Die Duftnäherin
ihn fragend.
Nochmals sah Gawin zu Jordan, der ihm mit einem Kopfnicken bedeutete, die Frage des Ratsherrn zu beantworten. Gawin straffte seine Schultern. »Ja, das kann ich, Herr!«
Siegbert grinste breit. »Das dafür notwendige Selbstvertrauen hat er zumindest schon einmal, dein Lehrjunge. Hoffentlich legt er sich nicht auch noch deine Sturheit zu!« Versöhnlich klopfte er Jordan auf den Arm.
»Na, nun komm mal, Gawin!« Der Zimmermann wandte sich zum Gehen. »Wir wollen die hohen Herren schließlich nicht über Gebühr aufhalten.« Über die Schulter hinweg grinste er die beiden Ratsherren frech an. »Schließlich müssen sie das Geld, mit dem sie uns am Ende fürstlich für unsere Arbeit entlohnen, erst einmal verdienen.«
Gawin deutete eine Verbeugung an und folgte Jordan dann mit flinken Schritten.
Hanno sah staunend auf die Schiffe, die in ihrem ganz eigenen Rhythmus im Hafen an- und ablegten, ihre Ladung löschten und neue Waren aufnahmen. Es war lange her, dass er ein Teil dieser Welt gewesen war, und ihm schien, als ob zwischen damals und heute nicht nur ein paar Jahre lagen, sondern ein ganzes Leben.
Soeben legte eine schwer beladene, bauchige Barke am Kai an. Hanno sah, dass sie tief im Wasser lag. Offenbar war der Bootsführer mit seiner überbordenden Fracht auf volles Risiko gegangen, um einen möglichst hohen Gewinn einzufahren. Wäre er in ein Unwetter geraten, hätte schon die kleinste Wassermenge an Deck genügt, um sein Schiff noch tiefer ins Wasser zu drücken und damit dem sicheren Untergang zu weihen.
Kaum dass ein Seemann dem Hafenjungen die Leinen zugeworfen und dieser die Stricke an den Pollern vertäut hatte, trat ein vollkommen verschwitzter Mann an Deck, der den Bootshelfern mit befehlsgewohnter Stimme Weisungen erteilte.
»Eilt euch mit dem Abladen! Ich will keinen trödeln sehen.«
Hanno lief zum Anleger. »Verzeiht, Herr, ich suche Arbeit. Kann ich beim Abladen helfen?«
Der Bootsführer musterte ihn. »Sehr kräftig siehst du ja nicht gerade aus, aber vielleicht hast du flinke Beine. Ich gebe dir zwei Pfennige für die ganze Ladung, aber nur, wenn du dich beeilst.«
Hanno nickte, sprang auf den Kahn, packte die erste Kiste und trug sie über die Rampe auf das Kai. Dort nahm sie ein weiterer Helfer entgegen und lud sie auf einen Karren, der soeben vorgeführt wurde.
Der Bootsführer beobachtete das Geschehen eine Weile. »Wenn du in diesem Tempo weitermachst«, rief er Hanno zu, »gebe ich dir sogar drei Pfennige.«
»Danke, Herr!«, kam die schnelle Antwort von Hanno, ohne dass er dabei in seiner Arbeit innehielt.
Als es Mittag wurde, hatte Hanno insgesamt sechs Booten beim Abladen geholfen. Von manchen Schiffsherren hatte er dafür mehr, von anderen weniger bekommen, doch alle zeigten sie sich mit seiner Arbeit zufrieden. Vierzehn Pfennige hatte er eingenommen, und zufrieden spürte er das Gewicht der Münzen in seiner Tasche. Erschöpft ließ er sich auf einem großen Findling nieder. Sein Magen knurrte, und einen Augenblick überlegte er, sich im Gasthaus eine anständige Mahlzeit zu gönnen. Doch kaum hatte er den Gedanken gefasst, als auch schon das nächste Schiff anlegte. Es war die reich verzierte Kogge eines Gewürzhändlers. Gewürze waren, selbst in großen Mengen verpackt, keine schwere Last. Doch tat ihnen die salzige Seeluft nicht gut. Wahrscheinlich würde der Eigner gut dafür bezahlen, die Ladung so schnell wie möglich vom Boot zu bekommen. Nur noch dieses eine Schiff, entschied Hanno, dann würde er mit seinen Einnahmen in Margrites Haus zurückkehren. Dort gäbe es auch etwas zu essen, und er könnte sofort Unterkunft und Verpflegung für eine Woche bezahlen. Zufrieden erhob er sich von dem Stein und dehnte seine schmerzenden Glieder.
»Braucht Ihr Hilfe beim Abladen?«, rief er dem Bootsführer des Gewürzschiffes im Laufen zu. »Ich arbeite schnell. Wie viel bezahlt Ihr?«
»Siehst du, das Wasser beginnt bereits, sich seinen Weg zu suchen.«
Anna kniete vor dem mit einem Siebboden versehenen Weinfass.
Margrite hatte ihr die Konstruktion erklärt und mit ihr gemeinsam den Holzbehälter befüllt, in dem im ersten Schritt Holzasche und Regenwasser zu einer Lauge gewandelt werden sollten.
Zunächst hatte Margrite ihr gezeigt, dass in den Boden des leeren Gefäßes feine Löcher gebohrt worden waren, um das Wasser später ablaufen lassen zu können. Danach hatten sie als erste Schicht kleine Steine in das Fass gelegt, hierauf eine Lage Stroh
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