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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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wurde, sollte ein jeder von uns. Schließlich sind wir doch so ungeheuer klug, wie der Fremde sagt.« Er hob den Hut zum Gruß, deutete eine Verbeugung an und ging hinaus.
    Helme ballte die Hände in den Taschen seiner Hose zu Fäusten. Er bemerkte, wie die Männer ihm verstohlene Blicke zuwarfen. Dieser verdammte Gockel hatte sie alle gegen ihn aufgebracht. Er hatte Misstrauen gegen ihn gesät, und nun musste Helme zusehen, wie er die Händler wieder auf seine Seite ziehen konnte.
    »Nein!«, sagte er entschieden und begann wieder auf und ab zu gehen. »Ich werde mich nicht zwischen Euch und Euresgleichen stellen.« Er sah die Männer einen nach dem anderen an, um abzuschätzen, bei welchem der Patrizier Misstrauen gegen ihn geweckt hatte. Jetzt galt es vor allem kühl und besonnen vorzugehen und sich keinen weiteren Fehler mehr zu erlauben.
    »Albrecht, mein lieber Freund.« Er ging zu seinem Gastgeber und reichte ihm die Hand. »Ich habe eine Entscheidung getroffen.«
    Er atmete einmal tief durch, als fiele es ihm schwer, den nächsten Satz auszusprechen. »Ich werde noch heute fortgehen und deine Gastfreundschaft nicht länger in Anspruch nehmen. Es wird Zeit für mich, nach Hause zurückzukehren und erst wieder vor Euch zu treten, wenn ich beweisen kann, wer ich bin.«
    Egidius sprang von seinem Stuhl auf. »Aber Helme, was redest du nur? Lass dich doch nicht durch die Worte Wylands aus unserer Mitte reißen!« Er schnaubte. »Glaubst du denn wirklich, dass wir einen reichen Kaufmann nur daran erkennen, dass er uns ein Geldsäckchen unter die Nase hält? Wenn du schon nicht länger bei Albrecht wohnen willst, so nimm denn meine Gastfreundschaft an. Es würde mich kränken, wenn du ablehnst.«
    »Ich habe nie gesagt, dass ich Helme für einen Betrüger halte«, warf Albrecht ein.
    Bei dem Wort Betrüger fuhr Helme unmerklich zusammen. Genau diesen Ausdruck hatte er vermeiden wollen.
    »Ich weiß, dass du es nicht gesagt hast. Doch machen wir uns nichts vor, wir alle wissen, dass du Geschäfte mit Wyland machst und ihm ein guter Freund bist. Und was er von Helme denkt, haben wir alle eben gehört. Es ist daher das Beste, wenn er bei mir unterkommt.«
    Albrecht zuckte gleichgültig mit den Schultern.
    »Vielleicht sollte ich doch erst heimkehren und wiederkommen, wenn ich beweisen kann, wer ich bin«, gab Helme zu bedenken. »Mir wäre wohler, wenn …«
    »Kommt nicht in Frage!« Egidius hob die Hand. »Du wirst uns sicher noch eine große Hilfe sein. Wir brauchen dich hier.«
    Helme seufzte. »Wenn Ihr mich braucht, werde ich Euch nicht im Stich lassen«, entschied er und willigte großmütig ein, noch am selben Tag in Egidius’ Haus zu kommen.

[home]
    22 . Kapitel
    S taunend sah Anna sich um. Fast stolperte sie über ihre eigenen Füße, den Kopf beständig auf die Fachwerkfronten der Häuser gerichtet anstatt auf den Boden. Entzückt berührte sie deren Gebälk und Mörtel und drehte sich immer wieder um ihre eigene Achse.
    »Was denkst du wohl, wohin wir gehen?« Gawins Stimme hatte einen amüsierten Klang.
    »Ich weiß genau, wohin wir gehen«, stellte die junge Frau klar. »Wenn wir dieser Straße folgen, müssen wir uns später rechts halten, den Brunnen hinter uns lassen und dann«, sie legte eine kurze Pause ein, »dann stehen wir vor dem Dom«, entfuhr es ihr schwärmerisch.
    »Du und dein Dom«, spöttelte Gawin. »Hat ihn vielleicht dein Großvater gebaut?«
    Sie lachte hell auf. »Das müsste dann schon mein Urur-ur… ach, ich weiß nicht, der wievielte Urgroßvater das hätte sein müssen.«
    Ihre Schritte beschleunigten sich. Ausgelassen eilte sie die Straße entlang, als wäre sie diese bereits Hunderte Male zuvor schon gegangen und kenne sich bestens aus.
    »Woher weißt du so viel über Bremen?«
    »Meine Mutter«, antwortete Anna. »Sie hat mir alles über diese Stadt erzählt. Sie ist hier aufgewachsen, weißt du.«
    »Und warum ging sie von hier weg? Weil sie deinen Vater geheiratet hat?«
    Anna blieb stehen. »Ich weiß es nicht.« Es klang, als stelle sie sich diese Frage in diesem Moment selbst zum ersten Mal. »Aber gewiss nicht wegen meines Vaters.«
    »Wieso nicht?«
    Ihre Gesichtszüge waren plötzlich ernst, fast schon traurig.
    »Weil sie ihn nicht geliebt hat. Aus welchem Grunde auch immer sie diese wunderbare Stadt verlassen hat, es war nicht wegen ihm. Und nun komm!«
    Sie fasste ihn am Arm und zog ihn mit sich. Sowenig er auch von Anna wusste, einer Sache war er sich nunmehr

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