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Die dunkle Armee

Titel: Die dunkle Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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tief in Falten gelegter Stirn und einem Blick, der beinahe freundlich schien, aber dahinter lag noch etwas anderes. Herine hatte es schon oft gesehen. Er fürchtete sich.
    »Wer …«, doch das Klirren von Jhereds mit Eisen beschlagenen Stiefeln auf dem Marmor unterbrach sie.
    »Harban?«, sagte er. »Bist du es?«
    »Schatzkanzler Jhered«, antwortete der Mann mit einem starken, fast unverständlichen Akzent. »Bitte, ihr müsst uns helfen. Die Aufgestiegenen müssen kommen.«

 
6

    859. Zyklus Gottes,
    4. Tag des Genasauf
     
    H arban wollte sich nicht setzen, doch die Advokatin beharrte darauf, erst mit ihm zu sprechen, wenn er Platz genommen hatte. Jhered wechselte einige leise Worte mit ihm, und schließlich lenkte der Karku ein.
    Allmählich beruhigte Harban sich auch wieder und nahm sogar den angebotenen Wein an. Dabei zitterte er so stark, dass er beide Hände brauchte, um den Kelch zu den Lippen zu führen. Sein Atem ging stoßweise, als hätte er Schmerzen, aber die Furcht, die sie alle in seinen Augen bemerkt hatten, war vorübergehend verschwunden und einer Traurigkeit gewichen, die seine ganze Energiestruktur erfasste. Das Gefühl war so stark, dass Arducius die Tränen niederkämpfen musste. Ossacer und Mirron gelang es nicht.
    »Was hat das zu bedeuten?«, wollte Jhered von Harkov wissen.
    »Er wollte mir nicht viel verraten. Nur, dass er mit den Aufgestiegenen reden müsse, und dass es mit Gorian und den Toten zu tun habe.«
    »Sie kommen. Der Berg wird erbeben«, sagte Harban. »Er wird fallen.«
    Ossacer legte ihm eine Hand auf den Arm, worauf sich der Karku sofort entspannte. Seine Wangen bekamen ein wenig Farbe, und das Zittern ließ nach.
    »Beim Herzen des Bergs, wenn nur jeder Aufgestiegene so wäre wie du«, sagte Harban.
    »Nur einer von uns hat …«, sagte Arducius.
    »Einer ist genug.«
    Die Advokatin räusperte sich vernehmlich.
    »Ja. Das ist alles sehr dramatisch. Jetzt möchte ich Einzelheiten hören. Ich habe heute noch weitere Termine.«
    Harban schwieg eine Weile und ordnete seine Gedanken. Arducius konnte beobachten, wie die Advokatin ihn einzuschätzen versuchte. Die Tatsache, dass Jhered ihn kannte und achtete, verlieh ihm erheblich mehr Glaubwürdigkeit.
    »Viele Angehörige meines Volks besitzen das, was Ihr passive Fähigkeiten des Aufstiegs nennen würdet. So war es schon immer. Es steht auf den Steinen von Inthen-Gor geschrieben.«
    »Was ist das denn?«, fragte die Advokatin.
    »Unser heiligster Schrein. Das Herz von Kark im Berg.«
    »Es freut mich, dass Ihr den Aufstieg akzeptiert, aber führt diese Geschichtsstunde noch zu irgendwelchen wichtigen Mitteilungen?«
    Harban warf ihr einen scharfen Blick zu. »Wärt Ihr unserem Weg gefolgt, dann würdet Ihr jetzt nicht vor diesen Schwierigkeiten stehen. Die Gemiedenen fliehen das Licht.«
    Jhered kam der scharfen Erwiderung zuvor, die Herine schon auf der Zunge lag. »Worauf müssen wir uns denn nun einstellen, Harban?«, fragte er.
    »Als Inthen-Gor entstand, wurde eine Prophezeiung aufgeschrieben. Ihre Wurzeln sind uralt, und bis zum Erscheinen Eurer vier Aufgestiegenen achteten die meisten kaum auf diese Botschaft und hielten die Inschrift für eine Absonderlichkeit, eine Erzählung vom Untergang, der doch nie stattfinden würde. Jetzt scheint es, als stünde er uns bevor.«
    »Hört mir zu, Harban«, schaltete sich die Advokatin ein. »Ich achte Eure Lebensart und Euren Glauben, aber in dieser Welt, in meiner Welt, lachen wir aus vielen guten Gründen über alte Prophezeiungen. Vor allem, weil sie ein großer Unfug sind, den man sich für gegenwärtige Ereignisse zurechtbiegen kann, wenn man sich nur etwas Mühe gibt. Außerdem bieten sie niemals eine Lösung an. Sie beschreiben lediglich, was wir schon wissen und sehen. Oder vielleicht einen unausweichlichen Untergang, der aber niemals eintritt. Verschwendet nicht meine Zeit.«
    Arducius spürte aus nächster Nähe, wie sich Harbans Stimmung veränderte. Seine Energiestruktur färbte sich hellblau und bekam pulsierende weiße Flecken.
    »Dann müsst Ihr in Eurer Unwissenheit sterben.« Er stand auf, warf den Kelch auf den Boden und zeigte mit dem Finger auf sie. »Ihr beleidigt die Karku. Eure klugen Worte werden Euch wie Säure in der Kehle stecken, wenn Ihr überrannt werdet. Ich brauche Eure Konkordanz nicht, nur die Aufgestiegenen. Ich verschwende meine Zeit, wenn ich mit Euch rede.«
    »Wie könnt Ihr es wagen …«
    »Henne!« Jhered stand schon hinter Harban und

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