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Die Dunkelheit in den Bergen

Die Dunkelheit in den Bergen

Titel: Die Dunkelheit in den Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvio Huonder
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gehöre dem Casutt.
    Hostetter schlug der Einsiedler Stute die Zügelenden rechts und links auf die Schultern und trieb sie zum Galopp an. Rauchs Freiberger folgte in schnellem Trab.
    Beim ersten Haus im Dorf stand die Tür offen. Vor dem Stall auf einem Holzschemel saß ein bärtiger Mann. Zwischen seinen Beinen steckte ein Metallpflock, auf dem er mit einem Hammer ein Sensenblatt bearbeitete. Kinder kamen neugierig aus dem Haus gerannt und blieben misstrauisch vor dem fremden Reiter stehen. Sie waren barfuß, ihre Kleider zu klein oder zu groß und zusammengeflickt. Die Einsiedler Stute war ins Schwitzen gekommen, der Bauch dunkel vor Nässe, zwischen den Hinterbacken hatte sich Schaum gebildet. Sie schnaubte heftig und schüttelte die Mähne, um die Fliegen abzuwehren, die sich auf sie stürzten.
    Der Bärtige blickte kurz auf, hörte aber nicht auf zu dengeln. Sein Bart war imposant, ein buschiger schwarzer Kranz um die gesamte untere Gesichtshälfte.
    Wir suchen den Casutt Josef, sagte Hostetter.
    Ja und dann?, gab der Bärtige zurück.
    Landjäger Hostetter und Landjäger Rauch, grüßte Hostetter und stieg ab. Wir suchen einen Tiroler namens Rimmel Franz und haben gehört, dass der Casutt Josef heute Morgen jemanden aus dem Heustall verjagt hat.
    Statt eine Antwort zu geben, legte der Bärtige die Sense und den Hammer hin, erhob sich und ging in den Stall.
    Hostetter und Rauch sahen einander verwundert an. Die Kinder glotzten mit offenen Mündern. Bevor Hostetter dem Bauern hinterhergehen konnte, kam dieser wieder heraus. In der Hand hielt er eine schwarze Seidenkappe.
    Heute Morgen, sagte er, hab ich den fremden Fötzel gefunden. Der hat im Heu geschnarcht, als ob er hier zu Hause wär. Hab ihn gleich aufgeweckt. Der ist aufgesprungen, als hätte ihn eine Kreuzotter gebissen. Dann ist er davongerannt. Die hier hat er im Heu liegen lassen. Der Bauer reichte die Seidenkappe Hostetter, der sie eingehend betrachtete und dann einsteckte.
    Vor einiger Zeit, drei Wochen vielleicht, sei er Franz Rimmel einmal begegnet. Wenn er es denn wirklich war. Auf dem Glaspass, nicht ganz oben auf der Passhöhe, etwas unterhalb, noch im Wald. Er, der Casutt Josef, sei gerade dabeigewesen, einen Stamm zu schälen, als der kleine magere Kerl plötzlich auftauchte, in einiger Entfernung stehen blieb und ihm, dem Casutt Josef, eigenartige Dinge zurief. Dass er ihn rasieren werde, wenn er nicht verschwinde, und dass er ihm das Herz aus der Brust reißen werde. Der Kerl sei zwar klein und schmächtig gewesen, aber trotzdem unheimlich. Er habe beim Reden so stark in den Himmel geschielt, dass man nur noch das Weiße im Auge gesehen habe.
    Meinen Bart, sagte der Bärtige und lachte hustend, den lass ich mir von keinem rasieren, nicht mal vom Teufel persönlich, das ist sicher. Aber weil mir die Drohungen nicht geheuer waren, der Mann schien nicht ganz bei Verstand, da habe ich die anderen herbeigeholt, die weiter unten im Wald die Holzstämme richteten. Als wir an den Platz zurückkamen, war der Schielende verschwunden. Die andern meinten, dass dies wahrscheinlich der Rimmel Franz gewesen sei. Ein komischer Kauz, aber ein harmloser.
    Harmlos wohl nicht, sagte Hostetter. Ob der Casutt Josef nicht gehört habe, was in Bonaduz passiert sei?
    Doch, sagte der Bärtige, ob denn das wahr sei, was die Leute erzählen.
    Drei Menschen sind getötet worden, antwortete Hostetter. Wer es getan hat, werden wir herausfinden.
    Wie Landjäger seht ihr aber nicht aus, sagte der Bärtige abfällig, wo habt ihr denn die Uniform gelassen?
    Dafür ist keine Zeit gewesen, sagte Hostetter barsch, die Zeit drängt, und der Verdächtige ist auf der Flucht.
    Der Mann, den ich heute Morgen aus dem Heu gescheucht habe, war vielleicht nicht derselbe wie auf dem Glaspass, aber genau gesehen hab ich ihn nicht, der Kerl ist davongerannt, ohne irgendetwas zu sagen. Ich bin ihm noch gefolgt, raus vor den Stall, aber er hat sich nicht mehr umgedreht. Nur das Käppi hat er liegen lassen.
    In welche Richtung ist er denn geflohen?, wollte Hostetter wissen.
    Weiter ins Tal hinein, sagte der Bärtige und wies mit dem Arm nach Süden.
    Und wann war das?
    Vor zwei, drei Stunden.
    Die Pferde waren während des Gesprächs Schritt für Schritt immer näher zum ausgehöhlten Baumstamm hingegangen, der vor dem Stall als Brunnentrog diente. Nun tauchten sie ihre Mäuler ein und tranken. Rauch stieg ab und hielt die Feldflaschen unter das Wasserrohr.
    Hostetter ließ sich vom Casutt

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