Die Dunkelheit in den Bergen
Rappen einen flotten Trab hinlegen.
In der Zuchtanstalt Sennhof, wo sie gegen neun Uhr eintrafen, hatte es keine nennenswerte Vorgänge gegeben. In den Zellen war es ruhig. Die Landjäger Venzin und Arpagaus waren von ihrer Suche nach den entwichenen Weibern und dem falschen Arzt noch nicht zurück. Nachrichten von ihnen gab es auch nicht. Nach dem kurzen Rapport von Wachtmeister Caviezel machte sich der Baron auf den Heimweg.
Es war ein langer Tag gewesen. Die alten Aufgaben waren ungelöst liegengeblieben, eine neue schwierige Aufgabe war dazugekommen. Als versuchte er ihnen zu entfliehen, eilte der Baron allein und zu Fuß den kurzen Weg durch die Gassen. Er dachte dabei an seine Frau, die ihn am frühen Morgen mit einem Versprechen verabschiedet hatte. Er sah das Leuchten in ihrem eindringlichen Blick deutlich vor sich, heute Abend schien ein geeigneter Zeitpunkt, die ehelichen Pflichten wahrzunehmen. Der Gedanke daran trieb den Baron zur Eile an.
Es war dann auch keiner von der Dienerschaft, sondern seine Gemahlin, welche ihm die Tür öffnete. Sie hatte Vinzenz und die Mägde bereits unters Dach in ihre Kammern geschickt und sich erbeten, heute nicht mehr gestört zu werden. Josepha drückte die Haustür ins Schloss und schob den Riegel vor. Dann drehte sie sich um und umarmte ihren Gatten.
Du kommst spät, sagte sie, ich habe schon gehört, was in Bonaduz passiert ist.
Ein fünffacher Mord, niemand weiß genau, was dort geschehen ist, sagte der Baron und sah für einen Augenblick die beiden nackten Leichname vor sich, wie sie in der kleinen Kammer aufeinanderlagen. Seine Gemahlin erschien ihm in diesem Augenblick so lebendig, wundervoll duftend und warm. Die Schöße ihres Morgenmantels rauschten, als sie vor ihm die dunkle Treppe ins obere Geschoss hochstieg.
Du musst müde und hungrig sein, sagte sie, aber er beschwichtigte sie: Nein, nein, wir waren zu Gast im Schloss Rhäzüns. In Anbetracht der traurigen Umstände, die uns dorthin geführt haben, war es ein angenehmer Besuch. Großrat Vieli hat uns verköstigt und lässt dich grüßen.
Ich gieße uns einen Tee auf. Die anderen habe ich schon hochgeschickt, damit wir ungestört sind.
Sehr gut, sagte der Baron. Er hatte das feine Gurren in ihrer Stimme nicht überhört, leichte Schwingungen, die ihn in freudige Erregung versetzten.
Während Josepha in die Küche ging, zündete der Baron ein Nachtlicht an, entledigte sich der Koppel, des Gehrocks und der Schuhe und der restlichen Kleider. Er wurde zu einem jungen Mann Anfang dreißig, der sich freute, endlich zu Hause zu sein und eine schöne Frau zu haben, die gleich ins Schlafzimmer kommen würde. Mittlerweile war er nackt. Aus dem Krug, der auf der Kommode stand, goss er warmes Wasser in die Porzellanschüssel und bediente sich des Waschlappens. Es war ihm peinlich, dass sich seine Vorfreude so schnell körperlich bemerkbar machte, und er trocknete sich rasch ab.
Seine Gemahlin trat mit einem Tablett, auf dem sie Teekanne, Tassen, Teller, Zuckerdose und Gebäck angerichtet hatte, ins Zimmer. Der Gürtel ihres Morgenmantels hatte sich versehentlich gelöst (oder mit Absicht?), die Schöße klafften leicht auseinander und erlaubten ihm einen Blick auf die Rundungen ihres Körpers. Sie konnte das Tablett gerade noch auf den Tisch stellen und sich umdrehen, als er seinen Körper an ihren presste. Sie spürte die Dringlichkeit seiner Umarmung, schob mit einer Hand die Schöße ihres Morgenmantels beiseite und hielt sich mit der anderen an seinem Nacken fest, während er sie mit einem Walzerschritt drehte und mit ihr auf das Bett fiel, auf sie fiel, auf ihren duftenden, warmen Körper, zwischen ihre gespreizten Beine, in sie eindrang und sich in ihr ergoss, mit einem tiefen, verzweifelt klingenden Stöhnen, als würde sich eine feine Degenklinge in sein Herz bohren.
Als sie hinterher auf dem Bett lagen, Tee tranken und Gebäck knabberten, fiel sein Blick an Josepha vorbei auf den Spiegel hinter ihrem Rücken. Es war eine warme Nacht und nicht nötig, sich zuzudecken. Den Morgenmantel hatte sie abgestreift und achtlos auf den Boden fallen lassen. Er sah die wohlgeformte Linie ihres nackten Körpers, spürte seine wiedererwachende Lust und wunderte sich, was für eine Lebensenergie sich am Ende dieses anstrengenden Tages in ihm regte. Er sah seine Lust im Spiegel wachsen und erregte sich auch an diesem Anblick (oder hauptsächlich deswegen?), rückte näher an Josepha heran und küsste sie. Das zweite
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