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Die dunkle Armee

Titel: Die dunkle Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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wenn sie es nicht genau fassen konnte. Der Moment währte nicht einmal so lange wie ein Herzschlag, auch wenn er sich für sie ewig zu dehnen schien.
    Endlich prallte das Boot wieder aufs Wasser. Zu beiden Seiten schwappten Wellen, es schaukelte noch einige Augenblicke, dann beruhigte es sich. Es dauerte eine Weile, bis Mirron erkannte, dass sie sich auf einer glatten Wasserfläche befanden und sich nicht mehr bewegten. Sie war unsanft auf den Boden des Bootes geprallt und atmete jetzt endlich erleichtert aus. Jhered beugte sich vor und küsste sie auf die Wange. Die Karku lachten. Die Soldaten im Heck schwiegen.
    »Hat es euch gefallen?«, fragte Harban. »Das war die Bootsfahrt eures Lebens.«
    »Mir schien sie jedenfalls das ganze Leben zu dauern«, erwiderte Jhered.
    Mirron fiel etwas ein. Sie drehte sich um und blickte in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren. Geräusche und Bilder stürmten auf sie ein, und jetzt konnte sie auch wieder klar denken. Sie befanden sich in einer gewaltigen Höhle. Ungefähr zwanzig Schritte hinter ihnen ergoss sich das Wasser aus einem etwa zwei Schritte hohen Loch in den See, auf dem sie jetzt schaukelten. Die Karku hatten die Stangen eingezogen und nahmen die Ruder in die Hand. Schon entfernten sie sich von der Höhlenmündung.
    Dann spürte sie eine Bewegung im Tunnel, eine Masse chaotischer Energien. Schließlich stürzte das zweite Boot aus dem Loch. Laut hallten die Rufe der Gardisten des Aufstiegs durch die Höhle. Sie alle hatten unwillkürlich die Köpfe eingezogen, während die Karku-Steuermänner ruhig und gelassen im Boot saßen und die Stangen gehoben hatten. Die Insassen wurden beim Aufprall auf die Wasserfläche ebenso durchgeschüttelt wie sie selbst, und dann griffen die Karku nach den Rudern, um das Boot rasch aus der Reichweite der Mündung zu bringen.
    »Alles in Ordnung, Mirron?«, fragte Jhered.
    »Geht so«, antwortete sie.
    Mirron hatte Mühe, die Eindrücke zu verarbeiten. Offenbar gab es zwei Lichtquellen. Ein grünes pulsierendes Leuchten, das überall, wo sie nur hinschaute, von den Flechten auf den Felsen abgesondert wurde. Es reichte gut fünfzig oder sechzig Fuß hoch und reflektierte das Licht einer großen Zahl von Laternen, die auf einer Insel in der Mitte des Sees standen.
    Wenn sie genauer hinschaute, konnte sie an den Wänden der Höhle Pfade erkennen. Jetzt begriff sie, auf welchem Weg die übrigen Gardisten herkommen würden. Es gab noch weitere Flüsse, die sich in den See entleerten. Einige mündeten auf gleicher Höhe mit dem Wasserspiegel, andere stürzten aus großer Höhe herab und erinnerten sie an die Genastrofälle in Westfallen. Sie lächelte, als sie sich daran erinnerte. Zahlreiche andere Karku waren schon hier und ruderten in Booten zur Insel oder entfernten sich von ihr. Die Insel lag noch gut hundert Schritte vor ihnen, und sie hielten anscheinend genau darauf zu.
    »Wie groß ist der See?«, fragte Jhered.
    »An der breitesten Stelle sind es drei Meilen. Wir sind an der schmälsten Stelle herausgekommen«, erklärte Harban. »Hinter der Insel geht der See scheinbar endlos weiter. Deshalb nennen wir ihn in unserer Sprache auch das Ewige Wasser. Die Ersten, die hierherkamen, glaubten wirklich, er sei unendlich.« Harban deutete auf die Wände der Höhle. »Von jeder Siedlung in Kark gibt es einen Zugang zu diesem See, sei es mit dem Boot oder zu Fuß. Natürlich vereinigen sich viele, bevor sie hier münden, denn sonst würden die Wände aussehen wie ein Schwamm.« Er lachte über seinen eigenen Scherz.
    »Ich glaube, ich wäre lieber gelaufen«, sagte Mirron.
    Sie ruderten rasch über den ruhigen See und setzten das Boot auf den Strand der Insel. Kurz danach trafen knirschend die anderen Boote ein. Die Estoreaner sprangen dankbar ans Ufer und beäugten einander, als könnten sie nicht fassen, dass sie diese Reise überlebt hatten. Harban sprach mit jemandem; inzwischen hatte sich eine kleine Menge von Karku gesammelt. Mirron gefiel die Spannung nicht, die sie in der Luft spürte. So viele Blicke, die erst sie trafen und dann die vielen Wege und Öffnungen ringsum in der gewaltigen Höhle. Sie wusste, was die Karku dachten. Viele Löcher zu stopfen, und nur eine einzige Aufgestiegene. Falls Gorian und seine Toten bis hierher vordrangen, gab es keine Verteidigung mehr.
    Die Insel war eigenartig. Sie war mit feinem Sand bedeckt und fast völlig eben. Am Ufer befanden sich mehrere Anlegestellen, und im Zentrum erhob sich

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