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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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schließlich in meinem Rollstuhl wieder. Meine Sinne waren geschärft und arbeiteten mit feinster Präzision, und auch die Beherrschung meines Körpers hatte ich in kürzester Zeit wiedergewonnen. Nur mein Gehirn schien sich nicht in gleicher Weise zu regenerieren. Meine Erinnerung kehrte jedenfalls nur sehr bruchstückhaft zurück, und was geschehen war, verschwamm zunehmend in einem Nebel des Vergessens. Doch instinktiv spürte ich, dass es mich in eine schwierige Lage bringen konnte. So sah ich zu, dass ich sehr schnell in einen anderen Teil des Parks kam, und um keinen Verdacht zu erregen, beschloss ich, mich weiter katatonisch zu stellen und erst im Laufe der kommenden Tage langsam diesen Zustand zu verlassen. Wenn ich es geschickt anstellte, konnte ich es so einrichten, dass sich Lenz das Verdienst für meine Besserung an die Brust heften konnte, was ihm sicherlich bei Professor Müller-Wagner beträchtliches Ansehen bescheren würde und seinem Ruf als Psychiater nur von Nutzen sein konnte. Das war mein kleiner Dank an das einzige fühlende Wesen, welches mir in dieser Anstalt bisher begegnet war.
    Ich hockte also spastisch verrenkt und starr wieder in meinem Rollstuhl, als Lenz auftauchte, um mich von der Pflegerin zu übernehmen. Er war etwas irritiert, mich alleine, ohne Aufsichtsperson hier draußen vorzufinden.
    Ich musste innerlich lächeln, wie über einen guten Schabernack, als er verwirrt nach der Drallen Ausschau hielt und sie sogar leise bei ihrem Namen rief.
    »Mathilde? Schwester Mathilde?«
    Nun, sie würde nicht kommen, jetzt nicht und nie wieder!Als am nächsten Tag das spurlose Verschwinden der beiden Pfleger einige Aufregung in der Klinik verursachte, erinnerte ich mich zwar nur noch vage, dass ich daran nicht ganz unbeteiligt war, fühlte mich aber dennoch nicht wohl in meiner Haut. Es erschütterte mich zutiefst, dass das Monster in mir erneut so mörderisch ausgebrochen war, und zum anderen fürchtete ich mich natürlich vor Entdeckung. Aber da bekannt war, dass die beiden ein heimliches Liebespaar waren, entstand sehr bald das Gerücht, sie wären gemeinsam nach Amerika ausgewandert und hätten dafür Geld und Waren aus den Beständen der Anstalt entwendet.
    »Es sind schlechte Zeiten heute«, meinte ein Pfleger im Gespräch mit seinen Kollegen, als Lenz mich zur sozialen Sensibilisierung, wie er es nannte, in den Aufenthaltsraum zu Methusalem und dem Prediger schob. »Die Inflation frisst den Lohn schneller weg, als er ausgezahlt wird. Da kann einen schon das Fernweh packen. Wo doch der Dollar das Hundertfache einer Mark wert ist, da muss es einem dort drüben wirklich ja sehr viel besser gehen.«
    »Mit dem nötigen Startkapital haben sie sich ja versorgt!«
    Das war der Moment, wo mir das Ganze nur noch makaber vorkam, weil ich mich fragte, welches schwarze Schaf unter den Pflegern und Krankenschwestern wohl die Gunst der Stunde genutzt hatte, um dieses Gerücht in die Welt zu setzen und sich selber zu bereichern.
    Ich hoffte nur, dass die Leichen nicht so schnell wieder auftauchen würden wie seinerzeit Hermanns Katze …
     
    Ich hatte sie, nachdem mein Monster an ihr seinen Blutdurst gestillt hatte, im Tulpenbeet zur letzten Ruhe gebettet, um sie dort ihrem natürlichen Verfall zu überlassen. Doch war sieleider vorzeitig zum Vorschein gekommen, als neue Zwiebeln gesetzt wurden. Ein wenig löchrig und matschig und voller Maden. Gut, die Augen sahen etwas übel aus, aber musste Hermann sich deswegen so aufregen? Ich fand das übertrieben und reichlich unmännlich damals. Wie überhaupt die Söhne von Hansmann alle etwas zimperlich und wehleidig waren. Wären sie richtige Kerle gewesen, hätte ich mich gewiss mit ihnen sehr viel besser vertragen.
     
    Conrad Lenz hatte natürlich die Veränderung an mir bemerkt.
    »Sie sind nicht mehr so blass«, hatte er sichtlich erfreut gesagt, »das heißt, Sie wirken zwar noch immer wie ein Marmorbild, aber wie eins, auf das die Abendsonne scheint.«
    Das hatte er sehr poetisch ausgedrückt, fand ich und konnte nicht verhindern, dass ein Glanz in meine Augen trat, den er sofort registrierte. Aufgeregt starrte er mich an und eilte dann den Professor zu holen, damit auch er ihn sehen sollte.
    »Sie strahlt eine gewisse Lebendigkeit aus«, musste dieser ebenfalls zugeben. »Aber ich warne vor übertriebenen Hoffnungen, solange sie diesen verkrampfen Tonus beibehält, kann noch nicht von einem wirklichen Fortschritt gesprochen werden.«
    Nun, dem

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