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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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die Feuerstelle zu entfachen und in ihrem Bett schlafen zu können. In ihrem eigenen Bett, das sie sich vor Jahren, als sie sich noch dazu hergegeben hatte, redlich für ihre Dienste an einem Zimmermann erworben hatte. Geld hatte er keines gehabt, war aber brünstig wie ein Bulle gewesen. Fünf Mal hatte sie ihm beiliegen müssen, bis er seinen Teil der Abmachung eingehalten und ihr endlich ein eigenes Bett gezimmert hatte. Es gab ihr ein Gefühl von Geborgenheit, in ihm zu liegen.
    Jetzt beschleunigte sie ihren Schritt und hatte kaum noch Augen für Hanno, der sich redlich mühte, sie mit seinen Melodien zu erfreuen.

    Nur wenige Momente später trat eine weitere Gruppe durch das Bremer Tor. Ihre Mitglieder wirkten erschöpft, und einer von ihnen musste gar auf einer Trage liegen, so geschwächt war er von der Reise. Und auch wenn er weniger dick bekleidet gewesen wäre, hätten die Wachmänner die schwarzen Wölbungen unter seinen Achselhöhlen nicht sehen können. Er selbst meinte, den Teufel bereits kichern zu hören, als er die Augenlider völlig entkräftet schloss, um endlich ein wenig Schlaf zu finden.

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    21 . Kapitel
    U nd ich sage, dass Gott uns strafen wird, wenn wir die Ungläubigen weiterhin in unserer Mitte lassen.« Egidius schnaubte vor Wut und presste seine Hände mit aller Kraft auf die Tischplatte. Er ließ den Blick über seine Gäste gleiten. Nach dem Gespräch mit Helme hatte er sogleich einen Großteil der Kölner Kaufmannschaft zu sich eingeladen, um mit ihnen über die Schwierigkeiten, die seiner Meinung nach durch die Juden in die Stadt gebracht wurden, zu sprechen.
    »Mein Lieber! Wir alle, die wir hier anwesend sind, wissen doch, dass es dir nicht nur um das Wohlgefallen des Herrn geht«, wandte Albrecht, Helmes Gastgeber, ein.
    Die Stimmung unter den anwesenden Kaufleuten war gespannt. Helme beobachtete den Tuchhändler Vogter, der nervös auf seinem Stuhl hin und her rutschte und seinen Blick fest auf den Boden gerichtet hielt, während er sprach.
    »Ja, das wissen wir, da hast du recht. Doch wie und welche unserer Güter können wir überhaupt noch schützen, jetzt wo uns zusätzlich auch noch die Pest im Nacken sitzt? Überall im Land sind Todesopfer zu beklagen, ganze Dörfer wurden ausgelöscht.«
    Egidius zögerte einen Moment, um seine nächsten Worte wirken zu lassen. »Was ist, wenn es gar nicht der Teufel war, der seine Dämonen ausgesandt hat, um die Menschen mit schwarzen Flecken zu kennzeichnen und damit dem Tode zu weihen, sondern Gott selbst?«
    Ein Raunen ging durch den Raum. Kaum einer wagte zu atmen, geschweige denn, die gestellte Frage zu Ende zu denken.
    Egidius setzte nach. »Habt ihr euch alle, die ihr hier als kluge und verständige Männer sitzt, niemals gefragt, warum die Pest schon über so viele Städte gekommen ist, unser schönes Köln aber bisher verschont hat? Ist keinem von euch der Einfall gekommen, dass die Pest nicht Teufels-, sondern vielmehr Gotteswerk ist, um diejenigen zu bestrafen, die seinen Namen missbrauchen?«
    Albrecht rieb sich nachdenklich das Kinn. »Du glaubst wirklich, dass die Tausende und Abertausende von Menschen, die elendig krepiert sind, allesamt Sünder waren? Und was ist mit den Kindern? Manche von ihnen waren kaum lang genug auf der Welt, um sich auch nur einer einzigen Sünde schuldig gemacht haben zu können.«
    »Spotte des Herrn nur ja nicht!« Egidius hielt ihm den ausgestreckten Arm wie ein Schwert entgegen. »Deine Worte sind reine Blasphemie.«
    Albrecht hob abwehrend beide Hände in die Höhe. »Schon gut, schon gut«, beschwichtigte er. »Ich spotte des Herrn keineswegs, nichtsdestotrotz war meine Frage ernst gemeint: Glaubst du wirklich, dass all diese ausgemergelten Kreaturen gesündigt haben und zur Strafe die Pest verdienten?«
    Egidius zuckte mit den Schultern. »Das weiß der Herr allein.«
    Allgemeines Gemurmel kam auf. Die Männer sprachen über den einen oder anderen Pestfall, von dem sie gehört hatten, stellten Mutmaßungen an, ob es dieser oder jener wohl verdient hatte, auf diese Weise zugrunde zu gehen, und hielten sich auch nicht mit Mutmaßungen zurück, wen es in der Stadt wohl als Ersten treffen würde, wenn es wirklich Gottes Wille wäre.
    »Was glaubst du, was uns bisher vor dem Ausbruch der Pest bewahrt hat?«
    Den Mann, der diese Frage stellte, hatte Helme bisher noch nicht kennengelernt. Seine Kleidung war vornehm und aus feinstem Tuch, seine Haare modisch gestutzt und seine Schuhe mit einem

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