Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die dunkle Armee

Titel: Die dunkle Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
Vom Netzwerk:
und detailliert zur Sache kamen, und das bereitete Roberto größere Sorgen, als er zugeben wollte. Eine Invasion der Tsardonier. Die Konkordanz war einfach noch nicht bereit.

 
4

    859. Zyklus Gottes,
    1. Tag des Genasauf
     
    M irron schlenderte mit Arducius und Ossacer über den großen Hof mit seinen Springbrunnen, den Rasenflächen und den mit Marmor ausgelegten Wegen. Sie kamen an der Basilika vorbei und betraten den Palast, vor dem die Flaggen aller Mitglieder der Konkordanz wehten, auch wenn die Bündnistreue einiger Länder höchst zweifelhaft war.
    Sie wurden in ein kleines, luxuriös ausgestattetes Empfangszimmer geführt. Es war ein kühler Tag, aber das Hypokaustum wärmte unter ihren Füßen den Boden.
    Zwischen all der Pracht, den Büsten, den Wandbehängen und den Möbeln, an die Mirron sich wohl nie würde gewöhnen können, wartete an diesem Tag voller Überraschungen noch eine weitere auf sie.
    »Paul!«, rief sie und stürmte ihm entgegen.
    Sie verschwand fast in den Armen des großen Mannes. Er war der Vater, den sie nie gekannt hatte, und der Mann, der ihr öfter das Leben gerettet hatte, als sie zählen konnte. Paul Jhered, der Schatzkanzler der Konkordanz.
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag«, sagte er.
    »Warum warst du nicht bei der Feier?«
    »Staatsangelegenheiten, könnte man sagen.« Er gab sie frei, trat einen Schritt zurück und deutete auf eine Liege. »Setz dich doch, Mirron. Ihr anderen auch.«
    »Was ist denn los?«, wandte Mirron sich besorgt an ihre Brüder. »Nun?«
    »Wir wissen nur, dass der Schatzkanzler mit uns allen sprechen wollte. Deshalb wurden wir aus Morasia zurückgerufen«, erklärte Ossacer.
    »Der ehemalige Schatzkanzler«, widersprach Jhered. »Ich bin in den Ruhestand getreten, sobald ich wieder den Fuß auf estoreanischen Boden gesetzt hatte. Jetzt bin ich einfach nur noch der Leiter der Palastwache, der sich auf sein Altenteil freut.«
    »Nur, dass …«, drängte Mirron ihn, während sie sich von einem Diener einen Weinkelch geben ließ.
    Jhered saß den Aufgestiegenen gegenüber. Trotz seiner siebenundfünfzig Jahre sah er gut aus, wenngleich ein wenig müde nach der Rückreise aus Atreska. Seine Autorität hatte er jedoch nicht verloren, und die Falten um seine Augen verliehen ihm etwas Väterliches, wenn er, wie jetzt gerade, lächelte.
    »Wir hatten eine beunruhigende Unterhaltung mit dem ehemaligen König von Atreska«, erklärte Jhered. »Hört mal, es fällt mir nicht leicht, es auszusprechen, aber wenn man Yuran glauben kann, dann ist Gorian noch am Leben.«
    Mirron wurde es beinahe schwarz vor Augen; sie war einer Ohnmacht nahe. Sie ließ ihr Wasserglas fallen, errötete heftig und spürte nicht einmal mehr die Energiestrukturen Jhereds und ihrer Brüder. Als säße sie auf einmal in Dunkelhaft. Irgendwie bemerkte sie noch, dass ihr Herz raste, aber sie war nicht mehr konzentriert genug, um daran etwas zu ändern.
    So schloss sie die Augen und schwankte hin und her, während sie im Geiste immer wieder Gorians Namen hörte. Bilder erwachten. Seine Schönheit, sein Zorn. Erinnerungen aus einer längst vergangenen Zeit, die sie immer vor sich sehen würde, als wäre es erst gestern gewesen. Ein Jahrzehnt war es her, aber sie konnte es nur wegschieben und niemals vergessen.
    Irgendjemand umarmte sie und versuchte, sie zu beruhigen, doch in ihr herrschte Aufruhr. Sie wusste nicht, ob sie vor Erleichterung lachen oder verzweifelt weinen sollte. Denn obwohl sie alle gelernt hatten, ihn zu hassen, wünschten sie ihm doch nicht den Tod. Nun warf allerdings die Gewissheit, dass er überlebt hatte, ganz neue Probleme auf. Ein Felsblock war in den ruhigen Teich ihres Alltagslebens gestürzt.
    »Was tun wir jetzt?« Sie selbst hatte gesprochen und hörte ihre Stimme, als stünde sie draußen vor der Tür. »Was sollen wir nur tun?«
    Im Bauch spürte sie noch die gleiche Hitze, die sie schon als kleines Mädchen empfunden hatte, als ihr seine Schönheit bewusst geworden war. Sie verfluchte sich dafür und für die Verwirrung, die sie nicht unterdrücken konnte.
    »Schon gut.« Arducius drang durch das Chaos zu ihr vor. »Immer mit der Ruhe. Komm und trink etwas.«
    Mirron öffnete die Augen, in denen die Tränen standen. Zornig wischte sie sie trocken.
    »Entschuldigung«, sagte sie und nahm von Arducius den Kelch mit verdünntem Wein entgegen. »Danke, Ardu.«
    »Nein, eigentlich sollte ich mich bei dir entschuldigen«, sagte Jhered.
    Mirron trank einen

Weitere Kostenlose Bücher