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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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dran, du stehst in meiner Blutschuld! Ohne mich wärst du jetzt nicht in so guten Händen.«
    Klara, die nun komplett in unser Familiengeheimnis eingeweiht war, grinste und ich machte mich davon.
    Ganz so leicht, wie ich tat, fiel mir die Fahrt nicht, aber ich hatte noch einmal die Chronikaufzeichnungen meiner Mutter gelesen. Wenn man bedachte, was sie Grauenvolles auf Blankensee erlebt hatte, ohne dass es ihrer Liebe zu dem Gut Abbruch getan hatte, dann müsste es doch auch mir gelingen, das zu verarbeiten, was mir dort widerfahren war.
    Ich erreichte die Zufahrt, und als ich vor dem Haus vorfuhr, hatte ich das merkwürdige Gefühl, dass es bewohnt war. Zorn ergriff mich. Welcher dreiste Eindringling wagte es, sich während meiner Abwesenheit hier einzunisten. Dann ergriff mich Panik. Utz! Es war sein Gut! Was wäre, wenn er es sich zurückgenommen hätte? Ich verfluchte meinen Leichtsinn, alleine herzukommen, aber andererseits war meine Neugier so groß, dass ich auch nicht sofort wieder zurückfahren wollte. Nicht, ohne zumindest herausgefunden zu haben, ob meine Befürchtung zutraf.
    So stellte ich in der Hoffnung, dass mich niemand gehört hatte, das Auto ab und schlich mich von hinten im Dunkeln an das Haus heran.
    Als ich über die Terrasse in das Salonfenster schaute, glaubte ich meinen Augen nicht zu trauen. Im Sessel am Kamin saß eingenickt mit einer aufgeschlagenen Zeitung auf den Knien niemand anderer als … Conrad.
    Na, der konnte was erleben! Ich war so wütend, dass ich alles vergaß, was ich mir geschworen hatte. Nichts mehr von Nie-mehr-Wiedersehen, Kein-Wort-mit-ihm-Reden …
    Ich stürzte wie eine Furie, vollkommen von meinen Gefühlen überwältigt, durch die nur angelehnte Terrassentür in den Salon auf Conrad zu, riss ihm die Zeitung vom Schoß und schrie ihn sofort an.
    »Wie kannst du es wagen, es dir hier gemütlich zu machen, nach dem, was du angerichtet hast!« Er schreckte auf, sah mich an wie eine Geistererscheinung und stammelte vollkommen irritiert: »Amanda, wo, wo kommst du her?«
    »Aus Berlin, und du? Sag nicht, du treibst dich hier schon länger herum!«
    Er war nur noch ein Schatten seiner selbst, und es schmerzte mich, ihn so schwach und leidend zu sehen. Sein Gesicht wirkte grau, seine Augen lagen in tiefen schwarzen Höhlen und schwermütige Verzweiflung klebte an ihm wie eine zweite Haut.
    Bitte leg doch erst einmal ab«, sagte er mit heiserer Stimme und erhob sich mit schwerfälligen Bewegungen, um mir aus dem Mantel zu helfen.
    Es war eine sehr laue Nacht und der leise Windstoß, der durch die offene Terrassentür hereinwehte, trug schon so viel frühlingshafte Verheißung in sich, dass es mir schwerfiel, an all das Düstere zu denken, was erst vor wenigenMonaten hier geschehen war. Conrad wiederzusehen, zu erkennen, dass er lebte, dass es ihm wenigstens den Umständen entsprechend gut ging, bedeutete mir so viel mehr. Wie verzweifelt hatte ich in den vergangenen Monaten versucht, ihn aus meinem Herzen zu reißen, ja geglaubt, ich hätte es geschafft … und nun stand er neben mir und ich konnte kaum atmen, so fasziniert war ich erneut von ihm. Er hatte eine viel stärkere Ausstrahlung, als ich sie jemals zuvor an ihm erlebt hatte, und es kostete mich allergrößte Überwindung, ihm nicht sofort in die Arme zu stürzen.
    Er konnte nichts dafür, sagte ich mir, plötzlich selber mit Entschuldigungsgründen für sein Verhalten argumentierend, die ich vorher nie hören, geschweige denn wahrhaben wollte. Er ist ein Werwolf, durch meine Schuld, denn nur meinetwegen reiste er in die Karpaten, wo er von dieser schwarzen Bestie gebissen wurde … Er kann nichts für seine animalischen Triebe … Es war ein unglückliches Zusammentreffen … Mich selber trifft Mitschuld, denn ich habe seinen ersten Ausfall in der Hochzeitsnacht nicht ernst genug genommen … Er hatte eine totale Amnesie, aber Friedrich und ich hätten an den Vollmond denken müssen … Er kann am wenigsten für das, was geschehen ist …
    Mein Schädel dröhnte und ich hatte das Gefühl, über die auf mich einstürzenden Gefühle und Gedanken wahnsinnig zu werden. Es war, als würde das Kreischen der untoten Seelen von Przytulek einmal mehr in mein Gehirn dringen und es zu Tode martern. Aber ganz plötzlich wurde das Chaos in meinem Kopf von einer sanften vertrauten Stimme überlagert, die alles andere zum Schweigen brachte.
    »Amanda, wenn du mir doch nur verzeihen könntest«, hörte ich wie von weiter Ferne

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