Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die dunkle Armee

Titel: Die dunkle Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
Vom Netzwerk:
der widrigen Umstände eine angenehme Reise.«
    »Nichts in den letzten fünfzig Tagen war angenehm, General«, erwiderte Megan. »Aber es ist schön, von einem freundlichen Gesicht willkommen geheißen zu werden. Ich musste mich in der letzten Zeit vor allem an finstere Blicke und gerunzelte Stirnen gewöhnen.«
    Davarov kicherte, dass es zwischen den Steinen der Festung widerhallte.
    »Freundliche Gesichter bringen oft die schlimmsten Neuigkeiten. Diese Weisheit muss ich leider heute bestätigen. Kommt doch bitte mit.«
    Megan nickte und folgte Davarov nach drinnen. Die Festung war klein, eine von vielen, die an der Nordgrenze von Atreska mehr oder weniger schlecht unterhalten wurden, wo die Berge keinen natürlichen Schutz boten. Die kreisrunde Anlage beherbergte Unterkünfte, Verwaltungsgebäude und eine Waffenschmiede. Keller waren als Lagerräume ausgehoben worden, drinnen und draußen spross in den Rissen der Mauern das Gras. Der General führte sie eine Wendeltreppe hinauf bis aufs Dach. Es bestand aus Zement und wurde von schweren Balken gestützt. Tragfähig, aber rissig und schlecht gepflegt.
    Hier oben gab es Wehrgänge, Stellungen für Bogenschützen und kleine Geschütze. Festungen wie diese dienten jedoch eher der Beobachtung und waren nicht geeignet, eine Invasion abzuhalten oder einem Vorstoß nach Tsard nennenswerte Unterstützung zu leisten. In dieser Hinsicht war das Gebäude nicht mehr als ein schlechter Scherz.
    »Unsere Grenze ist fast achthundert Meilen lang«, erklärte Davarov ihr. »Als die Konkordanz zum ersten Mal kam, baute sie in den Gebieten, die besonders durch Invasoren gefährdet waren, ungefähr alle zehn Meilen eine Festung. Ich habe die Grenze persönlich kontrolliert und muss leider sagen, dass dieser Schutthaufen hier noch zu den besterhaltenen Anlagen gehört, die wir haben. Die meisten anderen, es waren mehr als siebzig, wurden Stein für Stein zerlegt. Wir bauen sie wieder auf, werden aber nicht schnell genug sein.«
    »Schnell genug wozu?«
    »Ah«, sagte Davarov. »Das wollte ich Euch zeigen.«
    Er führte sie übers Dach bis zur östlichen Mauer. Im hellen Sonnenlicht des schönen Genastages hatten sie eine prächtige Sicht. Tsard war ein Land von verblüffenden Kontrasten. In der Ferne erhoben sich Berge, davor lagen hügelige Ebenen und Wälder. Nicht weit entfernt verlor sich die alte Hauptstraße zwischen einigen Felsen, hinter denen eine hässliche Rauchwolke aufstieg. Es war sogar ziemlich viel Rauch. Ihr Herz sank. So etwas hatte sie schon einmal gesehen.
    »Was ist das?«, fragte sie, obwohl sie die Antwort im Grunde schon kannte.
    »Das ist ein tsardonisches Heer. Es ist nicht sehr groß, etwa zwölftausend Kavalleristen und Infanteristen. Sie haben kaum Artillerie, was mir seltsam vorkommt, aber ich nehme an, sie wollen möglichst beweglich sein. Im Augenblick sind sie etwa sechs Meilen von der Grenze entfernt. Vor drei Tagen sind sie eingetroffen. Da ich wusste, dass Ihr durch diese Gegend kommt, dachte ich, Ihr wolltet es vielleicht selbst sehen.«
    »Das klingt, als hättet Ihr mir einen Wanderzirkus beschrieben«, erwiderte Megan. Ihr Herz pochte wie wild.
    »Es bringt nichts, nervös zu werden«, erwiderte Davarov.
    »Nervös? Vor unserer Türschwelle sammelt sich eine Invasionsarmee. Da soll man nicht nervös werden?«
    Davarov sah sich um. Seine Wächter starrten nach Tsard hinüber, niemand hatte den Ausbruch der Marschallin zur Kenntnis genommen. Er lächelte nachsichtig.
    »Wenn es eines gibt, was Roberto Del Aglios mich gelehrt hat, dann dies: Erst wenn das Schwert des Feindes in deinen Leib eindringt, ist es Zeit, nervös zu werden. Bis dahin kommt es vor allem darauf an, überstürzte Reaktionen zu vermeiden. Wenn ich in Panik gerate, wird es den Bürgern unter meinem Kommando ähnlich ergehen. Ebenso den Angehörigen, den Händlern und sogar den Katzen und Hunden. Ihr versteht sicher, was ich damit sagen will.«
    Megan nickte. Auf einmal fand sie seine Gelassenheit sehr beruhigend. »Habt Ihr etwas von Roberto gehört?«
    »Wahrscheinlich nicht so viel wie Ihr, da Ihr ja jetzt die Marschallverteidigerin seid«, erwiderte er mit blitzenden Augen. »Wie ich hörte, versucht er immer noch, ein Bündnis mit Sirrane zu schmieden. Hoffentlich hat er Erfolg, denn Verbündete könnten wir jetzt wirklich gut gebrauchen.«
    Megan blickte wieder zum Rauch der tsardonischen Lagerfeuer hinüber. »Aber anscheinend fürchtet Ihr nicht, es könne schon sehr bald

Weitere Kostenlose Bücher