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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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sondern immer nur bei Kerlen, die mehr oder weniger darum gebettelt hatten. Jeder im Ort wusste, dass mit Jeschke nicht zu spaßen war, wenn eines seiner Mädchen schlecht behandelt wurde. Deshalb waren auch einige Huren zu ihm gekommen, die vormals auf eigene Rechnung anschaffen gegangen waren, nun aber gern etwas von ihrem Lohn abgaben, um dafür in den Genuss von Jeschkes Schutz zu kommen.
    Gutmütig klopfte er Helme auf den Rücken.
    »Hier wirst du sie nicht finden, deine kleine Diebin. Wahrscheinlich ist sie längst in Köln angekommen.«
    »Habt ihr noch ein Zimmer für die Nacht?«
    Fridel und Jeschke tauschten fast unmerklich einen Blick, dann schüttelte der Wirt langsam den Kopf. »Bei mir ist kein Platz mehr, bedaure.«
    »Gibt es hier ein weiteres Gasthaus?«
    »Bis ans Ende der Straße und dann Richtung Kirchturm nach rechts. Vielleicht ist dort noch etwas frei.«
    Helme zog ein paar Münzen hervor, legte sie auf den Tresen und ging zur Tür. »Es ist nur für eine Nacht«, teilte er den anderen mit. »Morgen ziehe ich weiter und hole mir zurück, was mir gehört.« Mit diesen Worten verließ er die Gaststube, während der Wirt, lauter, als er es wollte, erleichtert ausatmete.

[home]
    14 . Kapitel
    E inen wie dich habe ich noch nie gesehen«, meinte Margrite und ließ ihren Blick von Kopf bis Fuß über Hanno gleiten.
    »Und eine Schönheit, wie Ihr es seid, ist mir auch noch nie begegnet«, sagte er galant, deutete eine Verbeugung an und schmunzelte.
    Sie lachte auf. »Und nie um ein Wort verlegen. Woher kommst du?«
    Sein Gesicht verzog sich etwas, und er zuckte ratlos mit den Schultern. »Ich war noch klein, als ich im Findelhaus abgegeben wurde. An meine Eltern habe ich kaum noch eine Erinnerung. Nur das hier.« Er zog eine kleine, einfache Holzflöte hervor. »Das ist meine Heimat. Von hierher komme ich.«
    Behutsam legte er das Instrument an seine Lippen und begann leise, eine Melodie zu spielen. Es war kein gängiges, lautes Lied, wie es die Spielleute zur Unterhaltung der Menschen normalerweise zum Besten gaben. So eine Musik wie diese hatte Margrite noch nie zuvor gehört. Sie klang, als drücke Hanno mit jedem Laut eine tiefe Sehnsucht aus. Je länger er spielte, desto langsamer ging die Gruppe, bis Margrite schließlich stehen blieb und auch die anderen innehielten. Otto und Wolfker nutzten die kurze Rast, um den Ochsen am Wegesrand grasen zu lassen.
    Binhildis hatte eine Gänsehaut am ganzen Körper, und selbst Anderlin lauschte wie gebannt den Klängen, die Hanno seiner Flöte zu entlocken verstand. Die Melodie wurde nun schneller, lauter, fordernder und bewegte sich hörbar dem Höhepunkt des Liedes entgegen, dessen Ende Hanno mit langen, klagenden Tönen einleitete, die er variierte, bis er das Instrument schließlich sinken ließ.
    Einen Moment sahen sie ihren neuen Freund nur stumm an. Margrite fand als Erste wieder ihre Sprache.
    »Das war einfach wundervoll. Ich habe nie zuvor jemanden so leidenschaftlich spielen hören. Was war das für ein Lied?«
    »Das war nicht nur ein Lied«, stellte Hanno mit leiser Stimme fest. »Es sind die Klänge meiner Heimat. Irland. Ich bin Ire.«
    »Ire?« Anderlin schien überrascht. »Sind die Iren nicht alle rothaarig und haben grüne Augen? Deine Haare sind dagegen pechschwarz, und deine Augen eifern mit dem Blau des Himmels um die Wette.«
    »Ich weiß.«
    Hanno setzte sich wieder in Bewegung, und die anderen folgten ihm. Als Margrite auf gleicher Höhe mit ihm war, wandte er ihr sein Gesicht zu und meinte: »Und doch bin ich Ire. Ich weiß es.«
    Hanno erzählte ihnen, woran er sich noch erinnerte. Er hatte mit seinen Eltern in einer kleinen Kate gelebt, die direkt an den Klippen gelegen hatte. Ein breiter Weg führte von ihr hinunter zu einer kleinen Bucht, in der regelmäßig Schiffe der Hanse anlegten, um ihre Waren dort zu löschen. Die Güter wurden nach oben in ein neben der Kate gelegenes Lager gebracht und von dort aus an verschiedene Händler weiterverkauft. Hierfür war sein Vater verantwortlich.
    Hannos Aufgabe war es wiederum, dem Vater beim Sortieren und Zuordnen der Waren zu helfen. Die Geschäfte liefen gut, dennoch blieb der Familie kaum mehr übrig, als sie zum Leben brauchte. Wären da nicht die wenigen Schafe gewesen, die sie sich hielten, wäre es ihnen nicht einmal möglich gewesen, ihren täglichen Hunger zu stillen. Doch über die Jahre hinweg schwächte der ständige Zwist mit England das irische Volk. Und damit stieg auch

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