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Die dunkle Armee

Titel: Die dunkle Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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habe, Euch zu unterstützen?«
    Arducius blies die Wangen auf und kratzte sich am Ohr, während er überlegte. Mirron schaute ein wenig erzürnt drein, Ossacers Gesicht war versteinert.
    »Das war nicht ganz die Frage, mit der ich gerechnet hatte«, gab Arducius schließlich zu.
    »Offensichtlich«, sagte Herine. »Aber es ist doch sicher eine Frage, die Ihr beantworten könnt.«
    »Die Akten …«
    »Zum Teufel mit den Akten, Mirron«, fauchte Herine. »Dort ist jeder notiert, den Ihr gerettet habt, jeder, der in die Akademie aufgenommen wurde, und jeder, der sich von Euren Argumenten überzeugen ließ. Sie sagen aber nichts über diejenigen, die sich völlig vom Allwissenden abgewandt haben und jetzt für mich, für Euch und die Kanzlerin verloren sind. Ich kann es mir nicht leisten, dass die religiöse Autorität auf dem Hügel zersplittert. Ganz gewiss nicht im Lichte der neuen Informationen. Nun sagt mir – wie sieht es da draußen wirklich aus? Wie lange müssen meine Diener noch die Schmierereien von meinen Mauern abwaschen?« Sie deutete in Richtung des Siegestors. »Und von den Statuen unserer großen Generäle dort draußen außerhalb unserer kleinen Zuflucht?«
    »Es wird noch Generationen dauern«, sagte Ossacer leise.
    Herine nickte. »Das ist wenigstens eine ehrliche Antwort. Warum?«
    »Wir versuchen, Jahrhunderte der Lehre zu verändern. Wir versuchen, den Menschen eine Wahrheit zu verkünden, obwohl die meisten uns nicht zuhören wollen. Immer, wenn wir uns zu Wort melden, ist auch die Kanzlerin zur Stelle und nennt uns Lügner und Ketzer. Wenn wir wirkungsvoller und schneller vorankommen sollen, dann müsst Ihr sie aus dem Amt entfernen oder zum Schweigen bringen.«
    Jhered, der an der Tür zum Steingarten stand, holte tief Luft und fing Herines Blick ein. Er schüttelte leicht den Kopf, und Herine entspannte sich ein wenig.
    »Wie ich schon zu mehr Leuten gesagt habe, als Ihr Morgendämmerungen erlebt habt, gibt es nichts, was ich tun muss. Das Amt der Advokatin bringt immerhin einige Privilegien mit sich.«
    »Ich wollte doch nicht …«
    Herine hob eine Hand. »Jetzt rede ich, Arducius.«
    Sie hielt inne und sah am Tisch in die Runde, nahm sich einen Teller und legte etwas Obst und Dörrfleisch darauf. Dann schenkte sie sich eigenhändig einen Becher Wein ein, nachdem sie den Diener entlassen hatte. Schließlich lehnte sie sich zurück.
    »Vor langer Zeit, lange bevor die Advokatur überhaupt von eurer Existenz wusste, pflegte Felice Koroyan mich zu bedrängen, ihr mehr Macht zu verleihen. Sie wollte andere Religionen verbieten, mehr Legionen aufstellen und widerspenstige Menschen beseitigen. So gehen die Del Aglios jedoch nicht vor. Felice ist mit meiner Unterstützung des Aufstiegs nicht einverstanden und hat sich vom Hügel zurückgezogen, um ihre Version des Ordens zu predigen. Das ist für sich genommen noch kein Verbrechen. Dass sie sich als Kanzlerin bezeichnet, ist ein kleines Vergehen, aber das ist schließlich nur der Name, unter dem sie sowieso schon jeder kennt. Darf ich jemanden in Ketten legen, nur weil er einen Namen benutzt, den alle kennen? Nun ja, in diesem Fall könnte ich es tun, aber es gibt noch ein weiteres Problem.«
    Herine trank einen kleinen Schluck Wein und bemerkte Jhereds Lächeln, das zunehmend breiter wurde. Sie beugte sich vor.
    »Sagt mir, was würde Eurer Ansicht nach geschehen, wenn ich Felice Koroyan von ihrem Amt als Ordenskanzlerin entbinde? Ein Amt, in dem sie, vorsichtig geschätzt, fünfundneunzig Prozent der Bürger meiner Konkordanz verehren?«
    Arducius spreizte die Finger. »Nun, das Volk würde doch sicher Eure Botschaft erkennen, dass der Orden den Aufstieg anerkennen muss, weil Ihr als seine Vertreterin auf Erden es wollt.«
    »Dankt dem Allwissenden, dass Ihr niemals der Advokat sein werdet. ›Müssen‹ und ›wollen‹ reichen mir nicht. Ihr seid noch jung, Arducius, aber diese Naivität bei einem, dem ich so sehr vertraut habe, finde ich denn doch erschütternd. In dem Augenblick, in dem ich die Kanzlerin absetze, mache ich mir den größten Teil meines Volks zum Feind. Sie werden keine Botschaft erkennen, sondern die Saat der Tyrannei. Sie werden Unterdrückung wittern. Wie könnte ich den Orden unterdrücken? Felice weiß dies, und ich weiß es auch. Deshalb werde ich Euch sagen, was ich ihr schon immer sagte. Ihr müsst den Streit auf der theologischen Ebene für Euch entscheiden. Ich glaube an Euch. Sorgt dafür, dass auch andere an Euch

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