dem Andrang der Leute standzuhalten.
    So schnell sie konnte, teilte sie die Seife in Stücke, während Anderlin und Binhildis die Münzen in Empfang nahmen, ihr zeigten und die Seife, die es hierfür zu kaufen gab, dann an die Kunden weiterreichten. Schneller, als Margrite es je für möglich gehalten hatte, war nicht mehr ein einziges Seifenflöckchen auf dem Tisch.
    »Wann treibt Ihr hier das nächste Mal Handel?«, fragte eine Frau, die als eine der wenigen keine Seife mehr erhalten hatte und darüber ganz unglücklich war. Margrite wollte gerade antworten, als Hanno hinzutrat.
    »Es bricht mir das Herz, ein halbes Seifenstück zu besitzen, während Ihr, die Ihr Euch nichts sehnlicher gewünscht habt, keines mehr erwerben konntet.« Er griff nach Margrites Messer und teilte sein Stück. Überglücklich nahm die Frau es an sich, drückte Hanno mehrere Münzen dafür in die Hand, dankte ihm noch einmal überschwenglich und eilte davon. Erschöpft ließ Margrite sich auf den Schemel fallen,

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