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Die Dunkelheit in den Bergen

Die Dunkelheit in den Bergen

Titel: Die Dunkelheit in den Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvio Huonder
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vermutlich nach Österreich. Dem Churer Bürger würde erst einmal keine Gerechtigkeit widerfahren und der Tod seiner Frau ungesühnt bleiben. Die Mühlen der Justiz mahlten langsam. Aber unaufhörlich. Baron von Mont war dabei, bezüglich des falschen Arztes einen Brief an das Zivil- und Kriminalgericht Vorarlberg zu schreiben. Es war wichtig, einander über die Grenzen hinweg mit Nachrichten zu versorgen. Früher oder später würde der Verbrecher im Netz der Justiz hängen bleiben.
    Vor dem Mittagessen, das er zu Hause in der Süßwinkelgasse einnehmen wollte, stattete er Franz Rimmel einen Besuch in der Zelle ab. Er wollte nochmals persönlich die Sicherungsvorkehrungen überprüfen. Der Ausbruch der Weiber hatte ihn misstrauisch gemacht. Wachtmeister Caviezel wies auf das starke Türschloss und ließ den Baron durch die Luke in die Zelle blicken. Rimmel saß auf dem Strohlager. Sein Blick wich dem des Verhörrichters aus. Anstelle seiner eigenen Kleider trug er nun die Häftlingskleidung, lange weiße Baumwollhosen und ein ebensolches Hemd mit langen Ärmeln.
    Der Verhörrichter kündigte an, dass das Verhör im Beisein der anderen Richter am morgigen Tag beginnen werde.
    Nach dem Mittagessen mit seiner Gemahlin legte sich der Baron für einen kurzen Verdauungsschlaf hin. Am Nachmittag hatte er verschiedene Unterredungen in der Stadt, die der Vorbereitung des Prozesses dienten.
    Als er in den Sennhof zurückkam, erwartete ihn dort eine überraschende Neuigkeit. Ein Bote hatte etwas abgeliefert, was dem Landammann Locher aus dem Safiental gebracht worden war. Ein Bauer hatte es im Heustall gefunden und beteuert, dass es vom gleichen Mann vergessen worden war, hinter dem die Landjäger her waren. Derselbe Mann habe auch sein Seidenkäppi im Heu vergessen. Der Landammann hatte den Fund umgehend an das Verhörrichteramt geschickt.
    Wachtmeister Caviezel zeigte dem Baron, was abgegeben wurde: ein Wanderstock, hübsch anzusehen, mit einigen Verzierungen und Silberbeschlägen. Fürs Viehtreiben jedenfalls viel zu schade. Der Baron wusste nicht recht, was er davon halten sollte, da zog Wachtmeister Caviezel plötzlich am Griff des Stocks und hielt ein Stilett in der Hand. Die Waffe wies eine dreikantige Klinge auf, zwei Handbreit lang und nadelspitz.
    Der Baron nahm sie in die Hand und betrachtete sie erstaunt. Eine wertvolle Waffe, sagte er. Und die wurde von Rimmel im Safiental zurückgelassen?
    So soll es gewesen sein, sagte Wachtmeister Caviezel.
    Es wurde gleich nach Doktor Gubler geschickt, der nach einer Stunde endlich gefunden war und zum Sennhof kam. Nach gründlicher Begutachtung der Klingenform waren sie sich einig: Das Stilett war die zweite Tatwaffe.
    59 Hostetter und Rauch ließen sich an ihrem freien Tag in Chur als Helden feiern. Das war auch höchste Zeit. Endlich waren sie richtig angekommen. Der Baron hatte ihnen zwar eingeschärft, keinerlei Einzelheiten über den Mordfall weiterzutragen. An keinem Ort und zu keiner Person. Für den schweigsamen Rauch war das ein überflüssiger Rat. Und Hostetter musste ihre Verdienste eben allgemein herausstreichen, blumig umschreiben, starke Andeutungen machen. Was er sehr gerne tat. In der väterlichen Viehhandlung, wo sie zusammen eine Dachkammer bezogen. Danach beim Hufschmied Mohn, wo Rauch endlich seinen Onkel begrüßen konnte.
    Der Karli ein Landjäger?, rief dieser aus, das wird ja was werden!
    Einer der besten, rief Hostetter, seinem langen Arm entkommt keiner!
    In der Goldgasse entdeckten sie einen Herrenfriseur. Sie ließen sich die Haare und die Bärte stutzen. Hostetter berichtete von der Gefährlichkeit ihres Auftrags und von ihren außerordentlichen Fähigkeiten als Landjäger, die der Verhörrichter, Baron von Mont, so gerühmt hatte. Er sprach ausführlich über ihre Reitkünste, wobei er die Salbe nicht erwähnte, die er von seiner Mutter bekommen hatte, um das wundgescheuerte Hinterteil zu pflegen.
    Der Backenbart!, rief Hostetter, der muss bleiben. So trägt ihn der Herr im Württembergischen.
    Am Nachmittag führte sie Wachtmeister Caviezel ins Kantonsmagazin, wo sie ihre Uniform erhielten: einen Hut, einen grauen Rock mit grünen Aufschlägen und Kragen, eine grüne Weste, ein paar lange Hosen, zwei Paar Schuhe, zwei Paar Sohlen und einen Mantel. Rauch musste mit seinen Hosen gleich zum Schneider gehen, um an den Beinen ein Stück ansetzen zu lassen.
    Am Abend spazierten sie uniformiert durch die Stadt, kreuz und quer, hin und her, bis

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