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Die Duftnäherin

Die Duftnäherin

Titel: Die Duftnäherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caren Benedikt
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diese Rechnung ohne die Bremer Domherren gemacht, die ihrerseits Moritz Graf von Oldenburg zum Nachfolger von Otto I. und damit zum neuen Erzbischof wählten.
    Sowohl die Bremer Bürgerschaft, insbesondere aber Bürgermeister Doneldey schwankte zwischen den beiden Lagern. Es war allgemein bekannt, dass er sich stets demjenigen zugeneigt zeigte, der seine eigenen Interessen für Bremen am ehesten durchzusetzen versprach.
    Vor einigen Monaten nun hatte Gottfried als Erzbischof in Bremen einziehen können, während Moritz die Stadt hatte verlassen müssen. Die Pläne des Letzteren, seine Rückkehr mit Hilfe seiner Truppen zu erzwingen, waren bisher nicht mehr als ein Gerücht. Doch dass die Angelegenheit bereits ganz ausgestanden sein sollte, wollte niemand so recht glauben.
    Kaum waren Jordan und Gawin im ersten Stockwerk angekommen, als sich ganz am Ende des Flurs auch schon eine Tür öffnete, aus der zwei Männer heraustraten. Gawin blieb stehen. Genauso hatte er sich die hohen Ratsherren immer vorgestellt. Beide waren von kräftiger Statur und trugen lederne Beinlinge und ein seidenes Wams. Der ältere von ihnen hatte bereits ergrautes, aber immer noch volles und wohlgestutztes Haar. Der jüngere und dickere trug sein volles, dunkles Haar im Nacken dagegen zu einer Welle geschwungen und zudem eine schwer wirkende Goldkette um den Hals herum, woraus Gawin schloss, dass es sich bei ihm um Bürgermeister Doneldey handeln musste.
    Sein Herz schien ihm vor lauter Aufregung einige Sekunden lang den Dienst zu versagen. Nervös blickte er zu Jordan, der zielstrebig und offenbar ohne jede Scheu auf die beiden Männer zusteuerte.
    »Da hab ich ja die zwei Richtigen beieinander«, sagte der alte Zimmermann laut.
    Gawin zuckte ängstlich zusammen, so respektlos kam ihm Jordans Begrüßung vor.
    Die Männer unterbrachen ihr Gespräch. »Jordan!«, rief der ältere freundlich. »Wen bringst du uns denn da mit? Hast du endlich einen Dummen gefunden, der deine Arbeit macht?«
    Sie hatten die zwei Ratsherren erreicht und blieben vor ihnen stehen. Jordan stemmte die Hände in die Hüften und straffte seinen Körper.
    »Wenn ich Siegbert von Goossen hieße, vielleicht. Da wär ich’s gewohnt, die Jungen für mich laufen zu lassen.« Er grinste schäl. »Aber ich bin Jordan, der Zimmermann, und mache meine Arbeit daher selbst.«
    Der Ratsherr lachte und faltete seine Hände vor dem Bauch. »Du bist mir vielleicht ein Original! Und wie heißt dein junger Begleiter?«
    Jordan schob seinen Gehilfen etwas vor. »Sein Name ist Gawin, und wenn er so weitermacht, werde ich ihn als Lehrjungen einstellen.«
    Ein Ruck ging durch Gawins Körper. Als Lehrjunge? Er würde eine Lehre bei einem Zimmermann machen dürfen? Er konnte sein Glück kaum fassen.
    Siegbert von Goossen streckte ihm zum Gruß die Hand entgegen. Nur zögernd griff Gawin zu.
    »Der Lehrjunge Gawin also«, stellte von Goossen fest. »Darauf kannst du dir etwas einbilden, Bursche. Der alte Jordan hier hat nämlich an allem und jedem etwas auszusetzen. Wenn er dich bei sich in die Lehre gehen lässt, hast du schon jetzt wesentlich mehr erreicht als so manch ein anderer vor dir.«
    Gawins Augen leuchteten bei diesen Worten vor lauter Freude auf. »Danke, Herr.«
    »Wart ihr schon im Ratssaal?«, meldete sich nun Bürgermeister Doneldey zu Wort. »Wir brauchen dort die gesamte Bestuhlung neu. Wie lange wird das dauern?«
    »Sämtliche Stühle?«, echote Jordan. »Weshalb? Sie werden ja wohl nicht alle auf einmal kaputtgegangen sein.«
    »Das nicht«, bestätigte Doneldey. »Aber sie sind unbequem. Und unser großzügiger Spender hier«, dabei deutete er auf Siegbert von Goossen, »möchte kommodere Stühle für unsere Sitzungen anfertigen lassen.«
    Jordan kratzte sich am Kinn. »Das wird sich schon ein bisschen hinziehen. Aber wir können es so machen, dass wir immer dann, wenn zehn neue Stühle gefertigt sind, diese gegen die alten austauschen.«
    »Aber keine schlichten«, mischte sich von Goossen ein. »Wir wollen schön gedrechselte und mit Schnitzwerk versehene Stühle, die eines Ratssaals würdig sind.«
    »Immer etwas noch Ausgefalleneres.« Dem Klang seiner Stimme war zu entnehmen, dass Jordan das ganz und gar nicht gefiel.
    »Ich könnte die Stühle mit Verzierungen versehen«, traute Gawin sich anzumerken. Hastig warf er dem alten Zimmermann einen fragenden Blick zu. Dessen Gesicht blieb ungerührt.
    »Du kannst solche Arbeiten bereits ausführen?« Von Goossen musterte

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