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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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Münzen mehr beiseitelegte, die er Gawin geben würde, wenn er in einem Jahr immer noch hier wäre, sagte er ihm nicht. Auch dass er bereits die Entscheidung getroffen hatte, ihn schon bald als Lehrling ins Zunftbuch eintragen zu lassen und den dafür fälligen Gulden zu bezahlen, ließ er Gawin nicht wissen. Zu oft schon war er von jungen Männern, die bei ihm in Lohn und Brot gestanden hatten, enttäuscht worden. Es schien ihm daher der richtige Weg zu sein, diesen hier möglichst kurzzuhalten.
    »Ich muss nachher noch ins Rathaus!«, rief Jordan durch die Werkstatt zu Gawin hinüber.
    Der hielt das Schabeisen still. »Habt Ihr etwas gesagt, Meister?«
    »Ich muss noch ins Rathaus«, wiederholte der Alte. »Dort sind einige Stühle zu erneuern.«
    Gawins Gesicht hellte sich auf. Das Bremer Rathaus! Wie gern würde er Jordan dorthin begleiten. Schon an der Außenfassade des Eckhauses konnte man erkennen, mit wie viel Stolz und Liebe die Bürger es errichtet hatten. Es erst von innen zu sehen wäre sicher unglaublich. Dabei erhoben sich schon erste Stimmen, die nach einem neuen, noch schöneren riefen. Aber Gawin glaubte nicht, dass sich dieser Wunsch durchsetzen würde, strahlte doch der jetzige Bau schon solch eine Pracht aus, dass sie ihresgleichen suchte.
    Der Meister kam zu ihm herübergeschlichen und tippte ihm auf die Schulter. »Willst wohl gern mal das Rathaus von innen sehen, was?«
    Der Junge sah ihn an und nickte schüchtern.
    »Na, dann klopf dir mal später den Holzstaub von der Hose. Der hohe Ratssaal der Stadt Bremen möchte schließlich nicht schmutzig werden, wenn du ihn dir ansiehst.«
    Gawin war in Versuchung, Jordan zu umarmen, so glücklich war er in diesem Augenblick. Verlegen biss er sich bei dem Gedanken, wie lächerlich er sich mit dieser Geste machen würde, auf die Lippen. »Danke, Meister.«
    »Schon gut. Bist ja ohnehin mehr ein Bildhauer als ein Zimmermann. Die Schnitzereien dort werden dir sicher gut gefallen.«
    »Schnitzereien?«
    »Aber ja, an den Wänden. Du wirst staunen, mein Junge.«
    Jordan wollte wieder zurück an seine Arbeit gehen, überlegte es sich aber anders. »Wir gehen am besten gleich zum Rathaus. Sonst bist du mir hier am Ende noch so in Gedanken, dass du dich am Werkzeug verletzt.«

    Wenig später traten sie durch die schwere Holztür des Rathauses, die beim Öffnen ein lautes Quietschen von sich gab, in die Eingangshalle. »Hundert Mal habe ich dem Tilman nun schon gesagt, dass er die Angeln ölen muss. Verdammt fauler Hund, der.«
    Seine Worte drangen kaum zu Gawin durch, der viel zu beschäftigt damit war, sich staunend um die eigene Achse zu drehen und dabei die Wände emporzuschauen, deren dunkle Holzschnitzereien ihn in ihren Bann zogen.
    »Du läufst noch irgendwo gegen«, grummelte Jordan, nahm den Jüngeren beim Arm und führte ihn auf eine große Treppe zu, deren mit Ornamenten verziertes Geländer sofort die neuerliche Aufmerksamkeit seines Gehilfen auf sich zog.
    Ihre Schritte hallten durch den riesigen Raum, dessen Boden mit Keramikfliesen belegt war. Ein Gefühl von Erhabenheit bemächtigte sich Gawins. Die Großen dieser Stadt gingen hier ein und aus. Männer, vor denen er die größte Hochachtung hatte, Persönlichkeiten, denen das Wohl der Bürger am Herzen lag, die klug und richtig über die unterschiedlichsten Belange der Stadt entschieden und an deren Ratschluss sich jeder Einwohner zu halten hatte.
    »Weißt du eigentlich ein bisschen Bescheid über den Rat?«, fragte Jordan.
    Gawin schüttelte den Kopf.
    Noch während sie die Treppen hinaufstiegen, berichtete der Zimmermann seinem Gehilfen, dass unter der festen Hand des Ratsherrn und amtierenden Bürgermeisters, Heinrich Doneldey, sowohl das Ansehen als auch der Einfluss der Stadt stetig gewachsen waren. Nicht zuletzt wegen der Zustiftungen aus seinem Privatvermögen und seines Einsatzes beim Dombau hatte er seine Position im Rat seit 1335 immer weiter ausbauen und die eigenen Belange fast uneingeschränkt durchsetzen können.
    Ein weiterer Punkt, der dem Bürgermeister in die Hände spielte, war der schon seit längerem andauernde Zwist zwischen Gottfried von Arnsberg und Moritz von Oldenburg um das Amt des Erzbischofs. Eine Einigung war nicht in Sicht, auch wenn Gottfried in Kirchenkreisen für sein Durchsetzungsvermögen bekannt und, von Papst Clemens VI . unterstützt, zum Nachfolger des verstorbenen Erzbischofs Otto I., Graf von Oldenburg, ernannt worden war. Allerdings hatte der Papst

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