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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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helfen, wenngleich nicht mit Arbeit«, nahm er das Gespräch wieder auf.
    Der andere blickte ihn interessiert an.
    »Ich suche jemanden, ein Mädchen.«
    Jeschke machte eine einladende Geste zu den beiden Frauen hinüber. »Wie ich dir sagte, das ist mein Gelderwerb.«
    Helme zog die Stirn in Falten. »Kein solches Mädchen. Ein anderes. Es muss vor einigen Tagen hier durchgekommen sein. Vielleicht hat es hier sogar haltgemacht.«
    »Wie sieht sie denn aus, deine kleine Freundin?« Bei diesen Worten bedeutete er dem Wirt, die Krüge erneut zu füllen.
    »Sie ist nicht meine Freundin, sondern meine Tochter«, stellte Helme klar. »Und sie ist mir fortgelaufen, das ungehorsame Ding.«
    »Warum willst du sie dann wiederholen? Töchter kosten doch nur Geld. Lass sie laufen, rat ich dir. Wenn sie unterwegs einen Kerl trifft, sparst du dir sogar noch die Aussteuer.«
    »Hab ich dich nach deiner Meinung gefragt?« Helme blickte mürrisch drein.
    Der Wirt musterte ihn argwöhnisch. Er war bei dem Fremden auf alles gefasst und behielt jede seiner Bewegungen genau im Auge.
    »Hab ihm schon gesagt, dass sie nicht hier durchgekommen ist«, stellte er Jeschke gegenüber klar.
    »Wie sieht sie denn aus?«, fragte dieser.
    Helme sah nicht von seinem Krug auf. »Sie hat blondes Haar, ganz hell. Hast du jemals eine in der Sonne funkelnde Perle gesehen? Genau in dieser Farbe.« Er brachte seine Hand auf Brusthöhe. »Ungefähr so groß und sehr dünn.«
    »Und mit einem Engelsgesicht«, ergänzte Fridel in Erinnerung an die Beschreibung, die der Fremde ihm wenig zuvor bereits gegeben hatte. Helme brummte zur Bestätigung.
    Jeschke setzte den Krug an seine Lippen und leerte ihn. »An so eine könnte ich mich gewiss erinnern, wenn ich sie zu Gesicht bekommen hätte.«
    »Aber sie muss hier durchgekommen sein.«
    »Wohin ist sie denn unterwegs?«
    »Nach Köln.«
    Jeschke kratzte sich nachdenklich das Kinn. »Die alte Reichsstraße führt direkt hier durch. Aber wenn sie an einem der Markttage nur durchgezogen ist und sich nicht lange aufgehalten hat, muss sie auch von niemand bemerkt worden sein.«
    »Bisher wurde sie nur ein einziges Mal auf dem ganzen Weg von Lünen hierher von jemandem gesehen. Es scheint, als halte sie sich von den Leuten fern.«
    »Hat sie denn dafür einen Grund?« Der Wirt sah ihn an und trocknete ein Gefäß, während er sprach.
    Helme verzog angewidert das Gesicht. »Sie hat mich des Nachts bestohlen und sich mit meinem gesamten Geld davongemacht. Ich denk mir, das ist Grund genug, um nicht gesehen werden zu wollen.«
    »Was wirst du mit ihr machen, wenn du sie findest?« Fridel musterte ihn eindringlich und fragte sich insgeheim, ob er es dem Fremden wohl sagen würde, wenn er das Mädchen gesehen hätte.
    »Rechts und links würde ich sie meine Hand spüren lassen, mir mein Geld nehmen und dann nach Hause zurückkehren, während sie sich meinetwegen hinscheren könnte, wohin sie will.«
    Der Wirt glaubte ihm nicht, doch auch das behielt er für sich. Wenn die junge Frau sich wirklich mit dem Geld ihres Vaters davongemacht haben sollte, würde sie auf dem Weg von Lünen sicher bereits die eine oder andere Münze ausgegeben haben. Und der Kerl sah nicht danach aus, als würde er ihr durchgehen lassen, dass sie ihm die Summe nicht auf den Heller genau wieder zurückzahlte.
    Er warf seinem Freund einen Blick zu, und ohne ein Wort gesprochen zu haben, wusste er, dass auch dieser dem Fremden seine Geschichte nicht abnahm.
    Jeschke kannte die Frauen, er wusste, wie sie dachten. Und er kannte die Männer gut genug, um zu wissen, wie sie die Weiber behandelten. Er hatte ein paar Huren, ja, und ihm war auch bewusst, dass es seinem alten Freund Fridel nicht gefiel, womit er sein Geld verdiente. Sicher hatte sich auch das ein oder andere seiner Mädchen geziert, bei einem Kerl zu liegen, der stank wie ein Fisch. Aber am Ende war es noch immer das Gewicht der Münzen in ihren Händen gewesen, das sie, sobald sie ihren Ekel überwunden hatten, versöhnlich stimmte. Und Jeschke war gerecht, wenn es um die Bezahlung ging. Nie nahm er den Frauen alles ab. Wenn ihnen ein Freier, weil er zu betrunken, zu reich oder einfach zu dumm war, mehr gab, als er musste, ließ er ihnen den zusätzlichen Gewinn. Er verlangte immer den gleichen Anteil, der ihm ein angenehmes Leben ohne Sorgen ermöglichte. Und dafür passte er gut auf seine Schäflein auf. Wenn er in all den Jahren ein paar Mal zugeschlagen hatte, dann nie bei seinen Huren,

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