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Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda

Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs. Amanda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianka Minte-König
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konnte.
    Ich versuchte nun mit meiner Mutter selber zu sprechen und musste dazu allerdings den Ekel überwinden, den mir ihr Anblick verursachte. Doch sie war meine Mutter, was immer ihr Utz angetan hatte, dass ihre Schönheit und Lebenskraft so zerstört worden war. Aber ich drang nicht zu ihr durch. Ihre Augen blieben tot und leer ins Nichts gerichtet, und die Verbindung zu ihrer Seele, die ich bei ihrem ersten Anblick kurz und intensiv gespürt hatte, wollte sich nicht wieder einstellen. Ich erhob mich verzweifelt.
    »Was sollen wir jetzt nur tun, Friedrich? Sie reagiertüberhaupt nicht und wir sitzen hier in der Falle und sind Utz völlig ausgeliefert!«
    Friedrich, ebenfalls noch vollkommen erschüttert, sah sich um. Dann ergriff er einen der Krüge, die noch auf dem Tisch standen, und roch daran. Er nickte, füllte ein Glas mit roter Flüssigkeit und trat damit zu Estelle.
    »Ihr fehlt Blut. Utz hat sie offenbar seit Langem hungern und dursten lassen und so ist sie jeden Tag um Jahre gealtert.«
    Er trat zu seiner Schwester und hielt ihr den Blutkelch an die Lippen. Und so wie ich in der Irrenanstalt durch Blut aus dem Zustand der Katatonie gefunden hatte, so erwachte auch meine Mutter wieder zum Leben. Je mehr Blut Friedrich ihr einflößte, desto vitaler wurde sie. Erst löste sich ihre Starre, ihre Körperfunktionen kehrten zu Conrads Erstaunen zurück, die Haut erfrischte sich, das Haar wuchs aus den kahlen Stellen hervor und schließlich fand sie zu ihrem Bewusstsein und zur Sprache zurück.
    Sie erkannte Friedrich und ihren Vater und schließlich auch mich.
    »Amanda«, flüsterte sie, als ich sie in meine Arme schloss. »Mein Kind … es … es tut mir alles so leid. Immer habe ich an dich gedacht und mich gefragt, wie es dir bei Hansmann ergeht. Ich hätte dich niemals freiwillig bei ihm zurückgelassen, aber du siehst ja, was Utz mit mir gemacht hat … drei Jahre Sklaverei, drei Jahre kaum Nahrung … und immer die Sorge, ob es dir wohl gut geht …«
    Sie sah mich mit einem so innigen Blick an, dass mir bis ins Herz warm wurde. Und als sie noch einmal fragte, »Dir ist es doch gut gegangen?«, da brachte ich es nicht über mich, ihr zu sagen, was ich zur gleichen Zeit in der Nervenheilanstalt hatte erleiden müssen. Es war in diesemMoment auch vollkommen nebensächlich. Wichtig war nur, dass ich sie wiedergefunden hatte und sie mich ganz offensichtlich liebte. »Ja«, sagte ich also, »es ist mir gut gegangen und auch dir wird es bald wieder gut gehen, denn wir sind hier, um dich zu befreien.« Sie drückte mich an sich und küsste meine Stirn.
    Aber es war keine Zeit für Sentimentalitäten. Die wimmernden Mädchen in der Saalecke und der winselnde Radke unter dem Bann des Kruzifixes machten uns grausam bewusst, dass wir nur einen Zwischensieg errungen hatten in einer Schlacht, die noch gar nicht wirklich begonnen hatte.
    Utz war uns entkommen und wir waren in seiner Burg eingeschlossen, sodass er alle Macht hatte, uns zu vernichten.
    Aber niemand von uns wollte schon jetzt aufgeben. Ehe wir Utz über uns triumphieren ließen, würden wir bis zum bitteren Ende kämpfen. Da nun auch meine Mutter wieder so weit bei Kräften war, konnten wir an eine gemeinsame Flucht denken. Also inspizierte Friedrich erst einmal die Wandtür, die uns Radke bei seinem panischen Fluchtversuch enthüllte hatte. Wohin mochte sie führen? Radke wand sich noch immer in Krämpfen, sodass Friedrich seinen Vater bat, das Kreuz nun erst einmal wegzustecken. Auch ihn befiel in seinem Wirkungskreis eine gefährliche Schwäche und die konnte er jetzt am allerwenigsten gebrauchen. Da Radke jedoch seine Gefährlichkeit eingebüßt zu haben schien und Friedrich sich durch das Leeren eines Blutkruges neue Kraft angetrunken hatte, konnte er ihn nun auch ohne die Hilfe christlicher Symbole in Schach halten. Ohne Erbarmen zerrte er ihn vor die Tür.
    »Wo führt sie hin und wie geht sie auf ?«
    Radke verweigerte die Kooperation so lange, bis Friedrichihn derart wütend durchprügelte, dass ihm die Eingeweide fast zum Hals heraushingen. Danach kroch er auf allen vieren zu dem geheimen Mechanismus und betätigte ihn mit zitternden Händen. Die Tür schwang auf. Die Öffnung war gerade so breit, dass ein Mensch hindurchpasste, und so stiegen wir einer nach dem anderen in einen geheimen Gang, der schließlich im Kellergewölbe der Burg endete.
    »Wie finden wir hier heraus?«, fragte ich orientierungslos und hatte das Gefühl, dass wir nun

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