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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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Hausarbeit helfen. Ich bin schnell und fleißig.«
    Die Ältere bemerkte ihre Verzweiflung und fühlte sich mit einem Mal daran erinnert, dass es ihr einst ebenso ergangen war wie Anna.
    »Kommt mit!«, brachte sie knapp hervor und lief dann sofort los. »Aber ich sag euch, wenn ihr faul seid, verpasse ich euch einen Tritt, dass ihr tagelang nicht mehr sitzen könnt.«
    Anna blickte Gawin verstohlen an und drückte dann kurz seinen Arm. Endlich ein Hoffnungsschimmer!

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    23 . Kapitel
    S elten hatte er sich einer Aufgabe mit so viel Akribie und Sorgfalt gewidmet. Er war tagelang nüchtern geblieben und hatte den Menschen in der Stadt zugehört, um ihre Ängste ausgiebig zu studieren und verstehen zu können.
    Die Kölner Bürger liebten ihre Stadt, waren stolz auf den Dom, verehrten die Gebeine der Heiligen und legten einen für Helme geradezu krankhaften Ehrgeiz beim Reliquienhandel an den Tag. Gerade erst gestern hatte er eine Frau beobachtet, die ehrfürchtig vor einem Mann in die Knie gegangen war und ihm viel Geld gegeben hatte, nur damit er ihr den kleinen Fingerknochen irgendeines Heiligen verkaufte. Dass es sich bei dem Finger um einen schlichten Hühnerknochen handelte, hatte Helme im Vorbeigehen erkannt. Aber das hatte er der Frau nicht gesagt. Sollte der Kerl ruhig weiterhin seine Geschäfte mit der Dummheit anderer Leute machen. Ihm war es einerlei. Der verklärte Gesichtsausdruck der Frau jedoch, als ihr der Knochen übergeben wurde, war ihm im Gedächtnis geblieben. Die Menschen hier suchten Schutz und Glück, sie schienen geradezu erzwingen zu wollen, dass Gott ihnen wohlgesinnt war und seine Hand über sie hielt. Sie würden alles dafür tun, um dem Teufel und seinen Dämonen zu entkommen. Es war nicht nur die Angst vor dem Tod an sich, sondern auch die Sorge, auf Erden nicht genug Gutes vollbracht zu haben, um im Schoße des Herrn die Ewigkeit genießen zu dürfen. Alles, was vermeintlich nicht im Auftrag des Herrn geschah, wurde gnadenlos niedergemacht.
    Folglich stand Egidius nicht allein da mit seinem Hass gegen die Juden, das hatte Helme deutlich erkannt. Die Kölner Bürger fürchteten sich vor der heranrückenden Pest und suchten nach Schuldigen. Es waren schon einige Pestfälle in der näheren Umgebung bekannt geworden. Doch die Seuche hatte sich bisher noch nicht innerhalb der Stadt ausgebreitet, da die an ihr Erkrankten bereits bei den ersten Anzeichen mitsamt ihren Kindern und allen erwachsenen Familienmitgliedern vor die Stadtmauern gebracht wurden, wo sie bleiben mussten, bis sie entweder tot oder wieder gesundet waren. Die Krankheit galt gemeinhin als Strafe Gottes. Deshalb konnte auch niemand, der sich ansteckte, auf die Hilfe seiner Mitbürger setzen. Handelte es sich außerdem noch um einen Juden, war die Sache sowieso eindeutig. Andersgläubige waren selbst schuld, wenn der Herr sie mit den schwarzen Flecken zeichnete.
    Helme überlegte, wie er aus der allgemeinen Lage und der Verfasstheit der Kölner am besten seinen Vorteil ziehen könnte. Das Leben hier in Köln gefiel ihm ausgesprochen gut. Und die Aussicht, dank seiner Lügengeschichten weiterhin das Leben eines Patriziers führen zu können, war eine äußerst verlockende. Aber dafür musste er sich auf Dauer etwas Besseres einfallen lassen. Der Bote, den Albrecht nach Minden mit einer Nachricht an seinen angeblichen Diener ausgeschickt hatte, damit dieser Helme mit frischem Geld und Kleidung ausstattete, würde schon bald unverrichteter Dinge zurückkehren und seinem Herrn berichten, dass er das ihm beschriebene Gut nicht gefunden hatte. Vielleicht hätte Helme aber auch Glück, und der arme Tropf würde unterwegs überfallen und niedergemacht werden. So oder so blieb ihm nichts anderes übrig, als abzuwarten und die Zeit für sich zu nutzen. Wenn es ihm gelänge, sich für einige Menschen hier in Köln unentbehrlich zu machen, würde er womöglich auch noch einen Weg finden, sich in der Stadt als Kaufmann niederzulassen. Bisher hatte er noch immer nicht das Geringste von Anna gehört oder gesehen und war auch auf niemanden gestoßen, der ihr begegnet war. Vielleicht, so mutmaßte er, war sie unterwegs aufgehalten worden und hatte sich einen Ort zum Verweilen gesucht. Doch ihr Ziel war Köln gewesen. Folglich, dessen war sich Helme ganz sicher, würde sie auch eines Tages dort auftauchen. Und er wäre da, um sie in Empfang zu nehmen. Die Vorstellung, was das für ein Schock für sie wäre, ließ sein Glied in der Hose

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